Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V.

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Unterstützung für Flüchtlinge und Immigrantinnen durch das Lebenshaus

Von Michael Schmid, aus: Rundbrief des Lebenshaus Schwäbische Alb e.V., Nr. 36, März 2003.

Ein Blick in ein (fast) ganz normales Wochengeschehen

Es kommen viele Menschen ins Lebenshaus, die Unterstützung und Rat suchen. All das, was geschieht, kann hier nur sehr unvollständig wiedergegeben. Dennoch der Versuch eines kleinen Einblicks - exemplarisch umrissen durch skizzenhafte Beschreibung des Geschehens einer einzelnen Woche.

Diese Woche war bereits zwei Mal eine Frau türkischer Abstammung bei Katrin (Mitarbeiterin des Lebenshauses), die sich in einer Trennungssituation befindet. Sie wurde von einem Arzt ans Lebenshaus verwiesen. Heute ging es um das gemeinsame Ausfüllen eines Sozialhilfeantrags.

Dann kamen verschiedene Menschen ins Lebenshaus, die aus dem Kosovo stammen. Und, das sollte dabei auch nicht übersehen werden, die in ihrer Heimat aufgrund der Zugehörigkeit zu verschiedenen ethnischen Gruppierungen - hier Albaner und Ashkali - überwiegend ziemlich verfeindet sind. Von Feindseligkeiten ist bei uns aber zum Glück nichts zu spüren.

Geholfen werden muss immer wieder in großer Not. Da gibt es eine kosovo-albanische Familie, seit vielen Jahren als Flüchtlinge hier in Deutschland. Sie haben ihre Verwandten in furchtbaren Verhältnissen im Kosovo zurückgelassen und werden nun von diesen um Hilfe gebeten. Die Lebensbedingungen für Flüchtlinge in Deutschland sind jedoch so schlecht, dass kaum eine noch so kleine Hilfe zu den Verwandten fließen kann.

Der emotionale Druck für die Flüchtlinge, die es bis zu uns geschafft haben, ist oft unerträglich und krankmachend. Aufgrund ihres Abgebens von Geld sind sie nun selber richtig in Not geraten. Das Telefon haben sie bereits abgemeldet. Geld für Heizöl, das ohnehin jeweils nur in ganz kleinen Mengen getankt werden kann, weil eine kostengünstigere größere Menge gar nicht bezahlt werden kann, ist nicht vorhanden. Jedenfalls trat diese Familie dieser Tage mit der Bitte ans Lebenshaus heran, ob wir ihnen ein paar Hundert Euro leihen könnten. Wir haben dies gemacht und vertraglich vereinbart, dass sie das Geld im neuen Jahr ratenweise zurückzahlen. Übrigens hat es Jahre gedauert, bis sich diese Familie, die schon lange in relativ großer Armut lebt, getraut hat, beim Lebenshaus nach Geld nachzufragen.

Katrin hat dieser Familie auch im Namen vom Lebenshaus 50 EURO für Paketgebühren übergeben, damit Kleider (gebrauchte, die im Lebenshaus gesammelt wurden) an die Verwandtschaft in den Kosovo geschickt werden können.

Eine andere Familie, ebenfalls aus Kosovo, steht unter Druck, weil die Innenminsterkonferenz Anfang Dezember 2002 beschlossen hat, dass auch Minderheiten wie Ashkali aus dem Kosovo, denen sie angehören, kein dauerhaftes Aufenthaltsrecht bekommen werden (unsere Schreiben an verschiedene Innenminister haben - erwartungsgemäß - diese von ihrem Ansinnen nicht abhalten können). Katrin hat mühsam versucht, diese Großfamilie darauf einzustimmen, dass sie früher oder später wieder zurück in den Kosovo müssten. Aber es ist für sie kaum zu begreifen, dass sie zurück in das Elend sollen, das sie doch gerade in der Hoffnung auf bessere und weniger bedrohliche Lebensumstände verlassen haben.

