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Wir haben endlich unseren Frankenstein und er befand sich in einem Erdloch

Von Michael Moore - ZNet 15.12.2003

Saddam befindet sich Gott sei Dank wieder in amerikanischen Händen! Er muss uns wirklich vermisst haben. Mann, der sah aber auch schlecht aus! Aber er hat heute wenigstens eine Zahnbehandlung umsonst bekommen. So etwas erhalten die meisten Amerikaner nicht.

Einst liebte Amerika Saddam. Wir LIEBTEN Saddam. Wir finanzierten ihn, Wir bewaffneten ihn. Wir halfen ihm bei der Vergasung iranischer Truppen.

Aber dann baute er Mist. Er marschierte bei den Diktatoren in Kuwait ein und beging den schlimmsten vorstellbaren Fehler - er bedrohte einen unserer noch BESSEREN Freunde, die Diktatur Saudi Arabiens und seine riesigen Ölvorkommen. Die Familie Bush und die saudische Königsfamilie sind enge Handelspartner; und damals 1990 beging Saddam einen königlichen Fehler, als er sich ihren reichen Besitztümern ein wenig zu sehr näherte. Von diesem Zeitpunkt an ging es mit Saddam bergab.

Aber das war nicht immer so. Saddam war unser guter Freund und Verbündeter. Wir unterstützten sein Regime. Es war nicht das erste Mal, dass wir einem Mörder halfen. Wir hatten Gefallen daran Dr. Frankenstein zu spielen. Wir schufen eine große Anzahl von Monstern - den Schah im Iran, Somoza in Nicaragua, Pinochet in Chile - und zeigten uns dann ignorant oder schockiert, wenn diese Amok liefen und Menschen massakrierten. Wir mochten Saddam, weil er bereit war die Ayatollahs zu bekämpfen. Deshalb setzen wir alles daran, dass er Milliarden von Dollar erhielt, um Waffen zu kaufen. Massenvernichtungswaffen. Es ist richtig, er besaß sie. Wir sollten wissen: wir gaben sie ihm!

Wir gestatteten und ermunterten amerikanischen Konzernen in den 1980ern mit Saddam Handel zu treiben. Auf diese Weise erhielt er chemische und biologische Substanzen, die er für chemische und biologische Waffen benutzte. Hier ist eine Liste mit einigen Stoffen, die wir ihm schickten (laut einem Bericht des US-Senats von 1994): * Bacillus Anthracis, der Anthrax verursacht. * Clostridium Botulinum, eine Ursache für das Botulismustoxin. * Histoplasma Capsulatam, der Verursacher einer Krankheit, welche die Lungen, das Gehirn, das Rückenmark und das Herz angreift. * Brucella Melitensis, eine Bakterienart, die wichtige Organe zerstören kann. * Clostridium Perfringens, hochgiftige Bakterien, die systemische Krankheiten verursachen. * Clostridium Tetani, eine hochgiftige Substanz.

Und hier sind einige amerikanische Konzerne, die dabei behilflich waren Saddam zu stützen, indem sie Handel mit ihm betrieben: AT&T, Bechtel, Caterpillar; Dow Chemical, Dupont, Kodak, Hewlett-Packard und IBM (eine vollständige Liste der Firmen und eine Beschreibung, wie sie Saddam halfen, finden Sie hier)

Wir waren derart vertraut mit dem lieben alten Saddam, dass wir uns dafür entschieden, ihn mit Satellitenfotos zu versorgen, so dass er ausfindig machen konnte, wo sich die iranischen Truppen befanden. Uns war eindeutig bewusst, wie er diese Informationen nutzen würde und tatsächlich, sobald wir ihm die Spionagefotos zukommen lassen haben, setzte er Giftgas gegen die iranischen Truppen ein. Und wir verhielten uns ruhig. Denn er war unser Freund und die Iraner waren “Feinde”. Ein Jahr, nachdem er die Iraner zum ersten Mal vergast hatte, stellten wir die vollen diplomatischen Beziehungen zu ihm wieder her!

Später vergaste er sein eigenes Volk, die Kurden. Man könnte glauben, dies hätte uns genötigt, sich von ihm zu trennen. Der Kongress versuchte wirtschaftliche Sanktionen gegen Saddam zu verhängen, aber die Reagan-Administration im Weißen Haus verwarf diese Absicht schnell - sie ließen nichts zu, was ihren alten Kumpel Saddam zum Entgleisen gebracht hätte. Wir hatten ein virtuelles Liebesmahl mit diesem Frankenstein, den wir (teilweise) geschaffen haben.

Und genau wie der erfundene Frankenstein, geriet Saddam schließlich außer Kontrolle. Er tat nicht mehr das, was ihm sein Meister befahl. Saddam musste gefangen werden. Und jetzt, wo er aus der Wildnis zurückgebracht wurde, müssen wir vielleicht etwas über seine Schöpfer sagen. Vielleicht können wir daraus etwas … Interessantes lernen. Vielleicht könnte Donald Rumsfeld lächeln und Saddam erneut die Hand geben. Genau wie er es tat, als er ihn 1983 besuchte.

Vielleicht wären wir nie in die momentane Situation gekommen, wenn Rumsfeld, Bush Senior und Co. in den 1980ern nicht so von ihrem freundlichen Monster in der Wüste begeistert gewesen wären.

Weiß in der Zwischenzeit jemand, wo der Typ, der am 09.11. 3000 Menschen tötete sich aufhält? Unser anderer Frankenstein?? Vielleicht befindet er sich in einem Mauseloch.

Es gibt so viele von unseren kleinen Monstern und so wenig Zeit bis zu den nächsten Wahlen.

Bleibt stark, Kandidaten der Demokraten. Hört auf damit wie ein Haufen Waschlappen zu klingen. Diese Bastarde haben uns mit einer Lüge in den Krieg geschickt, das Töten hört nicht auf, die arabische Welt hasst uns leidenschaftlich und wir werden in den nächsten Jahren dafür büßen. Nichts von dem was heute passiert ist (oder in den letzten 9 Monaten) hat uns in unserer Welt nach dem 09.11. auch nur EIN BISSCHEN sicherer gemacht. Saddam hat niemals unsere nationale Sicherheit bedroht.

Nur unser Verlangen Dr. Frankenstein zu spielen, wird uns allen zum Verhängnis werden.

Euer
Michael Moore

mmflint@aol.com
www.michaelmoore.com


Quelle: ZNet Deutschland vom 15.12.2003. Übersetzt von Tony Kofoet. Orginalartikel: “We Finally Got Our Frankenstein” .

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Veröffentlicht am

16. Dezember 2003

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