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Spaten statt Waffen - Zement statt Munition! Ein Vorschlag zur Güte für die Bundeswehr in Kunduz

Von Komitee Cap Anamur vom 23.10.2003

Spaten statt Waffen - Zement statt Munition! Ein Vorschlag zur Güte für die Bundeswehr in Kunduz

Im Bundestag zeichnet sich eine breite Mehrheit für die Entsendung von Bundeswehr-Soldaten ins nordafghanische Kunduz ab. Cap Anamur ist die einzige deutsche Hilfsorganisation, die seit zwei Jahren in der Region arbeitet. Unser Techniker Volker Rath ist seit acht Monaten in Hodjar-Ghar (zwei Autostunden von Kunduz) im Einsatz. Er hat sich seine eigenen Gedanken zum Thema gemacht:

“Heute bin ich mal wieder über unseren örtlichen Bazar gelaufen. Dort wird Weizenmehl aus Hilfslieferungen pro Sei (7 KG) für 25 Afghanis angeboten. Das sind umgerechnet ca. 50 Cent. Das einheimische Mehl hingegen kostet per Sei 35 Afghanis, also gute 30 Prozent mehr. Welches Mehl würden Sie kaufen, wenn sie sieben Personen mit im Schnitt 30 Dollar Lohn im Monat ernähren müssten?

Die Bauern, die hier den Weizen oder Roggen anbauen sind keine Kaufleute. Die meisten können weder lesen noch schreiben. Aber arbeiten können sie gut. Um ihre Familien ernähren zu können sind sie auf den Verkauf des Mehls angewiesen, aber sie verkaufen es nicht und Unterstützung aus Kabul ist nicht zu erwarten, weil Kabul weit weg ist. Selbst die Regierungsbeamten haben hier seit Monaten keinen Lohn mehr bekommen, weil das Geld entweder nicht da ist oder irgendwo auf dem katastrophalen Weg versickert. Ich kann verstehen, wenn diese Menschen sich auf funktionierende Märkte verlassen, Rohopium anbauen und verkaufen.

Ich kann auch verstehen, dass die Mutter des Herointoten aus Berlin oder Frankfurt nicht meiner Meinung ist, aber ich gebe zu bedenken, dass dies nicht die Schuld der Bauern ist, die hier einzig um ihr Überleben kämpfen müssen.

In der letzten Woche war ich in Kabul. Leider muss ich sagen, dass Kabul mit Afghanistan nichts zu tun hat. Es ist halt lediglich der Sitz der Zentralregierung. Normale Afghanen können sich ein Leben in Kabul nicht mehr leisten. Sie können die überhöhten Mieten und das Geld für die Verpflegung auf europäischem Preisniveau nicht aufbringen. Ich selbst habe in einem Supermarkt für ein deutsches Brot 4,50 US Dollar bezahlt. Das sind fast drei Tageslöhne eines unserer Arbeiter, die hier für uns die Schulen bauen. Aber die Mitarbeiter der etlichen Regierungsorganisationen können sich das wohl leisten.

Kunduz ist eine Provinzhauptstadt von vielen. Was will die Bundeswehr ausgerechnet in dieser relativ sicheren Gegend erreichen? Kabuler Verhältnisse? Aus meiner Sicht macht der Einsatz der Bundeswehr nur unter einer Voraussetzung Sinn: Wenn sie die Waffen zu Hause lassen und stattdessen Spaten, Schippen und Bagger mitbringen. Wenn sie statt Munition Zement, Stahl und Steine in das Land schaffen. Im Oderbruch hat es doch auch ansatzweise funktioniert! Das wäre wenigstens ein Anfang für eine Alternativlösung und die Steuergelder wären sinnvoll investiert! Die Menschen hier würden die deutschen Soldaten dafür lieben.”

Veröffentlicht am

25. Oktober 2003

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