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God’s own country

Auch religiöse Differenzen verbreitern die Kluft zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und Europa

Die Trennung zwischen den USA und Europa liegt auch in der Religion begründet, betont Peter Steinacker. Woraus sich die unterschiedlichen Denkweisen speisen, hat er in einem Beitrag analysiert. Prof. Steinacker ist Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Wir dokumentieren leicht gekürzt eine vom Autor aktualisierte Rede vor dem Forum zu Irak der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung und der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin.

Von Peter Steinacker

In einer dramatischen Ansprache vor dem diplomatischen Corps im Vatikan hat Papst Johannes Paul II. die politischen Führer der Welt ermahnt, die Menschheit vor dem drohenden Abgrund eines Krieges zu bewahren, und sie beschworen, alles ihnen Mögliche für das Überleben der Menschheit, den Frieden des Einzelnen und die Sicherheit von Gesellschaften zu tun. Mit größtmöglicher Klarheit und Eindeutigkeit nennt der Papst vier Grundhaltungen, die für diese Ziele politisch unabdingbar sind: “Ja zum Leben”, “Nein zum Tod”, “Nein zum Egoismus” und schließlich “Nein zum Krieg”.

Das für evangelische Ohren zugleich Aufregende und Vertraute an der Rede des Papstes ist, dass er die uns prägende Unterscheidung - nicht Trennung - von moralischer und politischer Ebene aufgreift und präzisiert. Manche Gruppen unserer Gesellschaft weisen den Kirchen ja im Wesentlichen die Bewahrung der öffentlichen und privaten Moral und ihrer Werte zu und verbitten sich jedes politische Wort. Über diese, das Evangelium stillstellende und gründlich missverstehende Zuweisung setzt sich der Papst souverän hinweg.

Die moralische Ablehnung des Präventivkrieges gegen Irak wird nun politisch zugespitzt auf die spannungsvolle Situation im Nahen Osten. Krieg, so der Papst, “ist niemals ein unabwendbares Schicksal. Er ist immer eine Niederlage der Menschheit.” (…) Mit anderen Worten: Die Politik der Bush-Administration ist falsche Politik, ganz abgesehen von ihrer moralischen Bedenklichkeit. Damit reiht sich der Papst ein in die massive Kritik, die aus Europa und aus anderen Teilen der Welt gegen die gegenwärtige Politik der USA im Nahen Osten laut wird. (…)

Das transatlantische Verhältnis bekommt offensichtlich Risse durch das gegenseitige Unverständnis gerade im Kernbereich der Begründung politischen Handelns. Ich vermute, dass diese sich verbreiternde Kluft zwischen befreundeten und verbündeten Völkern auch religiöse Ursachen hat. (…)

Für Europäer klingen Vokabeln wie “das Reich des Bösen” eher nach Fantasy, “Star Wars”, nach “Herr der Ringe” als nach realer Politik. Dennoch bilden solche ästhetisch-religiösen Begriffe eine theologische Grundlage für die gegenwärtige amerikanische Politik. Immerhin hat kürzlich kein Geringerer als Javier Solana darauf hingewiesen.

Jesus hat den Friedensstiftern die Seligkeit verheißen, indem er sie Gottes Söhne nannte. Das lässt den theologischen Rückschluss zu, dass der Gott, dessen Kinder die Friedensstifter sind, selbst ein Gott des Friedens ist. Es gibt in der Christenheit darüber keinerlei Diskussion mehr, und die Bezeichnungen vom “Gott, der Eisen wachsen ließ” gelten inzwischen weit verbreitet als falsch. Zumindest nach den schrecklichen Verwüstungen der Welt und deren christlichen Legitimationen hat die Christenheit in intensiver Selbstkritik dazugelernt.

Worüber nach wie vor im Zusammenhang der Christenheit legitime Auseinandersetzungen geführt werden, ist die Frage, was im konkreten politischen Handeln getan werden soll oder muss, um den Frieden zu bewahren, den Frieden zu stiften, wo Gewalt und Krieg herrscht. Und was getan werden muss, um ihn gegen Gewalttäter oder Machtgierige, seien es Einzelne, Gruppen oder Staaten, zu verteidigen.

