Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V.

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Von Flüchtlingen in Not

Katrin Warnatzsch, Mitarbeiterin im Sozialen Friedensdienst des Lebenshauses, gibt einen kleinen Einblick in ihre Arbeit (aus: Rundbrief Nr. 35, Dez. 2002).

Familienkrisen auch bei Flüchtlingen

Eine große Familie bedeutet eine Fülle von möglichen Problemen und eine ebenso große Palette von möglichen Lösungsversuchen. Zerbrechende Ehen und Kinder, die dabei wie selbstverständlich im Familienclan mit versorgt werden, der unbedingte Wille zur Aufrechterhaltung einer patriarchalischen Familienstruktur, aus der die angeblich ausbrechende Ehefrau dann automatisch heraus fällt, das gibt es auch in Flüchtlingsfamilien unter uns. Erschwerend kommt immer hinzu, dass es kein gesichertes Aufenthaltsrecht gibt, sowie über allem immer die Drohung hängt, dass die Frau vom Clan abhängig bleibt, und zwar existenziell, denn bei einer Zurückschiebung in ihre Heimat würde sie nicht geschont und hätte niemanden mehr, der sie schützen würde. Die Lösungen, die es für trennungswillige Frauen mit Kindern bei uns gibt, sind nur bedingt anwendbar und anzuraten für Flüchtlinge. Hinzu kommen die Sprachschwierigkeiten, die ein kompliziertes Gespräch mit den Betroffenen meistens verhindern. Die Gesellschaften, in die Deutschland die Betroffenen zurückschieben will, haben meistens keine Strukturen für alleinerziehende oder alleinstehende Frauen und so werden sie mit Ächtung und der Trennung von ihren Kindern rechnen müssen, denn die Kinder gehören nach ihrem patriarchalen Verständnis zur Familie des Mannes. Dieses Verständnis von Familie wirkt sich bereits hier aus, indem die Kinder eben beim Vater bleiben müssen und der Kontakt der Mutter zu den Kindern verhindert oder behindert wird.

Oft stehe ich sehr hilflos davor und sehe in unglückliche Kinderaugen, denen ich doch gar nicht helfen kann.

Urlaub in der Heimat ? ein Horrortrip

Nach 10 Jahren besuchten sie zum ersten Mal wieder ihre Familien im Kosovo, eine Kosovo-albanische Familie berichtete mir von ihren Erlebnissen. Geschockt schon vom Zustand des mazedonischen Flugzeuges, das kurz darauf die Landeerlaubis in Deutschland entzogen bekam, stiegen sie in Pristina aus und wurden von ihren nächsten Angehörigen einfach nicht wieder erkannt. Ausgereist als junge, überaus attraktive Menschen, sind sie inzwischen stark gezeichnet durch das Leben in der Fremde, die ungeheure jahrelange Unsicherheit, ob sie hier bleiben können. Aber umgekehrt haben sie selbst die von Krieg und Entbehrung geschüttelten Menschen auch nicht wieder erkannt. Voller Erwartung standen die Angehörigen da, dachten an den Wohlstand, den sie den Menschen aus Deutschland zuschreiben, erhofften sich Geschenke und Wohltaten. Stattdessen kamen Wochen mit noch größerem Verzicht, denn nun musste der beengte Wohnraum, das wenige Essen, der nur zweistündlich am Tag vorhandene Strom und das Wasser (drei Stunden) mit noch mehr Menschen geteilt werden. Die Flüchtlinge aus dem reichen Deutschland brachten mit, was sie hatten, und das war wenig, denn gebraucht wird so viel. Die Infrastruktur sei katastrophal bis nicht vorhanden, Medikamente und ärztliche Versorgung unerschwinglich teuer und nur für Schwerkranke zu erhalten, keiner in der ganzen Familie habe Arbeit. Die Menschen auf dem Land hätten es besser als die Leute in der Stadt, wenn sie ein Stück Land haben und ein paar Milchkühe, Davon müssten sie leben, die Erde bewirtschaften für den Eigenbedarf. Nur eine monatliche Rente von 150 Euro kommt regelmäßig herein. Kein Geld für nichts. Die Stimmung ist hoffnungslos, denn die Reformen und der wirtschaftliche Aufschwung sind gebremst, alles geht viel zu langsam, solange noch nicht klar sei, was letztendlich aus Kosovo wird, wolle niemand investieren. Riesige Fabriken seien weiterhin kriegszerstört und Häuser werden nicht wieder aufgebaut. Trostlose Nachkriegszeit.

Zurück bleibt ein Gefühl von endgültig verlorener Heimat, das Heimweh hat sich verflüchtigt. Nichts ist so geblieben, wie man es in Erinnerung hatte. Was bleibt, ist auch ein ungeheurer Druck der Angehörigen, weil sie sich wirtschaftliche Unterstützung erhoffen aus Deutschland. Doch die Familie lebt hier in äußerst bescheidenen Verhältnissen, da gibt es nichts abzugeben, im Gegenteil.
Vor Weihnachten haben wir vor, Pakete mit Kleidung zu packen für die Familienangehörigen, in kleinem Umfang, und mit Blick auf die enormen Belastungen, denen die hier lebende Familie ausgesetzt ist.

So können Sie den Flüchtlingen direkt helfen

Guterhaltenes, robustes Kinderspielzeug wie Puppen (+Kleidung), Lego-Duplos, robuste Legespiele und Holzpuzzles. Wir suchen einen Kindertisch und Stühle und einen Puppenwagen! Für einen 4jährigen suchen wir ein kleines Fahrzeug und Spielautos sowie einen waschbaren Flickenteppich oder Ähnliches.

Immer wieder benötigen Flüchtlingsfamilien Geld für Heizöl, Schuhe, Schwimmbad, Telefonkarten oder Benzingutscheine, Fahrgeld, um kranke Familienmitglieder zu besuchen und ähnliches. Auch zinslose Kredite zur Bezahlung der Anwaltskosten, wenn das “Taschengeld” (40 EURO bar im Monat) schon verbraucht ist.

Hochwertige Lebensmittel (z.B. auch für Diabetiker), Vitamine, u.ä. sind eine gute Möglichkeit, Mangelerscheinungen aufzufangen oder auch Geschenke zu machen.

Jugendliche Flüchtlinge sind mit dem Markenbewußtsein ihrer Mitschüler konfrontiert und leiden teilweise sehr unter ihrer eigenen, oft unzureichenden Ausstattung. Vielleicht hat jemand ausgediente Sachen zum Weitergeben?

Es wäre schön, wenn wir zu Weihnachten so ein wenig Freude machen könnten…

Veröffentlicht am

21. November 2002

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