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Krieg, Rassismus und globale Erwärmung

Von Ted Glick - ZNet 02.10.2005

Die dreitägigen Antikriegsaktionen in Washington DC am vergangenen Wochenende waren überwiegend von “United for Peace and Justice” organisiert. Sie waren ein großer Erfolg für die progressive Bewegung. Demomarsch und Kundgebung waren von ANSWER mitorganisiert worden. Der ganztägige Jahrmarkt auf dem Gelände des ‘Washington Monument’ wurde von ‘United for Peace and Justice’ organisiert. Sehr erfolgreich war auch Operation Ceasefire - ein Konzert (plus Marsch), das am Samstag bis spät in die Nacht dauerte und an dem Zehntausende teilnahmen. Sonntagabend ging es weiter mit einem interkonfessionellen Revival-Gottesdienst im Zelt. Montagmorgen gingen mehrere hundert Leute zum Capitol Hill - zu einem ‘Massen-Lobbying’. Montagnachmittag wurden fast 400 Leute vor dem Weißen Haus verhaftet. Alle Aktivitäten zeugten von der Stärke und der wachsenden politischen Kraft unserer Bewegung.

Stellt sich die Frage, wie wird es weitergehen?

Einige - vielleicht auch ein paar mehr - die auf der Großkundgebung am Samstag sprachen, traten dafür ein, die Friedensbewegung solle sich in erster Linie auf die Kongresswahlen 2006 konzentrieren und auf die Präsidentschaftswahlen 2008 - sprich, auf die Demokraten und deren Wahlaussichten. Sicher wird dies bei einigen auf fruchtbaren Boden gefallen sein. Ich hoffe allerdings, den allermeisten Veranstaltungsteilnehmern ist klar, dass die Organisationsarbeit auf Graswurzel-Ebene weiterhin wichtig ist, ebenso Werbung (outreach) in großem Stil und das Schmieden von Bündnissen mit Gruppen, die in Washington nicht ihr volles Potential ausschöpften (bedenkt man die Antikriegsstimmung, die in diesen Gemeinden vorherrscht). Damit meine ich vor allem die nichtweißen Bevölkerungsgruppen. Daher muss der Aufbau einer themenorientierten, multikulturellen, unabhängigen Bewegung unser übergeordnetes Ziel sein.

Viele Aktivisten werden ihre wichtige Counter-Recruitment-Arbeit fortsetzen: Sie leisten Organisationsarbeit und arbeiten mit Soldatenangehörigen. Meiner Meinung nach ein immens wichtiger strategischer Ansatz. Dass damals die US-Truppen schließlich aus Indochina abzogen, haben wir in erster Linie der offenen Rebellion junger Amerikaner gegen die Wehrpflicht zu verdanken bzw. der offenen Rebellion von Vietnamsoldaten, die nicht länger an diesem Krieg teilnehmen wollten. Kriege können nur geführt werden, solange es genügend kampfbereite Soldaten gibt.

Und noch etwas ist immens wichtig. Wir sollten aufzeigen, welche offensichtliche Verbindung zwischen der einfach horrenden und rassistischen Reaktion der US-Regierung auf Katrina, dem fortgesetzten kriminellen Krieg im Irak und der Tatsache besteht, dass wir von einer inkompetenten, Konzernklüngel-Administration regiert werden. Diese Regierung gehört vor Gericht gestellt. Sie sollte sich bereits auf dem Weg ins Gefängnis befinden - angesichts all der Zerstörung, die auf ihr Konto geht. Wir sollten die Graswurzel-Organisierung im tiefen Süden der USA unterstützen - eine Bewegung, die sich den Plänen widersetzt, New Orleans und andere Regionen, die durch Katrina oder Rita verwüstet wurden, so wiederaufzubauen, dass regierungsnahe Konzerne sich die Taschen voll stopfen können, während alteingesessene Afro-Amerikaner, andere Arme und Menschen aus der Arbeiterschicht auch auf längere Sicht nicht nach Hause zurückkehren können. ‘Money for Human Needs’ sollte, zum Beispiel, eine Forderung lauten. Für New Orleans, den tiefsten Süden und das ganze Land sollten wir fordern: ‘Kein Krieg und keine Wohngegenden nur für Reiche’.

