Gegen Unrecht kann man nicht kämpfen, indem man darüber schweigtZur gegenwärtigen Lage in Israel-Palästina“Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost (Österreich)” / “Frauen in Schwarz (Wien)” - Rundschreiben Nr. 1 (April 2005) Die von vielen erhoffte israelisch-palästinensische Annäherung lässt weiter auf sich warten. Zwei Monate nach dem Treffen zwischen Ariel Sharon und Mahmoud Abbas in Sharm-el-Sheikh hat sich nur wenig bewegt. In den ersten hundert Tagen der Präsidentschaft Abbas’, haben weder Israel noch die USA den Palästinensern nennenswerte konkrete Zugeständnisse gemacht oder in Aussicht gestellt. Die Palästinenser erwarteten Erleichterungen in ihrem täglichen Leben, doch der israelische Siedlungs- und Sperrmauerbau geht weiter. Luftaufnahmen des israelischen Verteidigungsministeriums liefern neue Beweise, dass die Regierung die Erweiterung von Siedlungen im besetzten Westjordanland zügig vorantreibt. Die israelische Tageszeitung “Haaretz” berichtete in ihrer Wochenendausgabe vom 18.März 2005, dass Luftaufnahmen aus dem Sommer 2004 und jetzt erneut umfangreichen Siedlungsbau bezeugen. Dies bestätigt die Befürchtungen der Palästinenser, dass Ariel Sharon den Trubel um die Evakuierung von 7-8000 jüdischer Siedler aus dem Gazastreifen nutzt, um zusätzliches Land in Westjordanien unter israelische Kontrolle zu bringen. Diese Erweiterung von Siedlungen ist auch ein Bruch mit der von den USA 2003 ergriffenen Friedensinitiative, der sogenannten “road map”, gemäß welcher Israel sich verpflichtete die Siedlungserweiterungen völlig einzustellen (Guardian Weekly, London, 25.-31.März 2005). Ferner hatte Israel bei dem Gipfeltreffen in Sharm-el-Sheikh zugesagt, alle Siedlungen aufzulösen, die seit März 2001 errichtet worden sind. Am 8.März wurde dem israelischen Ministerpräsidenten ein von seiner Regierung in Auftrag gegebener Bericht über illegale Siedlungsaktivitäten überreicht, in dem die Verfasserin Talia Sasson scharfe Kritik an Staatsstellen, die dies unautorisiert gefördert hatten, übt und damit die Anschuldigungen der israelischen Friedensbewegungen größtenteils bestätigt. Sie wirft mehreren Regierungsämtern flagrante Missachtung des geltenden Rechts vor. Obwohl die sogenannten “Außenposten”, die im Westjordanland ohne Genehmigungen aus dem Boden gestampft, von rechtlichen Instanzen als illegal bezeichnet werden, erhalten viele von ihnen erhebliche Unterstützung aus öffentlichen Geldern von diversen Ministerien. (Gemeint sind hier “wilde” Wohnwagensiedlungen, nicht die ebenfalls völkerrechtswidrigen Großsiedlungen - “Die Presse”, Wien, 10.04.2005). Die häufig auf privaten palästinensischen Grundstücken erstellten Außenposten dienen als Vorstufe für Siedlungserweiterungen und für die Gründung neuer Siedlungen. Die Errichtung von Siedlungen ist ohne Wissen und Billigung der israelischen Regierung nicht möglich! Den Palästinensern geht es aber nicht nur um die Enteignung ihres Landes. Die auf strategischen Hügeln erstellten Niederlassungen verhindern die Kontinuität der palästinensischen Gebiete und machen daher die Lebensfähigkeit eines künftigen palästinensischen Staates unmöglich. Laut der israelischen Friedensgruppe “Peace Now” gibt es etwa über hundert solcher illegaler Außenposten. Führer und Sprecher der Siedlerbewegung versuchen gar nicht erst die Gegebenheiten zu leugnen. Im Gegenteil, sie brüsten sich mit der Tatsache, dass sogar im Gazastreifen, wenige Monate vor der geplanten Räumung, die Bauaktivitäten unvermindert anhalten (Neue Zürcher Zeitung, 9. März 2005). Inzwischen ging die israelische Regierung einen Schritt weiter. Wie der israelische Korrespondent der Wiener Zeitung “Der Standard”, Ben Segenreich, am 22. März 2005 berichtete, treibt Israel