Über die Wege zum Frieden gibt es ganz verschiedene friedensethische Konzepte. Im Oktober 2002 hat Bischof Franz Kamphaus beim Reformationsempfang unserer Kirche die amerikanische Option eines Präventivkrieges gegen den Irak scharf kritisiert. “Statt Präventivkrieg brauchen wir Kriegsprävention”, sagte er und bekam viel Beifall vom evangelischen Publikum.

Die Religionsgeschichte lehrt uns, dass alle großen Imperien der Weltgeschichte eine sie tragende und ihre Politik begründende religiöse Grundlegung hatten. Das war bei den Ägyptern ebenso, wie bei den Hethitern, bei den Assyrern, Babyloniern, Persern, im Alexanderreich und schließlich bei den Römern, um nur einige Groß- und Weltreiche zu beschreiben. Natürlich unterschieden sich die jeweils staatstragenden Religionen inhaltlich voneinander. Nur wenige bildeten ein theologisches System. Formal aber begründeten sie alle den jeweiligen Anspruch auf Herrschaft. In dieser Tradition stehen auch die christlichen Imperien, aber natürlich auch die islamischen des Mittelalters und die türkischen Großreiche.

Nun ist es deutlich, dass seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert in die Politik der aufblühenden Vereinigten Staaten von Amerika Expansionsbewegungen einbeschrieben sind, die in verschiedenen Wellen auf ein imperiales Ziel hinstreben. Die Basis dieser Expansionsbewegungen ist die bedeutende ökonomische und ideologische Kraft der Vereinigten Staaten. Auf den Menschenrechten und dem Freiheitsimpuls ruhend, will man eine Gesellschaft ins Leben rufen und über die ganze Erde verbreiten, in der die größtmögliche Freiheit zum größtmöglichen Glück einer größtmöglichen Zahl führen soll.

Präsident Thomas Jefferson, in der aufgeklärten Distanz zur puritanischen Tradition und dennoch ihr verhaftet, hat als Ziel amerikanischer Politik die Errichtung eines “Imperiums der Freiheit” beschrieben. Er hat damit wesentliche Impulse der europäischen Aufklärung in politisches und ökonomisches Handeln übersetzt. Die hinter dieser Zielvorstellung stehende religiöse Grundlage ist in Untersuchungen zur Zivilreligion Amerikas sehr genau erforscht worden.

Schon Alexis de Tocqueville bemerkte verwundert, dass Amerika das freieste, aufgeklärteste und zugleich religiöseste Land sei. Das war für den europäischen Beobachter der damaligen Zeit völlig überraschend. Er bemerkte, Religion sei für Amerika die erste ihrer politischen Einrichtungen, weil sie sich mit Freiheitsbewusstsein, mit dem Fortschrittsglauben, mit Demokratie verbinde, so ganz anders als im damals absolutistischen Europa. Tocqueville notierte, dass die strikte Trennung von Staat und Kirche dialektischerweise der Religion eine ungeheuer starke Stellung in der Politik verschaffe. Die Religion der Puritaner, die selbst Jeffersons republikanische Wendung zum antiken Rom nicht abschütteln konnte, lebt von dem puritanischen Bewusstsein, eine erwählte Nation zu sein. Die religiöse Basis der Trennung von Staat und Kirche ist der zivilreligiöse Konsens, “dass Ursprung, Verfassung und Bestimmung Amerikas in das Erlösungswerk Gottes eingebunden sind”. (aus: Rolf Schieder, “Wie viel Religion verträgt Deutschland?”)
Diese zivilreligiöse Grundlage prägt das Selbstbewusstsein und damit auch die expansive Strategie der Vereinigten Staaten bis heute. Sie beherrscht gegenwärtig die Medien in den USA. Nach diesem Selbstverständnis begreift sich die amerikanische Nation als von Gott auserwähltes Volk, das seine Ideale über den ganzen Erdkreis ausbreiten soll. “Amerika” ist nicht einfach nur eine säkulare Nation, sondern diese Nation ist immer mit einer religiösen Aura umgeben.

Die großen multireligiösen Gottesdienste, die nach dem 11. September 2001 gefeiert wurden, zeigten diese religiöse Dimension der USA und ganz besonders ihres zentralen religiösen Symbols, der Flagge, in ganz auffallender Weise. So kann man begründet sagen: Im Mittelpunkt dieser Feiern stand, die verschiedenen Götter übergreifend, die religiös einende Macht, die religiöse Aura des ins Theologische gewendeten Symbols “Amerika”.