Außerdem ist wichtig, dass die Friedensbewegung sich stärker als bisher in der wachsenden Bewegung gegen die globale Erwärmung engagiert. Für den 3. Dezember ist ein internationaler Aktionstag zum Thema Erderwärmung geplant - mit Aktionen in Europa, Australien, Kanada, den USA und anderen Ländern. Zur selben Zeit wird in Montreal bzw. Quebec eine große internationale Konferenz der Unterzeichnerländer des Kyoto-Protokolls stattfinden. Sie dauert vom 28. November bis zum 9. Dezember. Auch die USA werden vertreten sein, obgleich sie nicht zu den Unterzeichnern von Kyoto gehören. Amerika wird versuchen, weitere Fortschritte zu verhindern - und das bei einem so dringlichen Thema, bei dem es buchstäblich um Leben und Tod geht.

Die Verbindung zwischen dem Krieg für Öl (im Irak) und der globalen Erwärmung ist offensichtlich. Anstatt uns im Nahen/Mittleren Osten militärisch immer weiter reinzureiten (um die dortigen Ölvorkommen zu kontrollieren), sollten wir Amerikaner lieber ein Crashprogramm in Sachen Energiesparen und effizientes Energiewirtschaften durchziehen und schnellstens auf Wind- bzw. Sonnenenergie und andere saubere Energiequellen umsteigen. Immer mehr Menschen begreifen, welche Rolle die Erderwärmung bei der Entstehung von Hurrikanen wie Rita und Katrina spielt. Die Hurrikane werden stärker und zerstörerischer.

Wird es dazu kommen, dass die Umweltbewegung, die Bewegung der Afro-Amerikaner bzw. die Antirassismus-Bewegung und Bewegung für ökonomische Gerechtigkeit sowie die Friedensbewegung sich in den nächsten Monate enger zusammenschließen, wird es dazu kommen, dass sie Wege finden, sich wechselseitig zu fördern? Werden sie ihre offensichtlichen Gemeinsamkeiten erkennen und entsprechend handeln?

Keine Frage, dazu wird es kommen. Ein gewisser Fortschritt ist schon jetzt erkennbar. Das haben die Rednerinnen und Redner am 24. September in Washington und andere gemeinsame Aktionen bewiesen.

Denjenigen unter uns, die die Gemeinsamkeiten sehen und erkennen, obliegt die Verantwortung, alles zu tun, um diese Gemeinsamkeiten zu stärken und zu vertiefen. Denn die drei Bewegungen - Friedensbewegung, Antirassismusbewegung und Umweltbewegung - haben gemeinsam mit anderen das Potential, die politische Dynamik der amerikanischen Gesellschaft fundamental und langfristig zu verändern, das heißt, nicht erst am Sankt Nimmerleinstag, sondern bereits im nächsten Jahr und von da an.

Historisch gesehen stehen wir an einem potentiellen Wendepunkt. Also handeln wir entsprechend.

Anmerkungen:

Ted Glick ist Koordinator der Kampagne ‘Climate Crisis: USA Join the World!’ ( www.climatecrisis.us ) Er engagiert sich für das unabhängige Netzwerk ‘Progressive Politics Networks’ ( www.ippn.org ). Sie können Ted Glick kontaktieren unter usajointheworld@igc.org oder postalisch: P.O. Box 1132, Bloomfield, New York 07003, USA.

Quelle: ZNet Deutschland vom 03.10.2005. Übersetzt von: Andrea Noll. Orginalartikel: War, Racism and Global Warming .

Veröffentlicht am

06. Oktober 2005

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