mit dem Segen von Premier Ariel Sharon jetzt alte Pläne der östlich von Jerusalem gelegenen Siedlung Maale Adumim voran. Eine neue Zone “E-1” ist in der Absicht geplant, Jerusalem und die große Satellitensiedlung Maale Adumim, die über 30.000 Einwohner zählt, zusammenwachsen zu lassen und so die künftige Grenzziehung vorwegzunehmen. Zugleich wäre damit aber die territoriale Kontinuität eines Palästinenserstaates äußerst beeinträchtigt. Bei einem Treffen am 11.April 2005 hat US-Präsident Bush den israelischen Regierungschef Sharon einmal mehr ermahnt, die Bestimmungen des internationalen Friedensplans, der “road map”, einzuhalten und die Siedlungstätigkeit in den besetzten Palästinensergebieten zu stoppen. Wie Bush anschließend vor der Presse erklärte, seien illegal errichtete Außenposten abzubrechen und alles zu unterlassen, was der “road map” zuwiderlaufe. Sharon gelobte, sich an den Friedensplan zu halten und namentlich die unbewilligten Außenposten zu beseitigen (Neue Zürcher Zeitung,12. April 2005). Ermahnungen von Präsident Bush gab es bereits in der Vergangenheit; sie blieben aber reine Lippenbekenntnisse, denn er hatte ja Sharon die Annexion weiter Teile des Westjordanlandes zugestanden. Die Europäische Union hat ebenfalls Israel aus diesen Gründen einen Bruch des Nahost-Friedensplans vorgeworfen. Das Projekt (E-1) gebe Anlass zu tiefer Sorge, sagte der EU-Chefdiplomat Javier Solana. Auch US-Außenministerin Condoleezza Rice kritisierte Israel. Die Erklärungen Israels hiezu (zur Erweiterung) seien keine “befriedigende Antwort” (“Der Standard”, Wien, 26.03.2005). Wie aber Sharon in einer Pressekonferenz erklärte, sei es “der Standpunkt Israels, dass die großen Siedlungen (im Westjordanland) bei einem künftigen endgültigen Abkommen in israelischer Hand bleiben werden” und “mit allen nach sich ziehenden Konsequenzen”, fügte er unverblümt hinzu. An diesem 11. April 2005 gab Sharon dem Sender NBC-TV an, dass - trotz gegenteiliger US-Erklärungen - , die “road map” Israel nicht zu einem sofortigen Siedlungsstop verpflichte. Auch die in Genf tagende Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen verabschiedete am 14.04.2005 mit 39 gegen zwei Stimmen (USA und Australien) eine Resolution, die von Israel den sofortigen Siedlungsstop in den besetzten Gebieten verlangte. In einer zweiten Resolution wurde Israel aufgefordert, Gewaltanwendung gegen palästinensische Zivilpersonen einzustellen. Unter anderem wurden außergerichtliche Tötungen und der Bau der Sperrmauer verurteilt. Die Resolution wurde mit 229 gegen zehn Stimmen verabschiedet. Der Abzugsplan Israels aus dem Gazastreifen - der übrigens aus religiösen Gründen von Juli auf Mitte August 2005 verschoben wurde - zeigt bereits Auswirkungen auf die Lage der palästinensischen Bevölkerung im Westjordanland. Der palästinensische Politiker Saeb Erakat, der für die Verhandlungen mit Israel zuständig ist, erklärte: “Während die Israelis von der Aufgabe von 2100 Wohneinheiten im Gazastreifen sprechen, bauen sie dreimal so viele auf palästinensischem Land in Westjordanien” (“Le Monde”, 20.04.2005). Der obengenannte Erweiterungsplan “E-1”, falls durchgeführt, wird von Jerusalem quer durch das Westjordanland bis nach Jericho reichen und auf diese Weise einen Keil zwischen dem Norden und dem Süden treiben, was die bereits sehr begrenzte Bewegungsfreiheit der Palästinenser in ihrem eigenen Land noch weiter einschränkt und einen künftigen palästinensische Staat noch mehr in Frage stellt (Dror Etkes, israelischer Friedensaktivist in “Le Monde”,12.04.2005). Darauf angesprochen, erwähnte Sharon die Möglichkeit eines Tunnelbaus, der die beiden Hälften verbinden sollte…. Inzwischen wird der Mauerbau, dessen Verlauf durch palästinensisches Gebiet