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Offener Brief zur Kriegsführung im Irak an den US-Botschafter

In einem Offenen Brief hat sich die “Kooperation für den Frieden”, in der zahlreiche Friedensorganisationen mitwirken, an den US-Botschafter in der Bundesrepublik gewandt. Darin wird gegen die Kriegsführung im Irak protestiert und unter anderem die unverzügliche Beendigung der Militäroperationen in den irakischen Städten sowie die Festlegung eines festen Abzugstermins für die Okkupationstruppen mit Abschluss spätestens in einem Jahr gefordert! Weiter wird der US-Botschafter aufgefordert, für einen Wahlprozess ohne Beeinflussung durch ausländische Interessen im Irak Sorge zu tragen und das völkerrechtliche Verbot für Besatzungsmächte zu respektieren, die Ökonomie des besetzten Landes nach eigenen Vorstellungen zu gestalten oder gar zu eigenem Nutzen auszubeuten!

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Der Text des Briefes lautet wie folgt:

An
Seine Exzellenz den Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika
in der Bundesrepublik Deutschland
Herrn Daniel R. Coats
Neustädtische Kirchstr. 4-5
10117 Berlin

Offener Brief zur Kriegsführung im Irak

Sehr geehrter Herr Botschafter,

mit großer Sorge und Betroffenheit verfolgen wir die Nachrichten aus dem Irak, zuletzt insbesondere von der “Offensive”, die US-geführte Truppen in der Stadt Falludscha durchführen. Uns erreichte auch ein Hilfsappell von Bürgern dieser Stadt, mit dem sie den UN-Generalsekretär und die Weltöffentlichkeit um Unterstützung in ihrer schrecklichen Lage baten.

Wir haben den Eindruck gewonnen, dass die Kriegsführung der von den USA angeführten Besatzungstruppen in Falludscha wie im ganzen Land in erster Linie die unbewaffnete Zivilbevölkerung trifft. Sicher ist Ihnen die in der renommierten britischen Mediziner-Zeitschrift “Lancet” publizierte Untersuchung bekannt, nach der seit der Invasion im März 2003 mindestens 100.000 Menschen dem Krieg zum Opfer gefallen sind, die überwiegende Mehrheit davon durch Luft-Bombardements der Koalitionstruppen, und wiederum die weit überwiegende Mehrheit davon Zivilisten, v.a. Frauen und Kinder.

Mit Sicherheit ist Ihnen auch bekannt, dass die Genfer Konvention klare Schutzbestimmungen für die Zivilbevölkerung in Kriegszeiten vorsieht. Es erscheint offensichtlich, dass Ihre Regierung diese Konvention bei ihrem Vorgehen im Irak nicht respektiert, obwohl die USA zu den Unterzeichnerstaaten gehören. Es ist in diesem Zusammenhang für uns ein weiterer Grund zur Beunruhigung und Empörung, dass der designierte Justizminister, Herr Alberto Gonzales, Präsident Bush mit dem juristischen Rat versah, diese Konvention als obsolet zu betrachten!

Unsere Befürchtung ist, dass über das aktuelle, schreckliche Leid der betroffenen Bevölkerung und auch der verletzten und getöteten US-Soldaten hinaus durch das Vorgehen der USA und ihrer Verbündeten nicht etwa die Demokratie gefördert, sondern im Gegenteil dem internationalen Rechtssystem ein schwerer und dauerhafter Schaden zugefügt wird, und damit zivilisatorische Errungenschaften einen schweren Rückschlag erleiden.

Illegale Gefangenschaft und Folter, die von Ihrer Regierung zu verantworten sind, werden ein Übriges dazu beitragen, Hass zwischen der arabisch-islamischen Welt und dem Westen zu vertiefen, und damit terroristischen Gruppen weiteren Boden zu bereiten.

Aus unserer Sicht hat die US-Regierung mit dem Irakkrieg die UN-Charta und damit geltendes Völkerrecht gravierend verletzt, wie dies ja auch der UN-Generalsekretär konstatiert hat. Wir appellieren an Ihre Regierung, eine rasche Umkehr ihres verhängnisvollen Kurses in die Wege zu leiten. Als Menetekel sollte die Erinnerung an den grausamen Krieg in Vietnam dazu mahnen, nicht ein weiteres Mal die Arroganz der Macht walten zu lassen, und damit nicht zuletzt das Ansehen der Vereinigten Staaten in der Welt schwer zu beschädigen.

Größe liegt nicht in der maximalen Entfaltung militärischer Potenz, sondern in der Fähigkeit, Fehler zu erkennen und rechtzeitig zu korrigieren.

