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Deutschland missachtet weiterhin Kinderrechte

GRIPS Theater, GEW Berlin, Flüchtlingsrat Berlin und PRO ASYL starten Aktionsprogramm “Hier geblieben!”
Einsatz für ein Bleiberecht von Flüchtlingskindern und -jugendlichen

Am 5. April jährt sich die Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention durch Deutschland zum 13. Mal. Den Jahrestag nehmen das GRIPS Theater Berlin, die GEW Berlin, der Flüchtlingsrat Berlin und PRO ASYL zum Anlass, ihr gemeinsames Aktionsprogramm “Hier geblieben!” vorzustellen. Bei einer Pressekonferenz in Berlin - um fünf vor zwölf - fällt der Startschuss für eine Reihe von Aktionen, mit denen sich die Initiatoren für ein Bleiberecht, von Kindern und Jugendlichen einsetzen. Zu Wort kommen neben den Trägern der Kampagne insbesondere Schülerinnen und Schüler einer Berliner Klasse, die sich gegen die Abschiebung ihrer bosnischen Mitschülerin eingesetzt haben.

In Deutschland leben Zehntausende Kinder und Jugendliche zum Teil seit vielen Jahren ohne ein gesichertes Aufenthaltsrecht in ständiger Angst vor der Abschiebung - Flüchtlingskinder mit ihren Familien oder solche, die allein nach Deutschland gekommen sind.

Im Zentrum der Aktion steht ein an die Innenministerkonferenz gerichteter Appell von Kindern, Jugendlichen und Kulturschaffenden für ein Bleiberecht für “geduldete” Kinder und ihre Familien sowie die vollständige Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention. Auf in Schulen verteilten ANSICHTS-Karten können Kinder und Jugendliche ihre Meinung zu diesem Appell schriftlich oder bildnerisch äußern.

Das GRIPS Theater hat zum Thema ein Theaterstück entwickelt, das zunächst an Berliner Schulen und dann zur nächsten Innenministerkonferenz im Juni in Stuttgart aufgeführt wird. Bundesweit sind alle Kinder- und Jugendtheater gebeten worden, sich an der Aktion zu beteiligen und - gemeinsam mit Schulen - ähnliche Aktionen durchzuführen.

Bei der Berliner Auftaktpressekonferenz kritisieren die Initiatoren der Aktion den nachlässigen Umgang der Bundesregierung mit internationalem Recht. Entschließungen des deutschen Bundestages zur Umsetzung der Kinderrechtskonvention sind bislang folgenlos geblieben. Auch das Zuwanderungsgesetz hat an der Situation von Kinderflüchtlingen praktisch nichts geändert.

Heiko Kauffmann (Rede siehe unten), Vorstandsmitglied von PRO ASYL, stellt deshalb einen von PRO ASYL vorbereiteten aktuellen Gesetzentwurf vor, mit dem die UN-Kinderrechtskonvention in nationales Recht umgesetzt werden könnte. Die Umsetzung der Kinderrechtskonvention in Deutschland ist ein wichtiger Baustein für eine humanitäre Lösung des drängenden Problems der über viele Jahre hinweg geduldeten Kinder und Jugendlichen. “Wer im Geiste dieser Konvention handelt, kann Kindern und Jugendlichen, die in Deutschland leben und aufgewachsen sind, ein Bleiberecht nicht verweigern!” so Kauffmann.

Weitere Informationen zur Kampagne unter www.hier.geblieben.net oder über die Geschäftsstelle des Berliner Flüchtlingsrates: 030 / 24344-5762.


Pressekonferenz zum Start des gemeinsamen Aktionsprogramms “Hier geblieben!” für das Bleiberecht von Kindern und Jugendlichen

Im Geiste der Kinderrechtskonvention handeln: Kindern und Jugendlichen, die in Deutschland leben und aufgewachsen sind, darf ein Bleiberecht nicht verweigert werden.