Man wird die Androhung der Aggression gegen Irak und die amerikanische Politik überhaupt nicht hinreichend verstehen, ohne diese religiöse Dimension. Selbst der erfahrene Diplomat Solana zeigt sich überrascht, in welchem Ausmaß “Religion das Denken im Weißen Haus durchdrungen hat”. Zu den Theologien der Imperien gehörte, dass sie die herrschende Klasse ihrer Völker in den Stand versetzte, die Welt in Gebiete zu unterteilen, die nützlich waren, und solche, die schädlich waren, und solche, die man unbeachtet lassen konnte. (…)

Schon lange gibt es in Amerika als Folge des endzeitlichen Sendungsauftrages den religiösen Zug, die vorhandene Welt in “gute” und “böse” Bezirke, bzw. Staaten oder Systeme einzuteilen. Alle Konfessionen und auch Religionen übergreifend, bewahrt Amerika dieses Selbstverständnis. Es begreift das mit seinem Experiment anbrechende 1000-jährige Reich der Johannesapokalypse als geschichtstheologischen Auftrag, in einer weltpolitischen Mission das Böse zu bekämpfen sowie Freiheit und Fortschritt in der Welt zu befördern. Dieses Selbstbewusstsein verdichtet sich seit dem Ende des Kalten Krieges zu einem erneuten Hegemoniestreben.

Vor George Bush hat Ronald Reagan, der Meister des Schwarz-Weiß-Sehens, eine religiöse Einteilung der Welt im Blick auf das kommunistische Imperium ganz besonders geliebt. Bill Clinton hat den amerikanischen Hegemonieanspruch verdeckt auf die Ökonomie im Wesentlichen begrenzt. George Bush aber hat nun den schrecklichen Terrorangriff des 11. Septembers, der als Angriff auf die Vereinigten Staaten empfunden werden musste und auch so gemeint war, nicht nur politisch, sondern auch theologisch eingeordnet als einen Angriff des “Reiches des Bösen” auf die zivilreligiös definierten Vereinigten Staaten, auf God’s own country.

Nun ist George Bush Methodist, und er nimmt seinen Glauben ernst, und niemand steht an, ihm das zu bestreiten. Aber die theologische Unterscheidung der Welt in ein “Reich des Bösen” und ein “Reich des Guten” (das im Wesentlichen mit den Vereinigten Staaten und seinen Verbündeten identifiziert wird) hat seine Vorbilder nicht in der Bibel, sondern in einem Religionssystem, das sich schon zur Zeit des Neuen Testamentes, von Osten kommend, über das römische Weltreich ausdehnte: die so genannte “Gnosis” (auf Deutsch übersetzt heißt das Wort “Erkenntnis”).

Die Gnosis vermittelt ein bestimmtes Welt- und Menschenbild. Sie klärt ihre Anhänger über die Wesensidentität des transzendenten Selbst im Menschen mit der transzendenten Gottheit jenseits der Welt auf (Gerd Theißen). Die Gnosis hat den Anspruch, ihren Anhängern Einsicht in die widerstreitenden Strukturen der Welt zu bieten, in der ein Kampf zwischen den bösen und den guten Prinzipien tobt.

Die Gnosis will die Fähigkeit verleihen, sich vorbehaltlos und eindeutig auf die Seite des Guten zu schlagen. Aufgabe des Gläubigen ist es nun, das Böse in der Welt zu erkennen und zu überwinden. Schafft er es, muss er sich unter gewissen Umständen auch an die moralischen Bedingungen dieser Welt nicht mehr gebunden fühlen, denn die Welt vergeht. Er aber hat durch seine Erkenntnis die Strukturen der Welt bereits hinter sich gelassen. Dies vermittelt ein beständig gutes Gewissen. Die asketische Leibfeindlichkeit des gnostischen Manichäismus hat als Gegenpol in der weit verzweigten Bewegung der Gnosis deshalb auch libertinistische Konsequenzen.

