Gewinnler des ImperiumsVon Konrad Ege, in: Freitag . Der Ost-West-Wochenzeitung, 17 vom 18.04.2003 Öl, Rüstung, Wiederaufbau im Irak.Seit dem Marshall-Plan für Europa dürfte es kein solches Projekt mehr gegeben haben - Bushs Freunde sind dabei Kürzlich bei einem Interview in Texas mit Kent Hance, tätig im Ölgeschäft, und ein größerer Geldgeber des derzeitigen Präsidenten, wurde gefragt: Warum George W. Bush bei energiepolitischen Fragen fast nur Leute aus der Ölindustrie zu Rate ziehe? Sei doch klar, sagte Hance mit souveräner Selbstverständlichkeit, die Industrie kenne sich eben am besten aus. Und wörtlich: Man könne doch keine Obdachlosen einstellen. Nach dem Motto, nur Insider wissen Bescheid, machte das Weiße Haus auch Irak-Politik, und so wird jetzt »Wiederaufbaupolitik« und Irak-Erdölpolitik betrieben. Dass diese Insider und ihre Freunde dabei gut verdienen, nun, das könne man ihnen doch nicht zum Vorwurf machen. Rumsfeld kann seinen Einkaufswagen weiterschiebenBillig war sie nicht, die »Befreiung« Iraks. Cruise Missiles, reingedonnert viele Male in leere Regierungspaläste, kosten ein paar Hunderttausend das Stück. Der Kongress hat mehr als 60 Milliarden Dollar extra bewilligen müssen. Im Golfkrieg von 1991 bestritten die Verbündeten den Löwenanteil der 62 Milliarden teuren Operation, nun kommen die Mittel aus der US-Staatskasse; El Salvador, Afghanistan, Eritrea und andere aus der »Koalition der Willigen« sind nicht so gut betucht. So erleben die USA eine imperiums-orientierte Marktwirtschaft, vorangetrieben von einer radikalen neokonservativen Gruppe um den Präsidenten, und angeführt von einem Politiker, der Zeit seines Lebens von Großunternehmern »gemietet« worden ist, wie Bushs Kritiker sagen. Im Irak sollte zur Schau gestellt werden, dass die neuen USA bereit sind, ihre Macht zu beweisen. Und wenn die Insider und ihre Freunde dabei gut verdienen … US-Steuerzahler finanzieren die Erweiterung des Imperiums, profitieren werden einige wenige. Rüstungskonzerne zum Beispiel. Der Krieg sei ein Werbefilm für die Industrie gewesen, erklärt ein Analyst der Investmentfirma Charles Schwab in der Zeitung Boston Globe. Zahlreiche Länder würden US-Firmen nun Einkaufslisten vorlegen. Bush verlangt bereits, der Kongress solle ihm Befugnis geben, dem Irak Munition zu verkaufen, wenn dies im »nationalen Interesse der USA« sei. Größter Kunde für Abrams-Panzer, Hellfire-Raketen, satellitengesteuerte Bomben und die dazu gehörenden Satelliten und was man sonst noch so braucht, ist freilich Donald Rumsfelds Ministerium. Mit 400 Milliarden im Portemonnaie (geplanter Pentagon-Haushalt für 2004) schiebt der rüstige Kriegsherr seinen Einkaufswagen durch den Rüstungssupermarkt und winkt dem Verkaufspersonal freundlich zu. Dieses Personal in Gestalt von Lobbyisten, Wahlspendern und Publizisten hat prägenden Einfluss auf die politische Debatte in den USA. Schaltet man den Fernsehapparat ein, interpretieren Generäle a.D. die Lage der Welt, meist so, als gebe es keine Alternative zum Militärischen. Im Pentagon wimmelt es von Vertretern der Rüstungsindustrie - Leuten wie Jay Garner, nun US-Statthalter im Irak, ein Ex-General und Ex-Präsident der Rüstungsfirma SY Coleman, die Lenksysteme für Raketen und »Star Wars« entwickelt. Das Center for Public Integrity in Washington hat nachgerechnet: Neun der 30 Mitglieder des Defense Policy Board, eines einflussreichen Beratergremiums für das Verteidigungsministerium, beziehen Gehalts- oder Beraterschecks von Firmen, die 2000 und 2001 Pentagon-Aufträge im Wert von 76 Milliarden Dollar erhielten. Zum Beispiel Lobbyist Richard Perle oder Chris Williams, früherer Sekretär für Rumsfeld und Lobbyist für Boeing, Lockheed Martin und TRW, oder General Jack Sheehan von der internationalen Baufirma Bechtel, die sich jetzt um Aufträge für den Irak bemüht. Im Aufsichtsrat von Bechtel sitzt Ex-Außenminister George Shultz, der zugleich den Beraterausschuss des kriegstreibenden »Komitees für die Befreiung des Irak« leitet. 