Präventiv-willkürlich eingehegtes Demonstrationsrecht auf bayrische ArtAuch die KritikerInnen des Gebirgsjägertreffens in Mittenwald haben ein DemonstrationsrechtÜberall in der Bundesrepublik wird in den letzten Monaten der Befreiung von Krieg und Faschismus gedacht. In Mittenwald dagegen feiern die Gebirgsjäger ungebrochen ihre Tradition, zu der Kriegsverbrechen in Griechenland, Italien und anderswo gehören. Seit 1952 trifft sich alljährlich zu Pfingsten in Mittenwald der Kameradenkreis Gebirgstruppe, der sich aus Veteranen der Wehrmacht und SS, aus Reservisten und Aktiven der Bundeswehr zusammensetzt. Edmund Stoiber hat dieses Treffen einmal als “unangreifbare Traditionspflege” bezeichnet. Gepflegt wird die verdrehende Erinnerung an die kriegerischen Heldentaten. Verharmlost und geleugnet werden die Verbrechen der Wehrmacht, die aus diesem Kreis begangen wurden. Gebirgsjäger haben während des Zweiten Weltkriegs in ganz Europa Kriegsverbrechen verübt. Zum vierten Mal hat der “Arbeitskreis angreifbare Traditionspflege” und andere dieses Jahr zum Protest gegen diese Veranstaltung aufgerufen. Er fordert, dass die Erinnerung an die Opfer an diesem Ort lebendig und der Greueltaten gedacht wird. Er fordert den Ausschluss der Kriegsverbrecher aus dem Kameradenkreis und die strafrechtliche Verfolgung der noch lebenden NS-Kriegsverbrecher. Sie haben auch dieses Jahr zu einem Zeitzeugen-Hearing - mit Überlebenden der Massaker der Gebirgstruppe - eingeladen. Demonstrationen, Kundgebungen und Gottesdienste sollten die Öffentlichkeit über Geschichte und Gegenwart informieren. Doch den Zeitzeugen der Todesmärsche, den Überlebenden der Konzentrationlager steht in Mittenwald noch nicht einmal angemessener Raum zur Verfügung. Denjenigen, die die Erinnerung an die Kriegsverbrechen wachhalten und der Opfer gedenken, werden die Möglichkeiten, sich zu versammeln und ihre Meinung öffentlich kundzutun, in unerträglichem Maße beschnitten.
Schon an den Vortagen wurden die Versammlungen der Anhänger der “angreifbaren Traditionspflege” autoritär-staatssichernd eingehegt.
Insgesamt wurde ein vordemokratisch-autoritäres Grundrechtsverständnis deutlich. Versammlungen wurden grundsätzlich als potentielle Gefährdungen aufgefasst, die es präventiv polizeilich zu kontrollieren, zu überwachen und einzuschüchtern gelte. Wer sein Grundrecht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit in Anspruch nimmt, gilt als Störer und Störerin, als potentielle StaftäterIn und hat diesem polizeilich-politischen Verständnis gemäß seine Freiheitsrechte schon verwirkt. In all diesem machtvollen Auftreten bleibt nur ein positives Moment zu benennen: Fast durchgängig waren PolizeibeamtInnen bereit, auf Nachfrage Name und Einheit zu nennen. Fast mit Erstaunen musste man angesichts solch autoritären Auftretens der Polizei die Reaktionen der Protestierenden beobachten. Gegenüber all diesen Zumutungen und Übergriffen verhielten sie sich durchweg äußerst gelassen und humorvoll-verwundert. Konzentriert darauf, ihr Anliegen zum Ausdruck zu bringen, die begangenen Verbrechen an- und eine verantwortlichen Umgang mit der Geschichte einzuklagen, ließen sie sich nicht provozieren. Quelle: Komitee für Grundrechte und Demokratie - Elke Steven, Pressemitteilungen vom 11. und 16.05.2005 Siehe ebenfalls: Veröffentlicht amArtikel ausdruckenWeitere Artikel auf der Lebenshaus-WebSite zum Thema bzw. von |
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