Es ist nun hochinteressant, dass einer der großen linken Intellektuellen der Vereinigten Staaten, Richard Rorty, lange vor dem 11. September, nämlich in einem Buch mit dem Titel “Stolz auf unser Land”, das in Amerika 1998 und in Deutschland 1999 erschienen ist, Konsequenzen in völlig säkularisierter Form und mit antichristlichem Affekt aus dieser zivilreligiösen Grundlegung zieht. Die Spuren dieser Konsequenzen sind nur allzu deutlich in der gegenwärtigen militarisierten Außenpolitik der Vereinigten Staaten wiedererkennbar. Auch wenn Rorty nicht zum Beraterstab des gegenwärtigen Präsidenten gehört, kann man an diesem Buch erkennen, was wir auch aus anderen Quellen wissen: Die gegenwärtigen politischen Zielvorgaben wurden bereits lange vor dem Kampf gegen den Terrorismus formuliert.

Rorty kritisiert an der seiner Einschätzung nach unpolitischen, und das heißt für ihn nichtpatriotischen, Linken der Vereinigten Staaten ihr Festhalten an der Moralität in der Politik. Rorty wirft der Linken vor, der Gegenstand ihrer Sehnsucht sei immer noch Gott und nicht ein utopisches Amerika. Ein wirklicher Patriot wird Gott als Handlungsmaxime durch Amerika ersetzen müssen. Warum?
Weil derjenige, der Gott über die Maxime Amerika stellt, politisch handlungsunfähig wird. Denn mit Gott, so meint Rorty, sei der “destruktive Sündenbegriff” verbunden. Diesen Sündenbegriff in die Politik wieder eingeführt zu haben, ist der zentrale Vorwurf Rortys an die Linken. In der Folge der bitteren Erfahrungen von Vietnam habe die Linke die Sünde wieder erfunden, “den alten religiösen Gedanken, manche Flecken seien untilgbar”. Für eine wirklich patriotische Haltung muss es, so Rorty, die Garantie der prinzipiellen Sündlosigkeit geben, selbst für all das, was die Vereinigten Staaten im Namen der Utopie Amerika den Indianern, Mexikanern und Vietnamesen Furchtbares angetan haben. Wegen der Einführung dieses destruktiven Sündenbegriffes darf Gott nicht länger die Maxime der Handlungsbegründung sein, sondern muss durch das zivilreligiöse Symbol “Amerika” ersetzt werden. Solange Gott, und im Zusammenhang mit ihm die Möglichkeit von Sünde und Schuldhaftigkeit, die oberste Maxime ist, gibt es über dem Land selbst noch eine Instanz, nach der die Politik des Landes beurteilt werden kann. Dies aber ist für Rorty nichts anderes als religiöse Ideologie. Sie behindert das Land dabei, die Politik einzig in seinem Interesse zu gestalten. Gott muss aus der Politik herausgehalten werden, damit keine fremde Autorität über dem Land selbst steht. Im Klartext heißt das: Ein Amerika, das als Summum Bonum Gott überstrahlt, entbindet die in seinem Namen handelnden Personen von jeder Verpflichtung auf eine Moralität, die sich an anderen Maßstäben orientiert als am Wohl Amerikas selbst.

Es ist deutlich, wie sich auch in einer sich atheistisch gebenden Politikbegründung die religiösen Züge der Gnosis durchhalten. Auch die Pneumatiker (die Geistbegabten) der Gnosis - wir wissen das aus dem 1. Korintherbrief - haben z. B. ihre sexuelle Libertinage mit genau dem gleichen Argument begründet: Um höherer Einsicht und höherer Ziele willen brauche man sich nicht mehr an Moralität gebunden zu wissen.

Der Methodist Bush scheint bei persönlich rigider Moralität und Frömmigkeit diesem gnostischen - also nicht christlichen - Weltbild zu folgen und es in aktuelle Politik umzusetzen. Damit steht er nicht allein, sondern wird enthusiastisch unterstützt vom Fundamentalismus freikirchlicher Gruppen vor allem im Süden der Vereinigten Staaten, die im Zusammenhang mit dem Wüstenkrieg noch immer von einem präzisen chirurgischen Eingriff faseln, wo längst der Häuserkampf geübt wird.

