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Kreuzzug ? CDU möchte “christliches Menschenbild” zur globalen Norm erheben

Die größte deutsche Oppositionspartei hat die Geburt eines neuen “Weltethos” ausgerufen. Die sittliche Neuordnung sei den “positiven Kräften” der Globalisierung zu verdanken, heißt es in einem aktuellen Richtungsdokument der Wertekommission der CDU. Darin wird die “internationale Soziale Marktwirtschaft” als Fundament eines erdumspannenden Sittenkanons bezeichnet, wie er auch im “römischen Reich” bestanden habe. Demnach konnte Rom “die Einheit des Imperiums” durch “die Ausbreitung” seiner “Leitkultur” sichern; heute seien Europa und Nordamerika Träger der “Leitkultur”. Ihre Inhalte müssten sich in einem Entscheidungskampf durchsetzen, dessen Gegner die drittälteste Buchreligion der Weltgeschichte ist, schreiben die prominenten Autoren über den “unüberbrückbaren Gegensatz”: Entweder “Europäisierung des Islam oder Islamisierung Europas”. Die Veröffentlichung wird von weiteren Repressionsmaßnahmen gegen muslimische Glaubensgemeinschaften in Deutschland begleitet.

Das Richtungsdokument 1 enthält ein Vorwort des CDU-Generalsekretärs und wurde von der Parteivorsitzenden Angela Merkel am 13. Juli der Presse vorgestellt. Frau Merkel ist Tochter eines christlichen Predigers; wie sie wörtlich ausführte, fuße das neue “Weltethos” 2 auf dem “christlichen Menschenbild” und müsse in sämtlichen Staaten (“universell”) zur verbindlichen Norm erhoben werden.

Allianz

Hieß es in Berlin bisher, dabei stehe der “islamistische Fundamentalismus” im Weg, so wird nun erstmals “der Islam” 3 in Gänze angegriffen und zur ultimativen Kapitulation aufgefordert. Die “abendländische Kultur” könne verlangen, dass “sich der Islam der Universalität der (christlichen) Menschenrechtsidee öffnet” und das “westliche Zivilisationsmodell” annehme, schreibt die größte deutsche Oppositionspartei. Die Werte des “Abendlandes” seien auf “globale Gültigkeit konzipiert” und entsprächen dem “europäisch-amerikanischen Politikverständnis”. Wer sich diesem Verständnis beuge, dürfe auch in nicht-christlichen Kulturen “Teilhabe” an der “internationalen Sozialen Marktwirtschaft” erlangen, verspricht die CDU. So könne eine “weltweite Allianz für die Freiheit, für die Menschenrechte und für eine internationale Soziale Marktwirtschaft” entstehen, heißt es abschließend.

Gleichheit

Die religiös überhöhten Angriffe auf die islamischen Ressourcenstaaten finden in der deutschen Innenpolitik ihre repressive Entsprechung. Nach mutwilligen Einschränkungen der Religionsfreiheit an einer muslimischen Schule in Bonn wurde in dieser Woche ein muslimisches Gotteshaus in Frankfurt am Main von 200 (zweihundert) deutschen Beamten durchsucht. Die in die Taqwa-Moschee eingedrungenen Polizisten hätten die Räumlichkeiten “durchkämmt” 4 , schreibt die Berliner Regierungspresse im Jargon militärischer Einsatzberichte. Anlass der Großoperation war die Anzeige einer Frau, die von einer Schülerin gehört haben will, diese habe im Kulturverein der Moschee ein nicht näher identifiziertes Video gesehen, das Gewaltszenen enthalten haben könnte.

Auf deutschen Schulhöfen und in öffentlichen Verleihbüros werden täglich hunderttausende Videofilme, DVDs und Fotos mit Gewaltszenen jeder Art getauscht oder verkauft, ohne dass die zuständigen Staatsanwaltschaften Anlass zum Einschreiten sehen würden. Zur Zeit bereiten sich rechtsextreme Organisationen öffentlichkeitswirksam darauf vor, in deutschen Schulen eine Propaganda-CD in fünf- bis sechsstelliger Auflage zu verteilen. Die CD enthält Neonazi-Musik und dient der Anwerbung neuer Mitglieder für gewaltbereite Neonazi-Organisationen.

Anmerkungen:

1 Globalisierung - Herausforderung an die politische Handlungsfähigkeit. Wertekommission der CDU Deutschlands 13.07.2004.

2 Gegen die Islamisierung Europas. CDU-Papier über die Folgen der Globalisierung - Merkel spricht von “Weltethos”. Die Tagespost 15.07.2004.

3 Globalisierung - Herausforderung an die politische Handlungsfähigkeit. Wertekommission der CDU Deutschlands 13.07.2004

4 Großrazzia in marokkanischer Moschee; die tageszeitung 13.7.2004.

Quelle: www.german-foreign-policy.com vom 17.07.2004.


