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Teherans Koordinaten

Irans Präsident Ahmadinedschad hat die “Tilgung Israels von der Landkarte” gefordert und eine Zerstörung des Staates durch palästinensische Anschläge heraufbeschworen. Es ist das erste Mal seit Jahren, dass ein hoher iranischer Politiker sich derart geäußert hat. Dazu ein Kommentar von Karl Grobe.

Teherans Koordinaten

Von Karl Grobe

Die Äußerungen des iranischen Präsidenten vor Teheraner Studenten sind keine rhetorische Entgleisung. Mahmud Ahmadinedschad hat sich möglicherweise von seinem Publikum zu größerer polemischer Deutlichkeit als üblich veranlasst gesehen, drohende Ausfälle gegen Israel sind auch nicht selten in Iran - doch hier hat er eine Markierung gesetzt, die den aktuellen Kurs der Teheraner Außenpolitik recht eindeutig zeigt.

Der Kontext ist klar. Gerade nimmt eine hochrangige iranische Delegation an der Tagung der Schanghai-Organisation in Moskau teil; auf deren Rückendeckung scheint Teheran zu bauen. Die Organisation, entstanden aus dem gemeinsamen Interesse Russlands, Chinas und einiger zentralasiatischer Staaten an der Bekämpfung des Islamismus, hat Iran (sowie Pakistan und Indien) jüngst eingeladen, als Beobachter mitzuwirken. Dies nicht etwa, weil es sich um Nachbarn handelt, sondern weil ein Gegengewicht gegen die US-amerikanische Politik in Asien errichtet werden soll. Dieser Akzent wurde auch deutlich, als Usbekistan den USA die Luftwaffenbasis Khanabad wieder wegnahm, die man im Zuge des Afghanistan-Krieges theoretisch auf lange Sicht eingerichtet hatte.

Iran sieht sich nach wie vor von den USA und deren Satrapen umzingelt, zu denen es in erster Linie die heimliche Atomwaffenmacht Israel zählt. Das ist nicht neu. An einem Großmacht-Status in der Region versuchen sich die Teheraner Hardliner bereits seit längerer Zeit. Neu ist Ahmadinedschads Aufruf zu Volksaufstand und individuellem Terror, um “Israel von der Landkarte zu tilgen”. Selbst wenn er nicht gehört und befolgt wird - der Aufruf verschärft die Situation im westlichen Asien. Unter diesem Aspekt muss auch die Beteuerung, Iran strebe keine Atombewaffnung an, weil sie unislamisch sei, skeptisch gesehen werden. Wer die Auseinandersetzung verschärft, wird bestehendes Misstrauen kaum überwinden können.

Quelle: Frankfurter Rundschau vom 27.10.2005. Wir veröffentlichen den Artikel mit freundlicher Genehmigung des Autors.

Veröffentlicht am

27. Oktober 2005

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