Gewalt in HaitiVon Haiti Information Project - ZNet 17.10.2004 Port au Prince, Haiti. Bewaffnete Einheiten der haitianischen Polizei (Haitian National Police (PNH)) drangen in das Slumviertel Bel Air ein - die Leute dort sind pro Aristide - als tausende Bewohner auf die Straße gingen und die Rückkehr des Präsidenten Jean-Bertrand Aristide forderten. Damit trotzten die Demonstranten einem von der Geschäftswelt über die Hauptstadt verhängten Ruhetag und den Drohungen der Ex-Militärs. Massives Gewehrfeuer brach aus, als die Polizei die Menge - Berichten zufolge - mit Schüssen auseinandertrieb. Aber dann sah sie sich zum Rückzug gezwungen. Unbekannte Bewaffnete hatten aus den umstehenden Gebäuden das Feuer erwidert - Salven donnerten. Seit dem 30. September erlebt Haiti eine Welle der Gewalt - nachdem die Polizei das Feuer auf unbewaffnete Demonstranten eröffnet hatte. Diese forderten die Rückkehr des Präsidenten Jean-Bertrand Aristide und prangerten die politische Verfolgung der Aristide-Partei Lavalas an. Aristide war am 29. Februar seines Amtes enthoben worden. Laut Beschuldigungen wurde er von US-Soldaten gekidnappt. Derzeit ist Aristide Gast der Republik Südafrika. Am 30. September wurden zwei Demonstranten getötet. Die US-gestützte Regierung Haitis behauptete hierauf, es seien auch die Leichen dreier enthaupteter Polizisten gefunden worden. Anfang der Woche wurden diese Polizisten beerdigt. Auf der Beerdigung erfuhr man ihre Identität. Die enthaupteten Körper waren angeblich kremiert worden, bevor Reporter und Menschenrechtsgruppen überhaupt die Chance hatten, die Leichen von unabhängiger Seite untersuchen zu lassen: zur Überprüfung der Regierungsbehauptung. Die haitianische Wirtschaftskammer gab ein Statement ab, in dem sie die Aristide-Partei - Lavalas - als Terroristen-Clan darstellt. Zudem fordert die Wirtschaftskammer, den heutigen Tag zum ‘Nationalen Tag des Nachdenkens’ zu erklären, an dem Schulen und Geschäfte geschlossen bleiben; alle Einwohner von Port au Prince sollten in ihren Häusern bleiben. Zudem bleibt die Botschaft der USA heute geschlossen - eine Geste der Unterstützung für diese Initiative der Business-Gemeinde. Mehrere US-Bürger zeigten sich allerdings wütend über den Ruhetag, sie sagten, sie fühlten sich “schutzlos”, falls die Gewalt weiter zunimmt und ihre Evakuierung aus Haiti notwendig wird. In der Hauptstadt stieg die Spannung. Mehrere Pro-Aristide-Slums kündigten an, den Schließungen Widerstand zu leisten und den zehnten Jahrestag der Rückkehr des inzwischen abgesetzten Präsidenten Aristide nach Haiti (1994) mit Protesten zu begehen. Im September 1991 war Aristide durch einen brutalen Armee-Coup gestürzt worden. Am 15. Oktober 1994 kehrte er nach Haiti zurück. Clinton hatte 20 000 Soldaten für ‘Operation Restore Democracy’ (Operation Wiederherstellung der Demokratie) zur Verfügung gestellt. Die Aristide-Anhänger waren auf die heutigen Angriffe gefaßt - nachdem die US-gestützte Regierung und UN-Truppen während der letzten beiden Tage bewaffnete Einheiten des früheren Militärs ungehindert in die Hauptstadt gelassen hatten. Vertreter der Lavalas erhoben die Beschuldigung, es handle sich um einen “zweiten Coup”. Die UN mache sich zum Komplizen und erlaube den Ex-Militärs die Rückkehr zur Macht. Heute morgen eröffneten Ex-Militärs auf zwei Lastwagen das Feuer auf die Bewohner von Delmas 2, im Slum La Saline. Zudem wollen Beobachter gesehen haben, wie Militär an der Route Frere Straßensperren errichtete. Zwei Tage bevor die heutige Gewalt ausbrach, war ein katholischer Priester verhaftet worden: Vater Gerard Jean-Juste. Die Regierung wirft dem Pater vor, Waffen geschmuggelt und Bewaffneten in seiner Pfarrei Unterschlupf gewährt zu haben. Menschenrechtsorganisationen und Rechtsexperten verurteilen die “willkürliche” Festnahme. Die Behörden versuchten, politischen Dissens zu unterdrücken. Anfang der Woche hatten UN-Soldaten gemeinsam mit haitianischen Polizisten unzählige Razzien durchgeführt - in mehreren armen Stadtvierteln der Hauptstadt, von denen man weiß, daß sie pro Aristide sind. Hunderte wurden verhaftet, aber nur wenige Waffen konfisziert. Die Gewalt geht nun schon in die zweite Woche. In der Leichenhalle des General Hospital schlug man heute Nachmittag Alarm. Es gebe keinen Platz mehr für weitere Leichen, die Kapazitäten seien erschöpft. Quelle: ZNet Deutschland vom 22.10.2004. Übersetzt von: Andrea Noll. Orginalartikel: “Haiti Violence” Veröffentlicht amArtikel ausdruckenWeitere Artikel auf der Lebenshaus-WebSite zum Thema bzw. von |
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