Auszüge aus dem CDU-Dokument:

Globalisierung - Herausforderung an die politische Handlungsfähigkeit
Wertekommission der CDU Deutschlands

13. Juli 2004

(…)

Die Globalisierung hat historische Vorläufer. Schon in der Antike gab es vernetzte Wirtschaftsräume und regen kulturellen Austausch. Im Römischen Reich förderten völkerübergreifende Rechtsordnung und die Ausbreitung der eigenen Zivilisation als Leitkultur die Einheit des Imperiums.

Die Globalisierung, die wir heute erleben, sprengt jedoch alle historischen Vergleiche. Sie ist wesentlich durch die wirtschaftliche Stärke Nordamerikas (USA und Kanada) und ihre Übertragung in militärische Überlegenheit, durch die Durchsetzung marktwirtschaftlicher Prinzipien in der Weltwirtschaft und durch die politische Förderung demokratischer Entwicklungen vorangetrieben worden. (…)

Dem steht der Anspruch des auf weltweite Ausbreitung angelegten islamistischen Fundamentalismus entgegen. Deshalb spielt sich die weitere Ausformung der von uns angestrebten Ordnung im normativen und politischen Spannungsbereich zwischen offenen Gesellschaften bzw. auf Austausch angelegten freien Demokratien einerseits und andererseits dem Globalisierungsprojekt des Islamismus ab. Dieser verfolgt eine eigene Ordnungsvorstellung, die auf eine weltweite “Gottesherrschaft” (“Hakimiyyat Allah”) abzielt.

Diese tief greifende Spannung mündet in den Gegensatz zwischen offenen Gesellschaften und islamistischem Fundamentalismus. Überbrücken lässt sich dieser Gegensatz nicht, weil die beiden Globalisierungsmodelle nicht miteinander vereinbar sind. Die Überwindung der westlichen Zivilisation und die Einführung des islamistischen “Gottesstaats” überall dort, wo große islamische Bevölkerungsgruppen leben, sind das Ziel dieser politisch-religiösen Weltbewegung. Sie schließt das europäisch-nordamerikanische Menschenrechtsverständnis aus. Sie richtet sich auch auf Europa. Deshalb lautet hier die Alternative: Europäisierung des Islam oder Islamisierung Europas. Der Konflikt kann nur gelöst werden, wenn sich der Islam der Universalität der Menschenrechtsidee öffnet.

Der ideologische Imperialismus- und Kolonialismusvorwurf gegen die europäisch-amerikanisch geprägte Zivilisation klammert die historische und ethische Komponente der Stärke des Westens aus. Er ignoriert, dass alle bisher schon bestehenden, allen Menschen dieser Welt zugute kommenden übernationalen Rechtssysteme und Institutionen einschließlich der Vereinten Nationen dem westlichen Zivilisationsmodell ihre Existenz verdanken. Sie sind auf globale Gültigkeit konzipiert, auch wenn sie dem europäisch-amerikanischen Politikverständnis entspringen.

Fortschreitende Globalisierung bedeutet, dass immer mehr Menschen die Chance haben, selbstbestimmt und frei zu leben. Globalisierung bedeutet die Ausbreitung international gültiger Normen sowie der persönlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Freiheit auch dort, wo sie heute noch von Diktatoren oder sozial Mächtigen verweigert werden. Globalisierung verhilft den Menschenrechten weltweit zum Durchbruch, weil Menschenrechte universale Gültigkeit haben. (…)

Diese Sicht hat wesentliche Wurzeln im jüdisch-christlichen Abendland. Sie wurde von Europa aus in die Welt getragen, nicht zuletzt durch die Einwanderer nach Amerika. Aber auch im islamischen oder im asiatischen Denken finden sich heute Ansätze für die globale Anerkennung der Menschenrechte. Daraus erwächst die Chance, eine weltweite Allianz für die Freiheit, für die Menschenrechte und für eine internationale Soziale Marktwirtschaft zu bilden. Dafür tritt die CDU ein.

In der CDU haben deshalb alle Menschen - unabhängig davon, aus welcher Tradition heraus sie sich leiten lassen - eine politische Heimat, die diese Ziele teilen.

Die Kultur der Freiheit ist nicht auf christliche Kulturen und Gesellschaften beschränkt. Nichtchristliche Gesellschaften können in dieser Tradition von Freiheit gleichberechtigt an der Überwindung der Globalisierungsprobleme mitwirken. Europa und die USA machen mit diesem Verständnis der Globalisierung allen Menschen und allen Gesellschaften ein Angebot zur Teilhabe, bei der alle Mitwirkenden gestalterische Spielräume erlangen, wenn sie innen- und außenpolitisch die Menschenrechte anerkennen.

Quelle: www.cdu.de vom 13.07.2004. Das Dokument als PDF-Datei >> Globalisierung - Herausforderung an die politische Gestaltung .

Veröffentlicht am

18. Juli 2004

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