vom Internationalen Gerichtshof in Den Haag als eklatante und schwerwiegende Verletzung des Völkerrechts verurteilt wurde, fortgesetzt. Nach Daten der Vereinten Nationen werden 237.000 Palästinenser zwischen der Mauer und der “grünen Linie” (die Grenze zwischen dem Westjordanland und Israel bis 1967) gefangen sein. Weitere 160.000 werden auf palästinensischer Seite bleiben, aber von ihren Feldern abgeschnitten sein. Orte wie Tulkarem, Qalqilia werden zu Geisterstädten. Viele Stadt- und Landbewohner haben bereits ihre Häuser verlassen und suchen in der Mitte des Westjordanlandes eine Existenzmöglichkeit (“Jedioth Achronot,” Tel Aviv,13.04.2005). Nach einem Bericht des Fernsehsenders “Al Jazeera”, - der auf einem Artikel im israelischen “Haaretz” beruht - plant die israelische Armee den Bau einer Mauer in Hebron - einer Stadt in der 400 jüdische Siedler inmitten von 170.000 Palästinensern leben - mit der Absicht die Stadt zu teilen. Diese Mauer würde die 30.000 in der Altstadt wohnenden Palästinensern isolieren und gleichzeitig eine der ältesten Städte der Welt verschandeln. In einem Radiointerview am 21.04.2005 erklärte Sharon, dass er als Vorbedingung zu einer Verhandlung über die “road map” von den Palästinensern die Beendigung des Terrorismus und der Aufrufe zu Gewalttätigkeit fordere. Dies ist ein immer wiederkehrendes Argument Israels: Sharon gibt sich verhandlungsbereit, wenn die Palästinenser die Gewalt beenden. Gleichzeitig aber wird die staatliche Gewaltpolitik Israels durch seine Armee und die fortwährende Annexion palästinensischen Landes weiter fortgetrieben. Es wird verschwiegen, dass die Gewalt seitens der Palästinenser die Folge einer 38-jährigen Besatzungspolitik ist. Obwohl die “road map” ebenfalls ein Ende des Terrorismus fordert, wird dort gleichzeitig Israel zu einem Stop des Siedlungsbaus aufgerufen (“Le Monde”, 22.04.2005). Darüber setzt sich Sharon aber hinweg. Weiters fordert er ständig die völlige Entwaffnung aller palästinensischer Zivilisten, aber nie die der hunderttausenden schwerbewaffneten Siedler. Wie “Le Monde” vom 06.05.2005 kommentierte, “klänge Sharon glaubwürdiger, hielte er seinen Teil der Verpflichtungen, nämlich die Einstellung des Siedlungsbaus, ein. Angesichts ihres höchst ungleichen Kräfteverhältnisses, scheinen Sharon nicht willens und Abbas außerstande, dem auf einem toten Punkt angelangten Friedensplan einen neuen Impuls zu geben.” In einem Interview mit der Zeitung “Haaretz”, ebenfalls am 21.04.2005, sprach Sharon von seinem Plan tausende weitere Wohneinheiten im Westjordanland entstehen zu lassen. Gleichzeitig erklärte er am 22.04.2005, dass nach Aufgabe des Gazastreifens keine weiteren Siedlungsräumungen erfolgen werden. Weiters sehe er sich durchwegs imstande, keinem internationalen Druck nachzugeben, - wohl als Zugeständnis an die 250.000 israelischen Siedler im Westjordanland, die nach dem Abzug aus Gaza um ihre eigene Zukunft besorgt sind. Wie die israelische Historikerin, Idith Zertal, kürzlich in einem Interview mit “Le Monde” erwähnte, sind diese Siedlungen und ihr weiteres Überhandnehmen das eigentliche Problem und das Haupthindernis für die Schaffung eines palästinensischen Staates. Die Zahl der Siedler beträgt zwar nur 5% der israelischen Bevölkerung, doch ist ihr Einfluss ungleich größer, zumal sie in der Armee, im Justizapparat und in gewissen Medien unverhältnismäßig präsent sind. Aggressiv, bewaffnet und bestens organisiert, vertreten viele von ihnen eine messianistische politische Ideologie, die in krassem Gegensatz zu den demokratischen Prinzipien steht, zu denen sich der Staat Israel formal bekennt. Doch wenn die israelische Regierung und ihre Armee gegen die Siedler und ihren Einfluss vorgehen wollte, würde sie