Können angesichts der ständigen Unsicherheit und des Drucks innerfamiliären Katastrophen ausbleiben? Gestern jedenfalls saß das Familienoberhaupt gemeinsam mit seiner jüngsten Tochter lange bei Katrin. Sie ließen sich u.a. ausführlich das deutsche Scheidungsverfahren erklären, etwas für sie völlig Fremdes, denn im Kosovo spielt der Staat weder bei der Heirat noch bei der Scheidung eine Rolle. Das regeln die Familien jeweils selbst. Und “Jugendamt” gibt es dort natürlich auch nicht. Dieses war aber eingeschaltet worden, weil ein Teil der Kinder wochenlang nicht in die Schule ging.

Eine andere Flüchtlingsfrau aus Ex-Jugoslawien kommt mit ihren Sorgen: die Familie ihres Bruders ist vor einigen Jahren wieder abgeschoben worden. In der Heimat fehlen aber die notwendigen Lebensgrundlagen. Die Familie leidet unter furchtbarer Armut. Bei den größeren Kindern, berichtet die Frau, würde es ja noch einigermaßen gehen, aber der Säugling, der werde diese Armut kaum überleben. Er können nun nicht mehr gestillt werden, Babynahrung sei aber unerschwinglich teuer. Sie selber überweise ja auch immer wieder Geld, aber sie habe einfach nicht mehr. Kurzentschlossen legten wir auf ihren Beitrag noch etwas drauf und bezahlten auch die enorm hohen Überweisungsgebühren.

Eine Frau aus Äthiopien, die mit ihrem vierjährigen Sohn im Asylbewerberheim lebt - und die aufgrund fehlender Informationen davon ausging, dass sie nach wenigen Wochen in eine eigene Wohnung ziehen könne -, kam zu Katrin zum Sprachkurs. Als Katrin kürzlich krank im Bett lag, war sie ziemlich entsetzt und sie konnte es nur schwer verkraften, dass kein Sprachkurs stattfinden konnte?

Einmal im Monat laden wir Flüchtlinge und Einheimische zu einem Asyl-Café ins Lebenshaus ein. Bei guten Sachen zum Essen und freundlicher Atmosphäre fand schon manche interessante Begegnung statt.

Hubert Rothfeld bietet im Lebenshaus regelmäßig jede Woche einen Sprachkurs an, zunächst mit ein, zwei, drei oder gar vier Afrikanern, jetzt für einen Kurden.

Vorher war ein junger Mann aus Algerien hier. Er versuchte seit einigen Tagen, seine Mutter in Algerien telefonisch zu erreichen. Heute hat es vom Lebenshaus aus geklappt. Erstmals seit seinem Weggang aus Algerien vor 18 Monaten hat er mit seiner Mutter sprechen können. Er war wohl deshalb beunruhigt, weil er diese Woche bei einer Beerdigung dabei war und sich durch die Konfrontation mit dem Tod nun Sorgen um seine Mutter machte. Da sie selber kein Telefon hat, musste er es organisieren, dass sie zu einem bestimmten Zeitpunkt bei einem bestimmten Telefon erreichbar ist. Ohne die Möglichkeit, im Lebenshaus zu telefonieren, würde dies alles noch viel schwieriger. Jedenfalls hat er nach dem gelungenen Telefonat ganz glücklich gestrahlt.

Das sind einige Beispiele, wie Menschen in Not direkt durch das Lebenshaus geholfen wird. Unterstützen können wir durch das direkte Anteilnehmen und Mitfühlen am Schicksal von Menschen aus anderen Ländern, die Krieg oder Armut zu uns geführt hat. Persönliche Beziehungen wirken auch stabilisierend, aufbauend. Wir helfen, indem wir ihnen erklären, um was es geht, wenn sie mit unverständlichen Rechnungen, Mahnungen oder Bescheiden von Behörden kommen. Teilweise werden mit Gläubigern Ratenzahlungen vereinbart. Und für verschiedene Flüchtlinge übernehmen wir die Überweisungen, weil sie selber kein Girokonto haben. Sie bringen dann Geld für eine Rechnung bzw. zur Ratenzahlung, wir überweisen. Eine Tätigkeit, die, obwohl recht unscheinbar, durch die Häufung doch recht zeitaufwendig ist.

Und was die Unterstützung bei finanzieller Not von Menschen angeht: helfen kann das Lebenshaus natürlich nur, weil ihm die dafür notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden: durch Spenderinnen und Spender. Damit wir anderen helfen können, dafür erbitten wir Spenden!

Veröffentlicht am

12. März 2003

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