Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V.

Ihre Spende ermöglicht unser Engagement

Spendenkonto:
Bank: GLS Bank eG
IBAN:
DE36 4306 0967 8023 3348 00
BIC: GENODEM1GLS
 

Zum Ende des Hungerstreiks von Dom Luiz Flávio Cappio

Von Maria Oberhofer, Juazeiro, 12.10.2005

Nach 11-tägigem Hungerstreik kam der Bischof Frei Luiz Flavio Cappio, OFM, am 6.10.2005 um 18:30 Uhr nach einer 5-stündigen Verhandlung mit dem persönlichen Vertreter von Präsident Lula, Herrn Jaques Wagner, aus der Kapelle São Sebastião. Die Spannung in der Gruppe von unzähligen Menschen, die ihre Solidarität für das tiefe Zeugnis der Liebe zum Leben des Bischofs Fr. Luiz zum Ausdruck brachten und Reportern von verschiedenen Funk- und Fernsehanstalten, (National und International) war während dieses Tages ins beinahe Unerträgliche angestiegen.

Nachdem Bischof Fr. Luiz das Lied: “Ich bin gekommen, dass Alle Leben haben und Leben in Fülle…” angestimmt hatte, gab er folgende Erklärung ab:

Im Namen des auferstandenen Jesus, der den Tod mit dem vollkommenen Leben besiegt hat, möchte ich Allen bekannt geben:

In Berücksichtigung der würdigen Geste des Herrn Präsidenten, den Dialog weiterzuführen und zwar vor Baubeginn des möglichen Projektes der Ableitung des São Franciscoflusses;

in Berücksichtigung der Bemühungen der Staatsregierung zu Gunsten der Wiederherstellung des Flusses;

berücksichtigend, dass die Zeit für den Dialog ausreichend sein wird, eine umfassende Diskussion zu ermöglichen, die partizipativ, ehrlich und transparent sein muss, um ein nachhaltiges Entwicklungsprojekt zu erstellen, in dem die Konviventia mit dem gesamten semi-áriden Gebiet die Grundlage ist, zum Wohl der Bevölkerung, vor allem der Ärmsten;

berücksichtigend, dass es durch eine umfangreiche Diskussion möglich sein wird, Lösungen zu finden, die Einheit und Eintracht der brasilianischen Bevölkerung fördern, vor allem der Brüder und Schwestern in der semi-áriden Region;

erkläre ich die Aufhebung meines Fastens zu Gunsten des Lebens.

Aus ganzem Herzen danke ich Allen, die in den verschiedensten Formen ihre Solidarität bewiesen haben.

Der Hl. Franziskus, der Schutzheilige des Flusses und seines Namens möge alle segnen, vor allem die Bevölkerung seines Flusses.

Cabrobó, 6.10.2005

Dom Fr. Luiz Flávio Cappio, OFM

Nach der Erklärung des Bischofs waren der Jubel und die Erleichterung unter der anwesenden Menschenmenge sehr groß, denn es bedeutete dass Fr. Luiz Flávio nicht bis zum Tod in dem Hungerstreik verbleiben musste. Er bestätigte auch in den vorhergegangen Tagen immer, dass er leben will, auch um für das Volk, den Fluss und für das Leben zu kämpfen.

Leider wurde das Vorhaben der Ableitung des Flusses nicht eingestellt und archiviert, sondern vorerst nur gestoppt. Es wurde aber erreicht, dass das Projekt der Ableitung des São Franciscoflusses zum Hauptthema geworden ist und vor allem, dass die Nachteiligkeit des Projektes in die Öffentlichkeit gebracht wurde. Denn das unmäßig teure Projekt wird den KleinbauernInnen im Landesinneren keineswegs die Wasservorsorge gewährleisten, wie es die Regierung verspricht. Das Projekt würde vielmehr die großen Baufirmen, Großbewässerungsprojekte und die Agroindustrie fördern.