es tun. Sie tut es nicht, sie verwendet sie für ihre Annexionspolitik. Einer der häufigsten Vorwürfe Israels an die palästinensischen Medien und politischen Gruppierungen ist, dass sie Hass und Aufstachelung zu Gewalt predigen. Ein Volk, das tagtäglich Enteignungen, Misshandlungen, Demütigungen, physischen Verletzungen und sogar Ermordungen ausgesetzt ist, kann wohl kaum Sympathie für seine Besatzer aufbringen. Hass gegen die Palästinenser gibt es, nicht nur aufgrund der Selbstmordattentate, - obwohl nicht ein ganzes Volk für diese Handlungen verantwortlich gemacht werden kann - auch seitens vieler Israelis. Der Umstand, dass sich die Palästinenser überhaupt gegen die Besatzung, oft mit Waffen, wehren, ist für die meisten Israelis, die die Gründe dafür nicht hinterfragen, völlig unannehmbar. So bezeichnete Yechiel Hazan, Abgeordneter der Regierungspartei, des Likud, in einer Rede im Parlament am 13.12.2004 die Araber als “Würmer überall wo sie sich befinden…Solange wir nicht begriffen haben, dass wir es mit einer Nation von Mördern und Terroristen zu tun haben, wird es keine Ruhe geben”. Hazan ist im Parlament der Vorsitzende des Siedlerrates von Judäa und Samarien, d.h. des Westjordanlandes (berichtet in “Le Monde”). Er lehnte es ab der Aufforderung des Sitzungspräsidenten Folge zu leisten. Graffiti wie “Tod den Arabern” sind auf Häuserwänden z.B. in Hebron zu sehen und immer wieder bei israelischen Demonstrationen zu hören. Die Wut der Siedler richtet sich auch gegen israelische und internationale Friedensaktivisten, die sich mit den Palästinensern solidarisieren und ihnen z.B. bei der Olivenernte helfen. Sie werden von Siedlern bedroht, angegriffen und vertrieben, oft mit Unterstützung von Soldaten, die doch eigentlich die palästinensischen Bauern auf ihrem Grund und Boden schützen müsste. Ariel Sharon ergeht sich zwar nicht in Schimpftiraden wie der Abgeordnete seiner Partei, aber wie “Haaretz” kürzlich berichtete, erklärte er, “die Araber seien feindselig und gefährlich. Es wird viele Jahre brauchen, bis der Konflikt gelöst werden kann. Der Friede mit Ägypten und Jordanien ist ein Friede zwischen Regierungen. Ihre Völker lehnen uns ab. Das Grundproblem ist, dass die Araber nicht bereit sind, das Recht des jüdischen Volkes auf einen unabhängigen Staat anzuerkennen, in einem Land, das die Wiege des jüdischen Volkes ist….. Meine Eltern brachten mir bei, dass die Juden alle Rechte auf dieses Land haben und nur sie haben das Recht, wem auch immer in diesem Land Rechte zu genehmigen…. es muss unterschieden werden zwischen den Rechten “auf dieses Land” von denen “in diesem Land”. (“Courier International”, Paris, 28.04. - 3.05.2005). In Anbetracht dieser Einstellung ist es kaum verwunderlich, wenn die Forderungen der arabischen Bürger Israels nach Gleichbehandlung auf taube Ohren stoßen und die palästinensischen Verhandlungspartner wohl kaum als gleichwertig angesehen werden. Wie die Zeitung “Haaretz” vom 7.03.2005 schrieb, ist in den palästinensischen Medien ein auffallender Wandel zu bemerken: die anti-israelische Hetze gehört der Vergangenheit an. Andrerseits berichtet die palästinensische Presse - aber auch manche israelische Zeitungen - täglich ausführlich von gewalttätigen Vorfällen, bezeugt von Photos, seitens der israelischen Armee und der Siedler im Westjordanland und in Gaza. Einige Beispiele: Kinder und Jugendliche, die verletzt und auch getötet werden, - mit genauen Orts- und Zeitangaben, - Zerstörung von Olivenhainen durch Bulldozer, Straßenbau von Siedlern auf palästinensischem Privatbesitz, Vertreibung von Bewohnern aus ihren Häusern, in denen Militärposten errichtet werden, willkürliche Ausgehverbote in Dörfern und Kleinstädten. Weiters: 40 Studenten einer religiösen