Der Irakkrieg ist ein Kampf um schwindende RessourcenKrieg um Öl Von Greenpeace
Ganz praktisch würden die Vereinigten Staaten mit einem Sieg im Irak in einer der energiepolitisch bedeutenden Regionen der Welt - Zentralasien - weiter Fuß fassen. Mit dem Krieg könnte sich die US-Regierung den direkten Einfluss auf die zweitgrößten Ölreserven der Welt sichern.
Die neue Weltordnung der USA sieht demnach vor, dass das Prinzip der Völkergemeinschaft abgelöst wird von einem Empire unter der Führung der USA. Der Krieg gegen den Irak ist der erste Schritt zu diesem Ziel. Dem Irak
Die USA sind wie kein anderes Land auf die-ser Erde vom sicheren Fluss des Öls abhängig. Das ist auch auf die vollkommen verfehlte E-nergiepolitik der vergangenen Jahre zurückzu-führen. Im Jahr 2001 verbrauchten die USA 19,6 Millionen Barrel Öl pro Tag (1 Barrel sind 159 Liter). Obwohl die Einwohner der USA nur etwa vier Prozent der Weltbevölkerung ausmachen, verbrauchen sie 25,5 Prozent des Weltöls. Knapp 60 Prozent dieses Öls müssen die Ver-einigten Staaten importieren, 23 Prozent allein aus dem Mittleren Osten - die Tendenz sowohl des Verbrauchs als auch der Abhängigkeit von den Importen zeigt steil nach oben. Laut Angaben des US-Department of Energy wächst der Verbrauch der USA an Öl bis 2020 um rund 25 Prozent auf mehr als 25 Millionen Barrel pro Tag. Die Importrate wird demnach auf über 70 Prozent steigen. Die Golf-Länder wiederum halten einen Anteil an den Weltölreserven von 65,3 Prozent. Es liegt auf der Hand, dass die USA ein vitales Interesse an den Golfstaaten haben.
Die derzeitige US-Regierung unternimmt nichts, um dieser Entwicklung entgegen zu steuern. Im Gegenteil, alles spricht dafür, dass sie diese verfehlte Energiepolitik auch in Zukunft fortsetzt. Die Verbindungen zur amerikanischen Ölindustrie sind dabei nicht zu übersehen. Der derzeitige US-Präsident George W. Bush war Manager verschiedener Ölfirmen, bevor er in die Politik wechselte. Sein Vizepräsident Dick Cheney ist ehemaliger Chef des Öldienstleistungsunternehmens Halliburton. Sicherheitsberaterin Condolezza Rice saß zuvor im Aufsichtsrat des Ölkonzerns Chevron. Handelsminister Donald Evans war Präsident der Erdölgesellschaft Tom Brown. Die Staatssekretärin im Handelsministerium Kathleen Cooper arbeitete zuvor als Chefökonomin bei ExxonMobil (in Deutschland bekannt unter dem Namen Esso). Der Konzern tat sich durch großzügige Spenden, es ist die Rede von mehr als einer Million US-Dollar, an die Republikaner hervor, um den Wahlkampf des damaligen Präsidentschaftskandidaten Bush zu unterstützen.
Gerade der Irak, der 10,7 Prozent der weltweiten Ölreserven hält und damit nach Saudi-Arabien an zweiter Stelle steht, ist für die Ölindustrie von großem Interesse. Seit dem Golfkrieg 1990/91 sind die Ölkonzerne aus den USA und die britische BP allerdings bei Saddam in Ungnade gefallen und gingen bei der Verteilung der irakischen Ölfelder folglich leer aus. Stattdessen erhielten vor allem französische und russische Ölfirmen den Zuschlag. So konnte der französische Ölmulti TotalFinaElf mit der irakischen Regierung über die Entwicklung des größten Ölgebietes, des Majnoon-Feldes, ins Geschäft kommen. Auch der russische Ölkonzern Lukoil will sich im Irak bei der Entwicklung von Ölfeldern engagieren. Die Deutsche Bank hatte den US-amerikanischen Ölfirmen und der britischen BP wenig Chancen ausgerechnet für den Fall, dass eine Einigung zwischen Saddam Hussein und der UN gelungen wäre. Nutznießer wären in diesem Fall die europäischen, russischen und chinesischen Ölfirmen gewesen. Das von der US-Regierung aufgestellte Energieprogramm 2001 unterstreicht die Einschätzung der Deutschen Bank. Das Energieprogramm belegt die Abhängigkeit der USA von einem stabilen Energiemarkt - und verdeutlicht damit die Notwendigkeit einer US-Außenpolitik, die eine ausreichende Erdöl-versorgung sicherstellt. Wörtlich heißt es darin: “Eine ernstzunehmende Unterbrechung der weltweiten Erdölversorgung hätte unter Umständen ungeachtet des Abhängigkeitsgrads der Vereinigten Staaten schwerwiegende Folgen für unsere Wirtschaft und unsere Fähigkeit zur Verfolgung außen- und wirtschaftspolitischer Ziele.” Ferner wird darin bestätigt, dass “die Erdöl exportierenden Länder des Nahen Ostens für die Stabilität der weltweiten Erdölversorgung von zentraler Bedeutung bleiben” und “die Golfregion im Brennpunkt US-amerikanischer Energiepolitik stehen wird”.