Sicher ist, dass die Aufhebung des Hungerstreikes eine sehr weise Entscheidung des Bischofs Fr. Luiz war, denn so kann ihm und den Organisationen keine Radikalität und die Nicht-Bereitschaft zum Gespräch vorgeworfen werden.

Fr. Luiz, der schon auf einen vom Präsidenten Lula am 1.10.2005 übersandten Brief geantwortet hatte, dass er den Hungerstreik fortsetzen werde, weil der Inhalt des Briefes zu vage war, traf die Entscheidung über die Beendigung des Fastens erst nach Gesprächen mit einer kleinen Gruppe von Vertrauenspersonen und dem stundenlangem Gespräch mit dem persönlichen Vertreter des Präsidenten, Jaques Wagner. Obwohl er sich bereits 11 Tage im Hungerstreik befand und körperlich zwar etwas schwach war, war er ausgesprochen geistesgegenwärtig und sehr klar. Den ganzen Morgen und Vormittag über hatte er schon unzählige Interviews gegeben und Menschen aus allen Teilen Brasiliens empfangen.

Nach seiner Erklärung wurde zu einem Gespräch mit dem Nuncio Apostolico Dom Lorenzo Baldisseri in das Pfarrhaus in Cabrobó gebracht, der an diesem Tag in Cabrobó angekommen, aber bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht am Ort der Kapelle São Sebastião erschienen war.

Nach einer gemeinsamen Messfeier mit dem Nuncio Apostolico in der Kirche in Cabrobó, kam Dom Luiz zurück in die Kapelle, um mit den anwesenden Menschen eine Messe zu feiern. Erst danach akzeptierte er eine ärztliche Versorgung und wurde nach Cabrobó gebracht.

Am nächsten Tag, Freitag den 7.10.2005, kam er gegen 9:00 Uhr in die Kapelle zurück, gab bis zum Nachmittag noch Interviews ehe er sich verabschiedete. Er erklärte sich bereit, nach Petrolina zu fahren, um am Sonntag, 9.10.2005, an einem Treffen für das Leben der Bevölkerung und des Flusses teilzunehmen, zu dem über 1.500 Menschen aus verschiedenen Nichtregierungsgruppen und Basisgruppen erwartet wurden. Während des Treffens bekundeten die Gruppen ihren Einsatz und ihre Bereitschaft zu Gunsten des Lebens der Bevölkerung der semi-áriden Region, des Flusses und der Durchführung von realitätsangepassten Projekten.

Dom Frei Luiz machte den ersten Schritt, viele weitere müssen gegangen werden und dazu bedarf es der Gemeinschaft, des Mutes und Beharrlichkeit. All dies lehrte Frei Luiz mit seinem Zeugnis der Liebe zum Leben.

Bereits am darauf folgenden Tag der Aufhebung des Hungerstreikes wurden Interviews im brasilianischen Fernsehen gezeigt, in denen Regierungsverantwortliche sagten, dass keineswegs Kompromisse und Abmachungen über die Einstellung des Projektes der Ableitung des Sao Francisco Flusses vereinbart wurden und dass die Baumaßnahmen im November beginnen werden.

Daraufhin sagte Dom Frei Luiz, dass er weder Pessimist noch Optimist ist, sondern Realist und erklärte, dass die Abmachungen schriftlich festgehalten wurden und dass im Falle einer Lüge der brasilianischen Regierung, er nach Cabrobó zurückgeht, den Hungerstreik fortführt, aber dieses Mal von Hunderten Menschen begleitet. 1

Am 10.10.2005 flog er zusammen mit seinem Schwager nach São Paulo, um dort einige Tage zu bleiben. Er will sich etwas erholen, ehe er das Treffen mit dem Präsidenten Lula in Brasília vereinbart.

Anmerkung:

1 Seit dem 3.10.2005 hatten sich bereits 5 Menschen dem Hungerstreik des Bischofs Dom Luiz angeschlossen.

Weblinks:

Veröffentlicht am

15. Oktober 2005

Artikel ausdrucken

Weitere Artikel auf der Lebenshaus-WebSite zum Thema bzw. von