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Sudan: Reichhaltige Bodenschätze

In Berlin mehren sich Stimmen für einen Militäreinsatz im Sudan und die anschließende Teilung des Landes. Am heutigen Mittwoch, 26.05.2004, wird der Bundestag über die “internationale Verantwortung” für den afrikanischen Staat debattieren, für den morgigen Donnerstag hat die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Kerstin Müller, die im “Koordinierungsausschuss Humanitäre Hilfe” zusammengefassten Organisationen zu einer Sondersitzung einberufen. Während ein Friedensabkommen in dem Bürgerkriegsstaat offenbar unmittelbar bevorsteht, kritisieren deutsche Medien den Sudan als “nationalstaatliches Kunstgebilde” und rufen Erinnerungen an die Aufspaltung Jugoslawiens wach.

Wie die internationale Presse berichtet, steht die Unterzeichnung eines Friedensabkommens zwischen der Zentralregierung in Khartum und den Rebellen im Süden des Landes unmittelbar bevor. Damit würden der seit 1983 dauernde Bürgerkrieg beendet und die Macht und der Ölreichtum des Südens geteilt. Die Regierung hat außerdem zugesichert, internationalen Hilfsorganisationen den Zugang in die westliche Provinz Darfur zu erleichtern. Dort sind zwei militante Bewegungen aktiv, die in Verbindung zu den Rebellen im Süden stehen sollen.

“Kunstgebilde”

Hingegen behaupten Teile der deutschen Presse, der bevorstehende Friedensschluss stehe “auf tönernen Füßen”: Sudans Präsident Al Bashir führe einen “rassistisch-arabischen Krieg”, einen “archaisch anmutenden Kampf für das Fantasiegebilde eines großarabischen Reiches”. 1 Der Sudan sei ein “nationalstaatliches Kunstgebilde”, heißt es - ein politischer Kampfbegriff, mit dem Berlin bereits die Aufspaltung Jugoslawiens betrieb. Die Berliner Außenpolitik erwägt seit längerem die Zerschlagung des Sudan und die Stationierung von Besatzungstruppen unter EU-Führung. Erst kürzlich hatte der deutsche NGO-Gründer Rupert Neudeck vorgeschlagen, ein “Konsortium von Nichtregierungsorganisationen” könne in den abgespaltenen Landesteilen mit einem verbindlichen Mandat “die Führung übernehmen”. 2

“Einsatz wahrscheinlich”

Ähnliche Vorstellungen verfolgt die deutsche Entwicklungsministerin Wieczorek-Zeul (SPD). Sie fordert einen Militäreinsatz im Sudan sowie UN-Sanktionen, mit denen die Regierung des Landes gezwungen werden soll, den Berliner Einflussbegehren statt zu geben. Der Vorsitzende des EU-Militärausschusses, Gustav Hägglund, hat bereits erklärt, er halte den Einsatz einer internationalen Truppe unter Führung der EU im Sudan für “sehr wahrscheinlich”. Außenminister Fischer hat seine EU-Amtskollegen dazu veranlasst, im Vorgriff auf einen noch ausstehenden Lagebericht der Afrikanischen Union einen Militäreinsatz in Darfur zu unterstützen. Der UN-Sicherheitsrat bereitet unter deutschem Vorsitz eine Erklärung zur Situation im Sudan vor. Für Anfang Juni ist außerdem eine “Geberkonferenz” für die Krisenregion geplant, die von den UN, den USA und der EU ausgerichtet werden soll.

Öl, Gold, Uran

Auf dieser “Geberkonferenz” hoffen auch deutsche Unternehmen. So beabsichtigt die Thormählen Schweißtechnik AG, eine 2.500 Kilometer lange Eisenbahnstrecke vom Süden des Sudan über Uganda bis nach Kenia zu bauen und anschließend auch zu betreiben. Allein für die Bahnstrecke ist ein Investitionsvolumen von rund einer Milliarde Euro vorgesehen, weitere zwei Milliarden Euro sollen in den begleitenden Ausbau der Infrastruktur (Straßen, Brunnen) fließen. Der Firmenchef ist zuversichtlich, dass die “Geberkonferenz” die Baukosten bewilligen wird: “Der Südsudan verfügt über reichhaltige Bodenschätze, unter anderem Öl, Gold und Uran.” 3 Vermittelt wurde der Milliardenauftrag von der kenianischen Regierung, mit der der deutsche Kanzler eine “privilegierte Partnerschaft” begründen will. 4 Der Auftrag zum Eisenbahnbau wurde von von John Garang unterschrieben, dem Anführer der christlich orientierten Rebellenbewegung SPLM/A, die den Süden des Landes weitgehend unter Kontrolle hat. Deutsche Ingenieure sind im Südsudan bereits bei Bauvorbereitungen tätig.

Anmerkungen:

1 Ein islamistischer Rassist; Die Welt vom 25.05.2004.

2 siehe Artikel “Teile und Herrsche” , Informationen zur Deutschen Außenpolitik vom 04.05.2004.

3 siehe Artikel “Beeindruckende Entwicklung” , Informationen zur Deutschen Außenpolitik vom 06.01.2004.

4 siehe Artikel “Ergänzungsraum (II)” , Informationen zur Deutschen Außenpolitik vom 20.01.2004.

Quellen:

  • Oldesloer Firma Thormählen Schweißtechnik plant für Afrika; Lübecker Nachrichten 19.05.2004
  • Eine Eisenbahn für Afrika; Hamburger Abendblatt vom 21.05.2004
  • “Die Strategie der Rücksichtnahme erweist sich als fatal”. Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) fordert Sanktionen gegen Sudan und kritisiert die UN; Frankfurter Rundschau vom 25.05.2004
  • Internationale Gemeinschaft muss Druck auf Sudan erhöhen. Interview mit Heidemarie Wieczorek-Zeul, SPD; Deutschlandradio vom 25.05.2004
  • Friedensabkommen steht unmittelbar bevor; Der Standard vom 25.05.2004
  • Frieden im Sudan nicht in Sicht; Handelsblatt vom 25.05.2004

Quelle: Informationen zur Deutschen Außenpolitik vom 26.05.2004.

Veröffentlicht am

26. Mai 2004

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