Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V.

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Ziviles Handeln verlangt Besonnenheit

Die unterzeichnenden Organisationen, die für Menschenrechte, Frieden und Gerechtigkeit eintreten, erklären:

Wir sprechen allen, die Verwandte und Freunde verloren haben, unser Beileid und Mitgefühl aus. Den Verletzten wünschen wir die baldige Wiederherstellung ihrer Gesundheit. Wir hoffen, daß alle Überlebenden die erlittenen schweren äußeren und inneren Schäden überwinden können.

Um derartige Verbrechen zu bestrafen, sind angemessene rechtsstaatliche Sanktionen notwendig. Die Ausführenden der verbrecherischen Anschläge haben sich selbst umgebracht und dabei Tausende mit in den Tod gerissen. Es ist des-halb nur noch möglich, eventuelle Anstifter und Helfer ausfindig zu machen und zu bestrafen. Daß das notwendig ist, kann niemand bestreiten.
Auch schwerste Verbrechen rechtfertigen es jedoch nicht, die notwendige Suche nach Anstiftern und Helfern und das Bemühen um ihre Bestrafung zum Krieg eskalieren zu lassen. Der Beschluß der NATO, die Anschläge in den USA als Bündnisfall zu behandeln, ist unangemessen zum Krieg bedeutet, sollte sich an den Beginn des ersten Weltkriegs erinnern, der unendliches Leid über die Menschheit gebracht hat.

Ebenso wichtig, wie die Suche nach Mitschuldigen ist die Frage nach den Ursachen von Haß, religiösem Fanatismus und darauf basierender Gewalt. Wer solche Verbrechen verhindern will, muß weltweit für mehr soziale Gerechtigkeit sorgen. Solange die reichen Industriestaaten mit erheblicher struktureller, vor allem wirtschaftlicher, oft auch mit direkter Gewalt verhindern, daß den hungernden und verhungernden Millionen in armen Ländern geholfen wird, düngen sie selbst den Boden aus dem Haß, Fanatismus und blindwütige Gewalt hervorgehen. Nicht Krieg sondern gerechte Strafe, nicht neue Gewalt sondern eine Außen- und Entwicklungspolitik, die der Gewalt den Boden entzieht, sind jetzt notwendig. Die Verfolgung schwerer internationaler Verbrechen verlangt politisches Tun. Dabei ist besonders darauf zu achten, daß nicht wegen einzelner Verbrechen ganze Länder, Bevölkerungen oder Religionsgemeinschaften diffamiert oder sogar angegriffen werden. Wir rufen dazu auf, das internationale Recht zu stärken und die voreilige Eskalation der Verfolgung dieser schweren Verbrechen zum NATO-Bündnisfall und damit zum Krieg zurückzunehmen.

Darüber hinaus weisen wir darauf hin, daß alle Pläne, Krieg gegen Afghanistan zu führen, wie es derzeit diskutiert wird, zweierlei übersehen. Viele Taliban in Afghanistan wie der dort lebende angebliche Anstifter der Anschläge, Osama bin Laden, sind nach Pressemeldungen von der CIA unterstützt oder sogar ausgebildet worden und haben mit USA-Hilfe den größten Teil Afghanistans erobert. Die große Mehrheit der afghanischen Bevölkerung, insbesondere alle Frauen und Mädchen, werden von ihnen auf das Übelste unterdrückt. Jeder Angriff auf das Land würde diese Unterdrückten am schlimmsten treffen. Ein solches Unrecht müßte Haß, Fanatismus und gewalttätiges Aufbegehren gegen den reichen Teil der Erdbevölkerung weltweit verstärken und religiösen Fundamentalisten in die Hände arbeiten.

Wer das nicht will, ist aufgerufen, der emotionalen Kriegsvorbereitung Besonnenheit und rechtsstaatliches und freiheitliches Denken entgegen zu setzen. Wir wollen Gerechtigkeit statt Rache und weltweite Hilfe statt Krieg gegen die Armen.

Gemeinsame Presse-Erklärung von Gustav Heinemann-Initiative (GHI), Humanistische Union (HU), Komitee für Grundrechte und Demokratie, Pro Asyl, Republikanischer Anwaltsverein (RAV), Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen (VDJ)

Unterzeichner:
- Gustav Heinemann-Initiative, Sprecher: Ulrich Finckh
- Humanistische Union, Vorsitzender Dr. Till Müller-Heidelberg
- Komitee für Grundrechte und Demokratie, Vorstand: Prof. Dr. Wolf-Dieter Narr, Prof. Dr. Roland Roth
- Pro Asyl, Sprecher: Heiko Kauffmann
- Republikanischer Anwälteverein, Vorsitzender: Wolfgang Kaleck
- VDJ - Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen: Sprecher Prof. Dr. Martin Kutscha

Veröffentlicht am

11. September 2001

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