Redebeitrag von Heiko Kauffmann, Vorstandsmitglied von PRO ASYL

Den heutigen 13. Jahrestag der Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention (KRK) nehme ich zum Anlass, Kritik am nachlässigen Umgang der Bundesregierung mit internationalem Recht zu üben. Die Verbesserung der Situation von Kinderflüchtlingen steht nach wie vor auf der Tagesordnung. Für die Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL appelliere ich an die Bundesregierung, an die Fraktionen und an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, die Vorbehaltserklärung zur UN-KRK endlich zurückzunehmen und gesetzliche Regelungen zu schaffen, die die Situation von Kinderflüchtlingen verbessern. Die Vorarbeiten haben wir geleistet. Ein konkreter aktueller Vorschlag für Gesetzesänderungen liegt den Fraktionen und den zuständigen Bundestagsausschüssen vor.

Wir begrüßen, dass der Bundestag im April in erster Lesung die Anträge der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen (Drucksache 15/4524) sowie der FDP (Drucksache 15/2419) zur UN-KRK beraten wird. Allerdings müssen wir an die inzwischen vier folgenlosen Entschließungen des Deutschen Bundestages erinnern, sowie weitere zahlreiche Beschlussempfehlungen parlamentarischer Gremien. Die Bundesregierung ist diesen in den letzten Jahren in keinem Fall nachgekommen.

Als Vertreter einer Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisation, die es seit vielen Jahren für die Rechte aller Kinder und Jugendlichen einsetzt, bin ich empört über die Folgenlosigkeit der bisherigen Parlamentsbeschlüsse. Sie zeigen einen nachlässigen Umgang mit internationalem Recht. Dass die Exekutive sich ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen immer wieder entzieht, kann nicht hingenommen werden. So werden den hier lebenden Flüchtlingskindern Schutznormen weiterhin vorenthalten. Mehrfach hat das Innenministerium die Kritiker des Stillstands darauf verwiesen, dass die Zustimmung bzw. das Einvernehmen mit den Ländern nötig sei. Tatsache ist aber, dass der Bund über eine grundlegende Entscheidungskompetenz in dieser Frage verfügt, wie dies ein Gutachten von Dr. Erich Peter im Jahr 2002 schon geklärt hat.

Die Abgeordneten und die Fraktionen des Bundestages sollten es nicht länger zulassen, dass die Exekutive die Verantwortung für die fortgesetzte völkerrechtswidrige Verletzung der Menschenrechte von Kindern auf die Bundesländer abschieben kann.

Es ist Zeit für eine nationale Gesetzgebungsinitiative. PRO ASYL hat bereits in der letzten Legislaturperiode einen Gesetzentwurf vorgelegt, der auf positive Empfehlungen des Petitionsausschusses aus dem September 2001 zurück griff und diese in ein Gesetz überführte.

Auch dass seit dem 1. Januar 2005 geltende Zuwanderungsgesetz ist nicht angemessen auf die Situation von Kinderflüchtlingen eingegangen. Wieder wurde die Kinderrechtskonvention nicht in nationales Recht umgesetzt. PRO ASYL hat deshalb auf der Basis des Zuwanderungsgesetzes einen neuen Entwurf für eine Gesetzesänderung gestartet. Diesen haben wir mit der Bitte, aktiv zu werden, an die Vorsitzenden der Fraktionen und der sechs mit dem Thema befassten Ausschüsse geschickt. Alle Mitglieder des Menschenrechts- und des Petitionsausschusses wie der Kinderkommission des Deutschen Bundestages haben wir gebeten, sich dafür einzusetzen, dass die notwendigen gesetzlichen Korrekturen endlich vorgenommen werden.

Auch 13 Jahre nach der Ratifizierung der Kinderrechtskonvention sind Abschiebungen von Kindern und Jugendlichen, die in Deutschland leben und aufgewachsen sind, leider noch an der Tagesordnung. Es besteht dringender politischer Handlungsbedarf. PRO ASYL hat auch im Rahmen seiner Bleiberechtskampagne auf die besonders schwierige Situation von Flüchtlingskindern, gerade auch der unbegleiteten Minderjährigen, hingewiesen. Die gesetzliche Umsetzung der Kinderrechtskonvention in Deutschland ist ein wichtiger Baustein für eine humane Lösung dieses dringenden Problems. Wer im Geiste dieser Konvention handelt, kann Kindern und Jugendlichen, die in Deutschland leben und aufgewachsen sind, ein Bleiberecht nicht verweigern!

Quelle: PRO ASYL e.V. vom 05.04.2005.

Veröffentlicht am

08. April 2005

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