Deshalb bitten wir Sie, unseren Appell an die zuständigen Stellen Ihrer Regierung weiterzuleiten:

  • Beenden Sie unverzüglich die Militäroperationen in den irakischen Städten, ziehen Sie Ihre Truppen aus den Bevölkerungszentren zurück, und überlassen sie die öffentliche Sicherheit dort solchen irakischen Polizeikräften, die von der örtlichen Bevölkerung akzeptiert werden!
  • Erklären Sie einen festen Abzugstermin für die Okkupationstruppen, mit Abschluss spätestens in einem Jahr!
  • Tragen Sie dafür Sorge, dass ein Wahlprozess ohne Beeinflussung durch ausländische Interessen im Irak stattfinden kann, bei dem alle relevanten politischen Kräfte eine faire Chance erhalten, in die nationale Vertretung gewählt zu werden, eine Versammlung, die volle Souveränität für Verfassung und Gesetzgebung des Landes erhalten muß!
  • Respektieren sie das völkerrechtliche Verbot für Besatzungsmächte, die Ökonomie des besetzten Landes nach eigenen Vorstellungen zu gestalten, oder gar zu eigenem Nutzen auszubeuten!

Sehr geehrter Herr Botschafter, sicher wissen Sie, dass die deutsche und europäische Öffentlichkeit durch den von Ihrer Regierung unter Angabe nicht zutreffender Gründe geführten Irak-Krieg tief beunruhigt ist, und inzwischen eine Mehrheit der Europäer die US- Politik als eine Gefahr für den Weltfrieden einstuft.

Gleichzeitig gibt es vielfältige und bewährte Verbindungen, wichtige Gemeinsamkeiten und viel Sympathie und Bewunderung für die US-amerikanische Nation in unserem Land.

Wir wünschen uns für die Zukunft, dass wir nicht als Kriegs-Alliierte, sondern als Verbündete für friedliche Entwicklung gemeinsame Beiträge für die Weltgemeinschaft leisten können.

Hochachtungsvoll

Für die Kooperation für den Frieden

Matthias Jochheim (IPPNW) - gez. Kathrin Vogler (BSV)
Bonn, Berlin, den 22.11.2004

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Der Kooperation für den Frieden gehören an:

  • Aachener Friedenspreis;
  • Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF);
  • Aktionsgemeinschaft Friedenswoche Minden;
  • Antikriegsbündnis “Menschen für den Frieden Düsseldorf”;
  • Bildungs- und Begegnungsstätte für gewaltfreie Aktion KURVE Wustrow;
  • Bremer Aktion für Kinder (BAKI);
  • Bund demokratischer WissenschaftlerInnen (BdWi);
  • Bund für Soziale Verteidigung (BSV);
  • Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU);
  • Christen für gerechte Wirtschaftsordnung (CGW);
  • Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen(DFG/VK);
  • EUCOMmunity;
  • Evangelische Arbeitsgemeinschaft zur Betreuung von Kriegsdienstverweigerern (EAK);
  • Evangelisch-methodistische Kirche in Deutschland - Friedensausschüsse;
  • Frauennetzwerk für Frieden e.V.;
  • Forum Ziviler Friedensdienst (forumZFD);
  • Friedensforum Münster; Friedensinititiative Nottuln e.V.;
  • Friedensgruppe Altenholz;
  • Friedensrat Müllheim;
  • Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Hauptvorstand;
  • Internationale JuristInnen gegen ABC-Waffen (IALANA);
  • Infostelle für Friedensarbeit, Meckenheim;
  • Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges / Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW);
  • Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit (IFFF);
  • Internationaler Versöhnungsbund - deutsche Sektion;
  • Komitee für Grundrechte und Demokratie;
  • Koordinierungsausschuss der Friedensbewegung in der Region Ingolstadt;
  • Leserinitiative Publik e.V.;
  • Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V.;
  • Mönchengladbacher Friedensforum;
  • NaturwissenschaftlerInnen-Initiative “Verantwortung für Frieden und Zukunftsfähigkeit”;
  • Netzwerk Friedenskooperative;
  • Netzwerk Friedenssteuer;
  • Ökumenisches Friedensnetz Düsseldorfer Christinnen und Christen;
  • Ökumenisches Zentrum für Umwelt-, Friedens- und Eine-Welt-Arbeit, Berlin;
  • Pädagoginnen und Pädagogen für den Frieden (PPF);
  • Pax Christi - Deutsche Sektion;
  • Rhöner Friedenswerkstatt im UNESCO-Biosphärenreservat, Künzell;
  • Ver.di-Jugend;
  • Werkstatt für Gewaltfreie Aktion, Baden

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Quelle: Kooperation für den Frieden

Veröffentlicht am

12. Dezember 2004

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