Schule (Yeshiwah) überfielen acht palästinensische Arbeiter und fügten ihnen Verletzungen zu; Arbeiter, die bei Ramallah in einer jüdischen Siedlung arbeiteten, wurden von solchen Studenten attackiert und nach Polizeiberichten beinahe gelyncht (berichtet von “Haaretz”). Erst vorletzte Woche attackierten maskierte Siedler in mehreren Orten Menschen und Wohnhäuser. Am 7. April 2005 erschossen private Sicherheitsleute der Siedler im Dorf Deir Ballut vier Mitglieder einer palästinensischen Familie, die auf ihren Feldern arbeiteten. Beim Bau der Sperrmauer kommt es häufig zu dramatischen Szenen. Bauern, die sich gegen die Enteignung ihres Landes widersetzen, klammern sich physisch an der Erde fest und müssen mit Gewalt entfernt werden. Eine friedfertige Protestaktion gegen den Mauerbau am 28.04.2005 in Bil’ in westlich von Ramallah, an der an die 1000 Palästinenser und 200 israelische Friedensaktivisten teilnahmen, versuchten Sicherheitskräfte mit Gewalt zu sprengen. Außer Tränengas wurde dabei zum ersten Mal ein neuer Typ von Geschossen verwendet, die - mit Salz, Pfeffer und anderen Substanzen versehen - besonders schmerzhafte Wunden zufügen. Die israelische Tageszeitung “Maariv” vom 30.04.2005 bezeichnete es als äußerst schockierend, dass, wie aus Filmaufnahmen hervorgeht, israelische, als Araber getarnte Polizeiagenten, sich unter die Demonstranten mischten und die Soldaten mit Steinen bewarfen, um diese zu Gewaltanwendung zu provozieren (“Maariv” (hebräisch: “undercover police “demonstrating” against the fence”, http://www.nrg.co.il/on line/1/ART/ 927/ 720. htm1). Bei den häufigen gewalttätigen Demonstrationen gegen Polizei und Armee seitens der Siedler hingegen werden solche Mittel nie eingesetzt. Zahlreiche palästinensische Dörfer sind durch den Bau der Mauer von ihren Wasserressourcen abgeschnitten. Die Bewohner sind gezwungen Wasser von Zisternenlastwagen zu kaufen, wofür ihnen meist die Mittel fehlen oder sind von Hilfsorganisationen abhängig, die sie nur zu einem geringen Maß mit Wasser versorgen können. Darauf befragt, gibt die israelische Regierung kein Kommentar. (TV-ARTE, 22.03.2005). Die Zeitung “Haaretz” vom 11.04.2005 berichtet von einer israelischen behördlichen Entscheidung einen Steinbruch nahe der Stadt Nablus im Westjordanland als Müllhalde zu verwenden, in der monatlich 10.000 Tonnen Müll aus Israel abgeladen werden sollen. Wie Yossi Sarid, früherer Minister für Umweltschutz, dazu sagte, “verbietet Israel den Palästinensern den Steinbruch und seine Ressourcen zu nutzen, andrerseits geben wir ihnen als Gegenleistung Sharons Müll. Ich sehe dies als einen Bruch internationaler Verträge”. Nach einem Bericht von “Amnesty International”, wurden auf Feldern palästinensischer Dörfer südlich von Hebron giftige chemische Substanzen verstreut. Die dort grasenden Herden mussten unter Quarantäne gestellt werden, da das Fleisch und die Milch dieser Tiere als Folge ungenießbar und daher die Existenzgrundlage der Bauern gefährdet wurde. Die israelische Naturschutzbehörde bestätigte, dass es sich um große Mengen dieser Giftstoffe handelte, - und dies in einer Region unter israelischer Kontrolle. Angesichts dieser und anderer täglicher Vorfälle, bedarf es keiner besonderen Hetze palästinensischer Medien, die Bevölkerung zu Hass und Feindseligkeit gegenüber Israel aufzuwiegeln. Die Not und die Drangsal, denen sie täglich ausgesetzt ist, sprechen für sich. Die in allen Weltmedien von Israel verbreiteten Meldungen des Abzugs seiner Armee aus den zwei Städten Jericho und Tulkarem als erster Schritt zum Frieden ist, wie “Le Monde” vom 18.03.2005 berichtete, nichts weiter als eine “Inszenierung” einer scheinbaren internen Autonomie, insofern als die israelischen Militärkontrollposten, die “check-points”, an den Ausfahrtsstraßen der Städte um einige Kilometer verschoben wurden, an denen das Militär auch die Zugänge kontrolliert. Die bereits 38 Jahre andauernde israelische Besatzungspolitik ist für Israel wirtschaftlich - wie auch moralisch - äußerst kostspielig. Wie aus einem im März veröffentlichten Oxfam-Bericht (Oxford Committee for Famine Relief) hervorgeht, haben die Kosten der Besiedlung palästinensischen Landes und die damit verbundenen Militärausgaben Unsummen verschlungen. Ferner haben die zwei Intifadas - die Aufstände der Palästinenser Ende der 80er Jahre und seit dem Jahr 2000 - , der Niedergang des Tourismus und das Fehlen ausländischer Investitionen, die israelische Wirtschaft schwer geschädigt (“Guardian Weekly”, 4.-10.04.2005 ). Nach einem Bericht des Tel Aviver “Adva Centre”, welches wirtschaftliche und soziale Trends verfolgt, hat “die zweite Intifada das Wirtschaftswachstum stark gehemmt, den Lebensstandard der Israelis gesenkt, die Sozialleistungen reduziert und dadurch die Armut ganzer Bevölkerungsschichten vergrößert. Dazu kommen der Verlust von 4000 Menschenleben auf beiden Seiten (ungefähr 3000 Palästinenser und 1000 Israelis), politische Instabilität, d.h. fünf Regierungswechsel und der politisch motivierte Mord an Premierminister Yitzchak Rabin”. Der Siedlungsbau und zuletzt der Bau der Sperrmauer verschlangen - und verschlingen weiter - Milliarden Dollars, zu denen, wie der Bericht ausführt, hohe Kosten von Subsidien und von Militärausgaben zugerechnet werden müssen. Seit 1987 haben die diversen Regierungen mit zusätzlichen 6.5 Milliarden Dollars aufgrund von “Ereignissen in den besetzten Gebieten” das reguläre Militärbudget erhöht. Um dies zu ermöglichen werden fortlaufend die Ausgaben für das Gesundheits- und Erziehungswesen und für die soziale Sicherheit erheblich gekürzt. Die Kosten der Besatzung werden mit den Kompensationen, die den aus Gaza evakuierten Siedlern versprochen wurden, weiter ansteigen. Die Besatzungspolitik bleibt nicht ohne Folgen moralischer Natur für die israelische Gesellschaft. Die palästinensische Psychologin, Nabila Espanioly, erklärte in einem Interview: “Die israelische Gesellschaft zerstört sich selber durch die andauernde Gewalt, die Israel gegen die Palästinenser ausübt… Die jungen 18-jährigen Israelis werden in den besetzten Gebieten eingesetzt und lernen dort Probleme mit Brutalität und Gewalteinsatz zu lösen. Diese antrainierten und dauernd vertieften menschenfeindlichen Handlungsweisen nehmen Israels Soldaten und Soldatinnen natürlich in ihr ziviles Leben mit. Die Folge ist Gewalt zwischen den Geschlechtern, den Familien, in der Nachbarschaft, in der Gesellschaft.” Diese Aussage wurde letzthin in einer Vortragsreihe eines israelischen Wissenschaftlers in Wien, Dr. Gad Arnsberg, bestätigt. Er sagte u.a. “Wir bedürfen dringend des Friedens, da im Zuge langjähriger Besatzung in den Gebieten ein Habitus in die israelische Gesellschaft eingeschlichen ist, der sich durch Ruppigkeit, Gewalttätigkeit, Intoleranz, Gesetzesverletzung u.s.w. auszeichnet. Das ist es, was ich in einem meiner Vorträge als “schleichenden Verrohungsprozess” bezeichnet habe. Ich hoffe, dass ein baldiger Friede diese negativen Einflüsse wettmachen könnte und dass wir den Zug nicht versäumt haben.” (Interview mit Gad Arnsberg in “Der Bund”, Wien, Monatsorgan der sozialdemokratischen Juden Österreichs, März 2005). ——- Die “Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost (Österreich)” ist ein Teil der westeuropaweiten Bewegung
“European Jews for a Just Peace”
, einer Föderation von 18 Gruppierungen in 11 Ländern (e-mail: nahostfriede@gmx.at), (Homepage:
www.nahostfriede.at
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