Dass die US-amerikanischen Ölkonzerne und das britische Unternehmen BP an den erwähnten Studien und Überlegungen nicht beteiligt sind ist kaum wahrscheinlich. Im Irak sind derzeit folgende Ölkonzerne aktiv: Der französische Ölkonzern TotalFinaElf, das russische Unternehmen Lukoil, sowie Chinas National Petroleum, Spaniens Repsol YPF, Ita-liens ENI. Weitere russische, indische und türkische Unternehmen sind ebenfalls im Irak tätig. Die großen US-amerikanischen Unternehmen, wie ExxonMobil, ChevronTexaco oder die britische BP sucht man zur Zeit vergebens. Seit den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts haben die großen Ölkonzerne im Irak investiert, etwa Royal Dutch/Shell, Anglo-Persian (jetzt BP), CFP (jetzt TOTAL), ExxonMobil, Atlantic Richfield, Gulf oder Standard (Amoco). US-amerikanische und britische Konzerne hielten bis zur Verstaatlichung der Ölindustrie im Irak 1972 drei Viertel der Anteile.
Die US-amerikanische Ölindustrie hat ein großes Interesse an einem Regimewechsel im Irak. Irakische Oppositionelle sind sich dessen bewusst. Der Leiter des Iraqi National Congress (INC), Ahmed Chalabi, ließ bei einem Treffen mit US-amerikanischen Ölkonzernen in Washington Ende 2002 verlautbaren, dass “amerikanische Erdölunternehmen sich gute Chancen auf irakisches Erdöl ausrechnen können”, wenn er das Land regieren würde. Nach einer Analyse der Deutschen Bank fällt dabei ExxonMobil eine besondere Rolle zu: Ein Bericht vom September 2002 weist als Hauptstärke des Konzerns “politischen Einfluss” aus und stellt fest: “Der Status als größte US-amerikanische Erdölgesellschaft verschafft ExxonMobil ein enormes politisches Gewicht in Washington… Nach einem Regimewechsel im Irak könnte ExxonMobil die ?pole position? zufallen.” Der Bericht der Deutschen Bank kommt zu dem Schluss: “Aufgrund ihres gewaltigen politischen Gewichts sind wir der Meinung, dass die Gesellschaft ExxonMobil voraussichtlich eine wichtige Rolle in einer vom 11. September geprägten Geopolitik spielen wird.” Die Experten schließen mit der Frage: “Wird ExxonMobil nach dem Sturz Saddams im Irak das US-amerikanische Firmenbanner schwenken dürfen?”
Vorhersagen dieser Art lassen die Konkurrenz von ExxonMobil nicht ungerührt: Der Vorstandsvorsitzende von BP, Lord Browne, stellte unlängst klar, dass “wir gewährleisten wollen, dass nach einem Regimewechsel im Irak bei der Auswahl von Ölfirmen, die ins Land gehen, die gleichen Spielregeln für alle gelten sollten.” BP sorgt sich, dass die USA in erster Linie damit beschäftigt sind, “in den Besitz von Saddam Husseins Ölquellen zu gelangen und diese Gesellschaften wie ExxonMobil zu überlassen statt Iraks Massenvernichtungswaffen zu zerstören.”
Der Krieg gegen den Irak ist auch eine Auseinandersetzung um Erdöl. Öl ist eine unabdingbare Voraussetzung für die USA, um ihre derzeitige Machtposition in der Welt ökonomisch und militärisch auch in Zukunft aufrecht erhalten zu können. Öl wird auch in den kommenden Jahrzehnten als zentraler Rohstoff für die US-Industrie notwendig sein, eine deutliche Richtungsänderung hin zu mehr Effizienz, Einsparung und verstärkter Nutzung erneuerbarer Energien ist nicht festzustellen. Deshalb wird es in den kommenden Jahren vor allem für die Vereinigten Staaten darum gehen, den ungehinderten Zugang zu dem begehrten Rohstoff sicherzustellen. Mit der Eroberung des Iraks könnten die USA ihre Vormachtstellung in der Golfregion ausbauen und zugleich im Irak ihren Einfluss auf die zweitgrößten Ölreserven der Welt sichern. Nur mit stabilen Öllieferungen und Ölpreisen können die USA ihre ökonomische Vormachtsstellung in den nächsten Jahren erhalten. Darüber hinaus besteht für die USA die Möglichkeit, die künftige Verteilung des Öls mitzubestimmen. Obwohl die Ölindustrie nicht müde wird zu behaupten, mit dem Krieg im Irak nichts zu tun zu haben, sprechen die Fakten eine andere, deutliche Sprache. Quellen:
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