75. Jahrestag des berühmten Salzmarsches in IndienVon Michael Schmid Am 12. März 2005 haben sich hunderte von Anhängerinnen und Anhänger Mahatma Gandhis an dessen früherem Rückzugsort im indischen Ahmedabad versammelt. Sie machten sich von dort aus auf den Weg, um 75 Jahre nach dem von Gandhi angeführten Salzmarsch bis zum 7. April 2005 die 388 Kilometer bis Dandi auf den Spuren des bewunderten gewaltfreien Aktivisten zu wandern. Die Mahatma Gandhi Foundation hat den “Internationalen Marsch für Frieden, Gerechtigkeit und Freiheit” organisiert, um damit den 75. Jahrestag des historischen Salzmarsches in einer international beachtenswerten Form zu gedenken. 1 Vor 75 Jahren, am 12. März 1930, hatte der damals 61-jährige Mahatma Gandhi gemeinsam mit einer Gruppe von 78 ausgesuchten Freiwilligen in Ahmedabad den berühmt gewordenen Salzmarsch begonnen. Dieser Marsch führte über 241 Meilen durch zahlreiche Städte und Dörfer in den Süden, nach Dandi am Indischen Ozeans. Als der Marsch nach 24 Tagen am Meeresstrand in Dandi ankam, hatten sich Tausende angeschlossen. Die Augen der Welt richteten sich gebannt auf dieses kleine und als unbedeutend angesehene Stranddorf im Süden des indischen Gujarat, als Gandhi am 6. April 1930 einen Klumpen Salz am Strande auflas. Damit brach er gezielt das Salzgesetz, laut dem nur der Staat Salz herstellen durfte. Zuvor hatte Gandhi nach einem geeigneten Ansatzpunkt für eine Kampagne des Zivilen Ungehorsams gesucht und dieses im massenhaften Verstoß gegen die ungerechte britische Salzsteuer entdeckt. Diese Salzsteuer war ein Relikt aus den früheren Tagen des Kolonialismus, als die britischen Segelschiffe von London nach Indien mit Salz beladen wurden, um Ballast zu haben. Um dieses Salz mit Gewinn verkaufen zu können, wurde das indische Salz besteuert. Inzwischen wurde schon längst kein Salz mehr nach Indien gebracht, die Salzsteuer aber war geblieben. Sie war eine der gewinnbringendsten Einnahmequellen der Kolonialverwaltung geworden - und gleichzeitig eine schwere Last für die Ärmsten der Armen. Nachdem Gandhi Salz am Meer aufgelesen hatte, breitete sich das illegale Salzsammeln und Salzsieden wie ein Flächenbrand aus. Tausende folgten Gandhis Beispiel des Zivilen Ungehorsams. Dies führte zu überfüllten Gefängnissen. Gandhi selber wurde ebenfalls inhaftiert. In einem ausführlichen Bericht beschreibt Günther Gugel vom Institut für Friedenspädagogik Tübingen den Salzmarsch von 1930 bzw. die damit verbundene Salz-Satyagraha 2 folgendermaßen:
Die Aktion am Salzbergwerk Dhrasana kostete 320 Verletzte und zwei Tote. Webb Miller war erschüttert. Er hatte in seinem 18-jährigen Berufsleben als Reporter noch nie so grausame und zu Herzen gehende Szenen erlebt. Da sein Bericht von United Press an Tausende von Zeitungen in der ganzen Welt geliefert wurde, entstand ein weltweiter Proteststurm ohnegleichen. Nachdrücklich wurde die Freilassung Gandhis und die Anerkennung seiner Forderungen von der britischen Regierung gefordert. Schließlich brachten die Proteste die britische Kolonialmacht zum Einlenken. Im Januar 1931 wurde Gandhi bedingungslos freigelassen. Und im März desselben Jahres erhielt Gandhi die Zustimmung zum Verkauf des “indischen Salzes”. Doch die Aufhebung des Salzgesetzes war nicht der bedeutendeste Punkt. Vielmehr hatte die Salzkampagne der Welt den nahezu makellosen Gebrauch eines neuen Instruments friedlicher Militanz demonstriert. Anmerkungen: 1 Mehr dazu siehe website of the 75th anniversary walk 2 Satyagraha ist ein von Gandhi geschaffenes Kunstwort. Es bedeutet wörtlich das Streben nach der Wahrheit und ist eine Bezeichnung des gewaltfreien Widerstands, des Kernstücks von Gandhis politischem Wirken. Gandhi selber schrieb über den Begriff Satyagraha z.B.: “Seine ursprüngliche Bedeutung ist Festhalten an der Wahrheit; darum: Kraft der Wahrheit. Ich habe ihn auch Kraft der Liebe oder Seelenkraft genannt. In der Anwendung von Satyagraha entdeckte ich im frühesten Stadium, daß Wahrheitssuche nicht zuläßt, dem Gegner Gewalt zuzufügen, sondern daß er mit Geduld und Sympathie von seinem Irrtum abgebracht werden muß. Denn was dem einen Wahrheit zu sein scheint, kann dem anderen Irrtum sein. Und Geduld bedeutet eigenes Leiden. So kam es, daß die Lehre Verteidigung der Wahrheit bedeutet, nicht indem dem Gegner Leid zugefügt wird, sondern man selbst leidet. 3 Satyagrahi ist ein in Gewaltfreiheit umfassend geschulter gewaltfreier Kämpfer. 4 Entnommen aus: Günther Gugel, Wir werden nicht weichen. Erfahrungen mit Gewaltfreiheit. Eine praxisorientierte Einführung, Verein für Friedenspädagogik e.V., Tübingen 1996, 51ff. Veröffentlicht amArtikel ausdruckenWeitere Artikel auf der Lebenshaus-WebSite zum Thema bzw. von |
|