Der politische Kunstgriff Bushs ist es, dass er nach dem 11. September die auf breite Zustimmung gegründete Anti-Terror-Politik in das Streben der USA nach Hegemonie integriert hat, das nach dem Ende des Kalten Krieges die Neuorientierung der amerikanischen Außenpolitik auf militärischer Grundlage nach Clinton bestimmt hat. Die Krise um Irak hat also auch ihre theologischen beziehungsweise religiösen Wurzeln. Wir würden sie in Deutschland eher mit dem deutschen Begriff der “Weltanschauung” bezeichnen. Sie legen noch ganz andere Facetten zu Tage als die uns bekannte Auseinandersetzung zwischen dem christlich dominierten Westen und dem islamisch dominierten Nahen Osten. Es muss noch einmal deutlich gesagt werden, dass diese Theologie mit ihren aktuelle außenpolitischen Konsequenzen im Kern keine christliche Theologie ist, was nicht heißt, dass Bush nicht ein überzeugter und achtenswerter Christ wäre. Das Christentum meint, das Böse gehe durch jeden Menschen hindurch. Kein Mensch ist nach biblischer Überzeugung nur gut oder nur schlecht. Luther bezeichnet gerade den gerechtfertigten Menschen als “simul iustus et peccator”, als gerecht und Sünder zugleich.

So hat der Bischofsrat der Evangelisch-methodistischen Kirche der Vereinigten Staaten in einem Memorandum an Präsident Bush mitgeteilt, dass bei aller Kritik an Saddam Hussein die Pflicht bestünde, die Vereinten Nationen zu stärken und sich auf friedliche Mittel der Konfliktlösung zu besinnen.

Die Generalkonferenz der Methodisten führte dazu aus: “Einige Staaten besitzen mehr militärische und wirtschaftliche Macht als andere. Die Machthaber sind dafür verantwortlich, dass ihr Reichtum und ihr Überfluss mit Zurückhaltung eingesetzt werden (…). Wir verwerfen deshalb den Krieg als Instrument der Politik (…). Ein Präventivkrieg gegen einen Staat wie Irak widerspricht aber in jeder Hinsicht dem, was wir als Wesen des Evangeliums verstehen, den Lehren unserer Kirche und unserem Gewissen.”

Mir scheint politisch geboten, sich auf das eigentliche Ziel zurückzubesinnen: den Kampf gegen furchtbaren Terrorismus. Der ist offenbar ganz in den Hintergrund getreten. In transatlantischer Solidarität sollten wir daran arbeiten, diese schreckliche Geisel der zivilisierten Welt zurückzudrängen, indem man ihre Quellen austrocknet. Es sind wohl deren fünf:

1.Der Nahostkonflikt muss gelöst werden, ich empfinde es als verhängnisvollen politischen Fehler, dass sich die Bush-Administration um die Lösung der Palästina-Frage nicht mehr zu kümmern scheint und sich einseitig auf die Politik von Ministerpräsident Scharon festgelegt hat.

2.Der Dominanzanspruch des Westens muss überprüft werden. Wir wissen im Westen weder ökonomisch noch politisch noch religiös immer alles besser.

3.Das Armutsgefälle in der Welt, besonders auch in den islamischen Ländern, muss durch eine vernünftige Entwicklungspolitik verringert werden.

4.Die blockierten Gesellschaften der islamisch-arabischen Welt müssen in sich durchlässiger, d.h. demokratisiert werden.

5.Das alles geht nicht ohne Selbstkritik der Religionen auf das in ihnen selbst liegende Gewaltpotenzial, denn einen Frieden in der Welt wird es ohne Frieden der Religionen nicht geben.

Das so freiheitsliebende Amerika an diese Aufgabe zu erinnern, halte ich auch für eine religiöse Pflicht.

Aber auch in unserem Land brauchten wir in dieser Frage Klarheit in den politischen Absichten bei Regierung und Opposition. Die Regierung darf keinen Anlass geben, ihr Nein in Frage zu stellen. Und der Opposition darf, entgegen der Meinung der Vorsitzenden, der Streit über die Irak-Politik dringend empfohlen werden.

Quelle: Frankfurter Rundschau vom 21.01.2003. Wir veröffentlichen diesen Text mit freundlicher Genehmigung der FR.

Veröffentlicht am

21. Januar 2003

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