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Verfassung abgelehnt - neue Chance für ein ziviles und soziales Europa

Reaktionen zu Frankreichs “NON” zur EU-Verfassung

Von verschiedenen Organisationen der Friedensbewegung und von Globalisierungskritikern wird das französische Referendum zur EU-Verfassung - 54,87% für “NON”! - als positive Chance für ein ziviles und soziales Europa begrüßt. Wir dokumentieren nachfolgend:

  1. eine gemeinsame Pressemitteilung der Kampagne gegen die EU-Verfassung und der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK)
  2. eine Pressemitteilung von Attac Deutschland und
  3. eine Pressemitteilung von Pax Christi.
  4. eine Erklärung von Netzwerk Regenbogen

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Gemeinsame Pressemitteilung der Kampagne gegen die EU-Verfassung und der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen vom 30.05.2005

Verfassung abgelehnt - neue Chance für ein ziviles Europa

Breite Bevölkerungskreise müssen in die Debatte über Europas Zukunft eingebunden werden

Die gestrige Ablehnung des EU-Verfassungsvertrags durch die französische Bevölkerung ist ein großer Erfolg für alle Bürger Europas. So ist es innerhalb kürzester Zeit gelungen, der Werbekampagne der Verfassungsbefürworter eine NON-Kampagne entgegenzustellen, die insbesondere auch aus Deutschland große Unterstützung erfahren hat (www.eu-verfassung.com). Entgegen vielen Medienberichten und Politikerkommentaren ist die Ablehnung insbesondere wegen ihres neoliberalen und militärfreundlichen Charakters zustande gekommen. Die französische Bevölkerung hat mit dieser Ablehnung bewiesen, dass sie sich intensiv mit den Problemen Europas auseinandersetzt. Diese gelebte Demokratie konterkariert jenes Verständnis von politischer Auseinandersetzung, das europaweit von fast allen Politikern vorgelebt wird: zwischen den Wahlen wird die Bevölkerung nicht um ihre Meinung gefragt.

So ist es naheliegend, dass durch die vielen Veranstaltungen der letzten Wochen deutlich mehr Bürger Frankreichs über die Inhalte der Verfassung Bescheid wissen, als dies in Deutschland der Fall ist. Selbst Abgeordnete des Deutschen Bundestages und des Bundesrates wussten zum Zeitpunkt der Abstimmung am 12. und 27. Mai nur unzureichend worüber sie eigentlich abstimmen. In Deutschland wurde die Öffentlichkeit nur rudimentär und unter Ausblendung wesentlicher Passagen über den Verfassungstext informiert.

Die Ablehnung der Verfassung in Frankreich bietet nun endlich die Chance, breit über die Arbeit und Ziele der Europäischen Union zu diskutieren. Statt einer Militarisierung der europäischen Politik, die durch die EU-Verfassung zementiert wird, brauchen wir unter anderem ein konseqtes Bekenntnis der EU zur zivilen Konfliktbearbeitung und die Bereitstellung von mehr Mitteln dafür. Nötig sind Schritte zur Abrüstung, nicht zur Aufrüstung sowie ein konsequenter Gewaltverzicht. Tobias Pflüger, MdEP, Vorstand der Informationsstelle Militarisierung, Mitglied der DFG-VK und Attac-Beirat hat dies am 12. Mai unter dem Titel 10 plus 3 Gründe gegen den EU-Verfassungsvertrag eindrücklich den Medien gegenüber dargestellt.

Die Bürgergesellschaft fordert nach der Entscheidung in Frankreich endlich die Einbindung in eine ohne Zeitdruck zu führende Debatte, die zum Ziel hat, gemeinsame Perspektiven für ein ziviles, solidarisches, demokratisches und ökologische Europa zu entwickeln. Auf dem ersten deutschen Sozialforum in Erfurt vom 21.-24. Juli werden in Konferenzen, Seminaren und Workshops auch genau diese Fragen behandelt.

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Presseerklärung von Attac Deutschland vom 29.05.2005

Attac Deutschland begrüßt französisches Nein zur EU-Verfassung / Neuverhandlung gefordert

“Klare Botschaft für ein sozialeres Europa”

Mit großer Freude hat Attac Deutschland den Ausgang des französischen Referendums über die EU-Verfassung aufgenommen. “Das französische Nein ist eine klare Botschaft: Die Menschen wollen ein sozialeres Europa und ein Ende der neoliberalen Politik”, sagte Heike Hänsel, Sprecherin der bundesweiten Attac EU-AG. “Wir gratulieren unseren französischen Freunden und dem progressiven NON-Bündnis!” Jetzt müsse es zu einer Neuausrichtung des europäischen Integrationsprozesses unter breiter Bürgerbeteiligung kommen. In der EU sei bereits zu lange über die Köpfe der betroffenen Menschen hinweg entschieden worden. “Jetzt ist es Zeit für mehr Demokratie.”