50 Milliarden Dollar, 100 Milliarden Dollar, keiner kann wissen, wie viel der Wiederaufbau des Irak kostet. Irak wird alles brauchen, vom Telefonnetzwerk bis zu Bewässerungsanlagen. Seit dem Marshall-Plan für Europa dürfte es kein so großes Projekt mehr gegeben haben. Außenminister Colin Powell machte klar, US-Konzerne würden bevorzugt. Andrew Natsios, Direktor der Entwicklungshilfsbehörde AID, die einen Teil der Aufträge vergibt, legte nach: Firmen, die gegenwärtig im Irak tätig sein wollten, bräuchten eine »Security Clearance«, und die hätten nun mal nur US-Firmen. Langfristig gilt es, den Kuchen aufzuteilen: Kein Wunder, dass Spanien und Italien jetzt auch Posten in der amerikanisch/britischen Militärverwaltung anfordern. Der Sumpf der Großaufträge treibt bunte Blüten: So hat Kellogg Brown & Root - Tochter der Erdöl-Servicefima Halliburton - einen Sieben-Milliarden-Dollar-Vertrag zur Bekämpfung von Ölbränden im Irak bekommen. KBB (hat unter anderem die Gefangenenlager in Guantanamo gebaut und US-Einrichtungen in Ex-Jugoslawien) bekam den auf zwei Jahre angesetzten Job ohne öffentliche Ausschreibung. Das wirft nach Angaben mehrerer Kongressabgeordneter Fragen auf: Halliburton wurde von 1995 bis 2000 vom derzeitigen Vizepräsidenten Cheney geleitet, der als Verteidigungsminister unter George Bush sen. die Privatisierung militärischer Funktionen stark forciert hatte. Das soll sich der Rest der Welt hinter die Ohren schreibenHalliburton ist inzwischen der größte Nutznießer dieses Prozesses. Halliburton kann wohl auch mit weiteren Aufträgen für die Modernisierung der irakischen Ölförderung rechnen. Cheney hat noch heute Anspruch auf Gehalt von Halliburton. Diese Profite sind aber nur Peanuts verglichen mit der erwarteten Ölbonanza, kommentiert James Paul vom Global Policy Forum (New York). Iraks Erdöl werde in den kommenden Jahrzehnten Billionen Dollar abwerfen. Absahnen werden US-Konzerne. Exxon und Chevron (Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice war dort früher eine Direktorin, ein Tanker trägt ihren Namen) »öffnen den Sekt, weil die USA jetzt einen Platz in der OPEC kriegen«, sagt Paul. Irak hat die zweitgrößten Erdölreserven der Welt - mit dem ganz großen Vorteil, dass die Förderung aus geografischen Gründen etwa einen Dollar pro Barrel kostet, verglichen mit drei bis vier in der Nordsee, etwa sechs in Kanada, zehn bis zwölf in Russland, etwa 20 in Texas. Ahmed Chalabi, den Rumsfeld anscheinend gern zum neuen irakischen Präsidenten machen würde, hat angekündigt, US-Firmen hätten gute Chancen. Leer ausgehen werden wohl russische, französische und chinesische. Im Irak ging es der US-Regierung freilich nicht um spottbilliges Öl; wird das Öl zu billig, fallen die Profite und heulen die texanischen Produzenten mit ihren hohen Förderkosten. Wer das Öl des Irak kontrolliert, kann allerdings die OPEC untergraben, die bislang dort stark ins Gewicht fallenden Saudis schwächen, Russland Angst machen und den stark auf Öl aus dem Nahen Osten angewiesenen Europäern zeigen, wer Herr ist im Haus. Vor allem würde ein langer »Traum« von US-Administrationen in Erfüllung gehen - niedergeschrieben in sämtlichen Strategiepapieren seit dem Zweiten Weltkrieg: Die USA brauchen »Stabilität« in Nahost, es muss ungehinderten und verlässlichen Zugang geben zu profitablen Ölquellen. Das soll sich der Rest der Welt mal hinter die Ohren schreiben. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Autor und Verlag. Veröffentlicht amArtikel ausdruckenWeitere Artikel auf der Lebenshaus-WebSite zum Thema bzw. von |
|