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Krieg gegen Irak? Zum Frieden gibt es keine vernünftige Alternative

Prof. Dr. Helmut Saake, Hamburg - Leserbrief in der Frankfurter Rundschau vom 18.02.2003

Zu der Themenausgabe (FR vom 1. Februar): Dass sich der Diktator und Massenmörder Saddam Hussein während der vergangenen zwanzig Jahre grundsätzlich oder auch nur peripher geändert habe, wird man kaum behaupten können. Von Anfang an dürfte sein brutales und menschenverachtendes Regime den USA bestens bekannt gewesen sein. Genau diesen Tyrannen und Aggressor hat Amerika im Golfkrieg von 1980 bis 1988 mit Waffen versorgt und so vor seiner Vernichtung durch die von ihm angegriffene Mullah-Theokratie Irans bewahrt.

Die Interessen der amerikanischen Weltmacht ließen in der US-Administration damals keine Skrupel daran aufkommen, dem “Schlächter von Bagdad” beizustehen, obwohl er seine eigene Bevölkerung mit Folter und Henkermethoden terrorisierte, Tausende von Kurden in Nordirak 1988 mit Giftgas aus deutscher Produktion ermordete und unter den von Amerika zum Aufstand gegen den Tyrannen veranlassten Schiiten im Süden Iraks ein Blutbad anrichtete? Damit haben die USA ihre kennzeichnende Praxis, die sie auch für lateinamerikanische Militärdiktatoren bei der Unterdrückung ihrer Völker angewandt haben, im Nahen Osten interessentypisch verwirklicht.

Bis heute hat die US-Administration nie ihre Schuld oder ihr Bedauern vor der Weltöffentlichkeit geäußert, im damaligen Golfkrieg einen Tyrannen und Massenmörder waffentechnisch erfolgreich unterstützt und seinem Machterhalt gedient zu haben, während Präsident Bill Clinton immerhin den Völkern Lateinamerikas gegenüber öffentlich seine Betroffenheit bekannte, dass die USA in völliger Missachtung von Demokratie und Menschenrechten mittel- und südamerikanischen Militärjuntas gegen ihre jeweilige Bevölkerung jahrelangen Beistand geleistet hatten. Dementsprechend ist die politische US-Führung gegenwärtig umso dringlicher der internationalen Öffentlichkeit eine Erklärung dafür schuldig, wie Amerika heute seine damalige Rettung eines Tyrannen und Massenmörders beurteilt: Zählen für die USA ihre Weltmachtinteressen so sehr, dass es der US-Administration gleichgültig ist, an wessen Seite sie ihr apokalyptisches Kriegspotenzial einsetzt? Ab wann ist es für die US-Regierung belanglos, ob ein Gewaltherrscher seine eigene Bevölkerung zu Opfern macht und abschlachtet?

Wird auch ein solcher Bestialismus unter den Kriterien der Weltmachtinteressen bewertet und nach den Kategorien von Nutzen oder Schaden für Amerika gehandhabt? Dulden Weltmachtsinteressen nur sich selbst als Prinzipien? Nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki haben die USA, soweit an die Öffentlichkeit gelangte, ein weiteres Mal im Vietnam-Krieg den atomaren Schlag erwogen. Unlängst drohte George W. Bush - für den Fall der Anwendung von Massenvernichtungswaffen durch Saddam Hussein gegen amerikanische Soldaten im Irak-Krieg - den Einsatz von Atombomben an. Sind für amerikanische Politiker die Bombardements und atomaren Infernos am Ende des Zweiten Weltkrieges noch heute völkerrechtlich vertretbar? Bestimmen den jetzigen US-Präsidenten die Ideen jener Vernichtungsstrategien? Heißt die “Freiheit”, die die angelsächsischen Mächte Irak bescheren wollen, nicht “liberty”, sondern - wie es Hamburg während der Feuerstürme 1943 tatsächlich erlebte - noch immer “Gomorrha”?

Auch die glänzende Rede des amerikanischen Außenministers vor dem Sicherheitsrat der UN, dargeboten mit Hollywood-perfekter Inszenierungskunst, verdeutlicht nur umso mehr, wie weit das Wunschdenken der USA von der Wirklichkeit entfernt ist: Amerika besitzt also keinen stichhaltigen Beweis, der als Grund für einen Krieg gegen Irak die Weltöffentlichkeit überzeugen könnte. Mit Recht lehnt die Mehrheit der Weltbevölkerung und der UN den von Präsident Bush angestrebten Golfkrieg ab. Auch ungezählte amerikanische Intellektuelle bekunden eindrucksvoll ihr kategorisches Nein zum Angriff auf Irak: Zum Frieden gibt es keine vernünftige Alternative.

Veröffentlicht am

18. Februar 2003

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