“Wir fordern, soziale Rechte rechtsverbindlich zu verankern, dem Europäischen Parlament ein Initiativrecht einzuräumen und die Militarisierung zu stoppen”, sagte Stephan Lindner, EU-Experte im bundesweiten Koordinierungskreis. Bei der Neuverhandlung dürfe es keine Tabus geben. Auch über Alternativen zum Stabilitäts- und Wachstumspakt, eine soziale und ökologische Ausgestaltung des Binnenmarkts und die Aufgaben der Europäischen Zentralbank müsse jetzt neu nachgedacht werden.

Attac bekräftigt die Ablehnung der EU-Verfassung und fordert die Einstellung des Ratifizierungsprozesses. “Sollten die Abstimmungen in den anderen Ländern weitergehen, werden wir auch dort die ‘Nein-Kampagnen’ unterstützen, die für ein soziales, demokratisches, friedliches und ökologisches Europa eintreten”, sagte Gerold Schwarz, Koordinator der Kampagne “Les faces du Non”, in deren Rahmen zahlreiche Attac-AktivistInnen aus Deutschland im Nachbarland aktiv
wurden.

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Pressemitteilung der Kommission Friedenspolitikvon Pax Christi vom 29.05.2005

Das Verfassungsreferendum in Frankreich

Stellungnahme der Kommission Friedenspolitik von pax christi,
deutsche Sektion der internationalen katholischen Friedensbewegung

Die Kommission Friedenspolitik von pax christi beglückwünscht die französischen Wähler zur klaren Ablehnung des EU-Verfassungsvertrags in seiner vorliegenden Fassung. Sie stoßen damit die Tür wieder weit auf für die Neuverhandlung einer europäischen Verfassung, die die Selbstbestimmung und Solidarität der Menschen in Europa über die bloße Etablierung neoliberaler Wirtschafts- und Machtstrukturen stellt. Vor allem die das neoliberale Modell flankierenden Bestimmungen, mit denen eine neue militärische Handlungsfähigkeit Europas forciert werden soll, werden in einer Verfassung, die diesen Namen verdient, keinen Platz mehr haben.

Die Kommission Friedenspolitik von pax christi ruft die europäischen Bürger auf, sich an der Ausarbeitung dieser Verfassung durch einen neuzubildenden Konvent, der alle maßgeblichen gesellschaftlichen Gruppierungen auch wirklich repräsentiert, aktiv zu beteiligen. Die Neuverhandlung muss dabei den sozialen, zivilgesellschaftlichen und völkerverständigenden Errungenschaften, die aus der langen und oft leidvollen gemeinsamen europäischen Geschichte erwachsen sind, verpflichtet sein. Nur so wird der verantwortungsvolle Blick über die Grenzen Europas hinaus gelingen, der für das gerechte Zusammenleben in der auch unabhängig von der Globalisierung zu einer einzigen zusammenwachsenden Welt so nötig gebraucht wird.

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Erklärung von Netzwerk Regenbogen vom 30.05.2005

Merci, chers amis!

Une grande victoire pour la démocratie européenne!

(Danke, liebe FreundInnen!
Ein großer Sieg für die europäische Demokratie!)

Eine Mehrheit der FranzösInnen stimmte gegen den vom früheren französischen Präsidenten und Atom-Lobbyisten Valéry Giscard d’Éstaing federführend vorgelegten Entwurf für eine europäische Verfassung. 55 Prozent haben nach ersten Hochrechnungen mit ‘Non’ gestimmt.

Sicherlich haben nicht alle, die den Entwurf verworfen haben, sich von demokratischen, sozialen oder anti-militaristischen Argumenten leiten lassen, sondern wohl leider ein nicht unerheblicher Teil (auch) von nationalistischen oder gar rassistischen Ressentiments. Doch ebenso sicher waren veritable DemokratInnen auch unter jenen, die (versehentlich) mit ‘Oui’ gestimmt haben. Die (vorläufige) Verhinderung einer EU-Verfassung, die Europa der Herrschaft der Konzerne bedingungslos unterworfen und auf einen Kurs in den nächsten Krieg ausgerichtet hätte, ist ein großartiger Sieg für die europäische Demokratie!

Die Wahlbeteiligung am Verfassungs-Referendum war enorm. Die Schätzungen der Meinungsforschungs-Institute reichten gegen 20 Uhr von 70 bis 80 Prozent. Aus der französischen Opposition wurden Forderungen nach dem Rücktritt des französischen Präsidenten Jacques Chirac laut.

PolitikerInnen aus dem In- und Ausland hatten bis zuletzt in einer nahezu hermetischen Propaganda-Front an die FranzösInnen appelliert, mit ‘Oui’ zu stimmen. Doch nicht alles ist käuflich. Am Mittwoch ist eine Volksabstimmung über den Verfassungs-Entwurf in den Niederlanden angesetzt. Inzwischen wird auch dort mit einer Ablehnung gerechnet.

Veröffentlicht am

01. Juni 2005

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