Träume einer gewaltfreien Welt. BuchbesprechungenVon Michael Schmid, aus: Rundbrief Lebenshaus Schwäbische Alb e.V., Juni 2001. Deshalb ist es höchst wünschenswert, den Einsatz für Gewaltfreiheit nicht nur engagierten Minderheiten zu überlassen. Und so ist es grundsätzlich zu begrüßen, dass der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) und die Vollversammlung der Vereinten Nationen (UNO) das kürzlich begonnene Jahrzehnt zu einer Dekade für eine Kultur des Friedens und der Gewaltfreiheit ausgerufen haben. Allerdings sind diese Aufrufe sehr allgemein gehalten und die deutlichen Konturen fehlen. Kaum ein Wort zu den Quellen und Ursachen der Gewalt, denen es heute insbesondere entgegen zu treten gilt. Es ist also noch viel Arbeit notwendig. Bücher können dabei hilfreich sein. Deshalb werden zwei vorgestellt, die Nachdenken anregen, Träume nähren, den eigenen Einsatz ermutigen, konkrete Projekte veranschaulichen können. Der Verein Erev-Rav hat das lesenswerte Buch “Träume einer gewaltfreien Welt: Bibel - Koran - praktische Schritte” herausgebracht. Durch Bibel und Koran wird der Traum einer gewaltfreien Welt genährt. Das macht eine Vielzahl anregender und lesenswerter Beiträge deutlich. Eine spirituelle Ermutigung zur aktiven Gewaltfreiheit - eine Haltung, deren weitere Ausbreitung sowohl unter ChristenInnen wie Moslems wünschenswert ist. Der dritte Teil des Buches ist ganz praktischen Beispielen gewidmet, die ebenfalls sehr inspirierend sein können. Es geht z.B. um: “Der Friedenstisch im Kindergarten”, “Auf dem Weg ins freundliche Klassenzimmer: Streiten ist cool”, “Der runde Tisch gegen Gewalt und Fremdenfeindlichkeit”, um “Gewalt gegen Altersverwirrte überwinden”. Schließlich werden im Anhang des Buches verschiedene wichtige Dokumente des Zentralausschusses des Ökumenischen Rates der Kirchen veröffentlicht. Ebenfalls zahlreiche wichtige Anregungen können dem Buch “Miteinander leben - voneinander lernen: Perspektiven für die Entwicklung einer Kultur des Friedens in Europa” entnommen werden. Diesem stärker friedenspädagogisch ausgerichteten Buch geht es darum, einer Ausbreitung einer Gewaltkultur Projekte, Modelle und Initiativen für eine nachhaltige Friedenskultur entgegenzustellen. In einem ersten Teil wird in verschiedenen Beiträgen das UNESCO-Projekt “Wege zu einer Kultur des Friedens” vorgestellt. Nach einigen Artikeln, in welchen einige grundlegend friedenspädagogisch wichtige Positionen dargestellt werden, folgen Projekte und Modelle aus der friedenspädagogischen Praxis. Schließlich werden eine Reihe von Dokumenten abgedruckt, wie etwa die UN-Resolutionen zur Kultur des Friedens und zur “Internationalen Dekade für eine Kultur des Friedens und der Gewaltlosigkeit für die Kinder der Welt”. Du beschwerst dich Federico Mayor, Generaldirektor der UNESCO Gewaltfreiheit und Frieden - das hat sehr viel mit Respekt dem Anderen gegenüber zu tun, mit dem Miteinander leben statt dem Gegeneinander. Wenn wir an der Natur Anteil nehmen und uns für das Anderssein und die Lebensbedingungen anderer Menschen interessieren und sie tolerieren, meint der Generaldirektor der UNESCO, Federico Mayor, dann könnten wir aktive BürgerInnen in unserer eigenen Gemeinschaft und sogar in der größeren Weltgemeinschaft werden und so eine Lösung der Probleme herbeiführen. In einem beträchtlichen Ausmaß bedeute es auch, Anteilnahme für jedes einzelne Leben auf diesem Planeten aufzubringen, so dass wir nie dem zum Opfer fallen würden, was manche als “Mitleidsverdrossenheit” bezeichneten. “Mitleidsverdrossenheit” umschreibe eine moralische Müdigkeit, jene Apathie oder sogar Ratlosigkeit, mit der ein Publikum bisweilen reagiere, wenn es immer und immer wieder mit Bildern des Hungers und des Elends besonders aus den ärmsten Ländern der Welt konfrontiert werde. Mayor glaubt, Mitleid könne rege und aufmerksam bleiben, wenn es in Taten ausgedrückt werde, die das Problem zu lösen versuchen. Wir müßten ständig bereit sein, weiterzugehen und im Hier und Jetzt nach den Mechanismen der Armut und Lösungen dafür zu suchen. Mayor erzählt von seiner eigenen Praxis: “Jeden Morgen, wenn ich aufwache und sehe, wie die Sonne aufgeht, versuche ich deshalb, mir das Kind im Morgengrauen oder bei Sonnenuntergang oder im Dunkeln Tausende von Kilometern weit weg vorzustellen, das hungrig ist, das vielleicht nie zur Schule gehen kann, das vielleicht sogar noch in dieser Nacht sterben wird. Das ist keine angenehme Übung, aber das Leben ist keine ganz angenehme oder schmerzfreie Übung. Das Leben verlangt sehr viel Aufmerksamkeit auch für jene Menschen, die so sehr außerhalb meiner Erfahrenswelt stehen, dass ich meiner Erinnerung konstant nachhelfen muss, um ihre Not zu sehen.” Laut Federico Mayor basiert das Erlernen des Miteinander auf der Überzeugung, dass wir alle die Probleme, Absurditäten und Widersprüche der Geschehen in unserer Lebenswelt in uns aufnehmen würden und eine gewisses Maß an Leidenschaft verspüren müßten, um sie zu verändern. Der beste Garant für die Entwicklung von Demokratie sei von daher “die Überzeugung, dass wir alle in einem gewissen Maße Rebellen sein müssen, aber Rebellen, die wissen, was sie tun.” Klara Butting/Gerard Minnaard/ Thomas Nauerth/Christian Reiser (Hrsg.): Träume einer gewaltfreien Welt : Bibel - Koran - praktische Schritte. Wittingen: Erev-Rav, 2001. 19,80 DM, 272 Seiten, ISBN 3-932810-14-7 (Bestellanschrift: Erev-Rav, Luisenstr. 54, 29525 Uelzen). Bernhard Nolz/Wolfgang Popp (Hrsg.): Miteinander leben - voneinander lernen: Perspektiven für die Entwicklung einer Kultur des Friedens in Europa. Münster: LIT, 1999, 208 Seiten, 29,80 DM, ISBN 3-8258-3991-5. Veröffentlicht amArtikel ausdruckenWeitere Artikel auf der Lebenshaus-WebSite zum Thema bzw. von |
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