Diffamierung europäischer Persönlichkeiten durch die türkische Zeitung HürriyetIn einem “Appell aus Europa für Frieden und Dialog im türkisch-kurdischen Konflikt” setzten sich prominente Europäer für eine friedliche politische Lösung im Rahmen der Türkei ein. Seit September hat die Europa-Ausgabe der türkischen Zeitung Hürriyet eine regelrechte Kampagne gegen die Unterzeichner begonnen und ihnen die “Legalisierung des Terrors” vorgeworfen. Hürriyet - eine nationalistische Zeitung - hat schon in früheren Jahren - vergleichbare Diffamierungskampagnen gestartet u.a. gegen Gerhard Schröder, Dr. Herbert Schmalstieg (OB Hannover), Uta Zapf (MdB), die Grünen-Chefin Claudia Roth und Dr. Klaus Bednarz. Erstaunlich ist, dass Hürriyet angesichts der Verhandlungen mit der EU auf solche Formen zurück greift. Der ‘Dialog-Kreis’ auf den der “Appell aus Europa” zurückgeht, tritt nun in einem offenen Brief den Vorwürfen entgegen. Wir veröffentlichen den offenen Brief sowie Übersetzungen von Hürriyet-Texten. Offener Brief an die Europa-Redaktion der Zeitung Hürriyet, 09.11.2005Sehr geehrte Damen und Herren, den “Appell aus Europa für Frieden und Dialog im türkisch-kurdischen Konflikt” begleiten Sie in Ihrer Zeitung Hürriyet, bisher in 6 Ausgaben, mit der Herabsetzung der etwa 140 prominenten UnterzeichnerInnen aus vielen Ländern der EU. Sie unterstellen den Unterzeichnern des Appells, “unter dem Begriff Dialog die Legalisierung des Terrors” zu unterstützen. In Ihren Fragen an die UnterzeichnerInnen des Appells setzen sie die Kurden mit El Qaida gleich. Noch einmal fordern Sie die Unterzeichner auf nachzudenken, ob sie nicht mit oder ohne Wissen den Terror unterstützten. Sie diffamieren in ihrer Ausgabe vom 2.11.2005 die Unterzeichner insgesamt unter der Überschrift “Schock-Namen”. Sie nennen unter anderen Danielle Mitterand, die Frau des früheren französischen Präsidenten, “die beste Freundin der Kurden(!)”, verunglimpfen den früheren Arbeitsminister Norbert Blüm, der es sich nach einem menschenrechtlichen Engagement in der Türkei in Deutschland gemütlich gemacht habe, nennen - wohl um bei Männern Gruseln zu erzeugen - Frau Christa Stolle von ‘Terre des Femmes’, erwähnen den Nobelpreisträger Günter Grass und behaupten schließlich, die Mehrheit der Unterzeichner seien Priester, obwohl nur eine Handvoll Pfarrer unterschrieben haben. Vielleicht wollen Sie mit dieser falschen Behauptung den türkisch-stämmigen LeserInnen Ihrer Zeitung suggerieren, es handele sich bei dem Friedens-Appell um einen Angriff des christlichen Abendlandes. Eine eindeutige Falschmeldung. Die Abgeordnete des niedersächsischen Landtages Frau Filiz Polat hat übrigens bis heute ihre Unterschrift nicht zurückgezogen. Falsch ist auch, dass ich bei Anti-Türkei-Aktionen aufgetreten sei. Richtig ist vielmehr, dass ich stets für eine Lösung des türkisch-kurdischen Konflikts im Rahmen der Türkei eingetreten bin, was dem Wohle der Türkei insgesamt sehr förderlich sein würde. Unser Appell ist eine Unterstützung für eine friedliche Lösung des türkisch-kurdischen Konflikts. Dafür sahen wir neue Hoffnungen nach einer Rede des türkischen Ministerpräsidenten in Diyarbakir und der Reaktion der kurdischen Guerilla durch einen begrenzten Waffenstillstand. Die EU fordern wir auf, den für den Friedensprozess notwendigen Dialog zu fördern und internationale Institutionen bitten wir um Unterstützung für alle, die in der Türkei zu Frieden und Demokratie beitragen. Wir fragen Sie. Warum sind Sie gegen Frieden in diesem Konflikt? Sie glauben doch nicht ernsthaft, die Türkei könne EU-Mitglied werden, ehe sie nicht zu einer friedlichen Lösung im türkisch-kurdischen Konflikt gekommen ist. Wenn Sie also solche Bemühungen diffamieren, arbeiten Sie gegen den Beitrittswunsch der meisten Menschen in der Türkei. Sie unterstellen den Unterzeichnern, unter ihnen auch Hans Koschnick, der in Mostar Hervorragendes für die Aussöhnung verfeindeter Bevölkerungsteile geleistet hat, sie wollten die “Legalisierung des Terrors” unterstützen. Wie aber wollen Sie den blutigen Kampf in der Türkei und seine terroristische Verbreiterung verhindern, wenn nicht durch eine friedliche politische Lösung? Dazu müssen dann allerdings diejenigen, die mit einander kämpfen, einen Weg finden, gegenseitiges Vertrauen herzustellen und zu verstehen, welche Motive zum Kampf treiben. Das ist, wie das Beispiel Irland eindringlich zeigt, ein sehr mühsamer und schwieriger Weg. Ihn zu gehen ist allerdings unerlässlich, wenn dem eigenen Land nicht schwerer und dauerhafter Schaden zugefügt werden soll. Die Presse könnte dabei eine sehr wichtige Rolle zum Wohle der Türkei spielen. Sie verspielt jedoch ihre Chance hierzu, wenn sie nur in argumentationsloser Diffamierung ihrer potentiellen internationalen Friedenspartner verharrt. Am Ende Ihres Artikels vom 2.11.05 stellen Sie uns drei Fragen. Ich kann diese nur für mich beantworten. Selbstverständlich fände ich es viel besser, wenn die USA und El Qaida in einen Dialog miteinander eintreten würden, statt sich (und vor allem die Zivilbevölkerung) zu bombardieren. Kämen Sie über einen Dialog tatsächlich zu Verhandlungen, so wären sie Verhandlungspartner, gleichgültig wie ich sie nennen würde. Auf Ihre dritte Frage, was wohl passieren würde, wenn man hier die USA und El Qaida als gleichberechtigte Kriegsparteien - was immer das heißen soll - bezeichnen würde, kann ich nur antworten “gar nichts”. Wir genießen hier nämlich eine Kultur der Meinungsfreiheit. Ich unterstelle, dass Sie wie wir ein gleiches Interesse an einer friedlichen Lösung der Kurdenfrage im Rahmen der Türkei haben. Deshalb würde ich es sehr begrüßen, wenn Sie über den Appell mit wichtigen Unterzeichnern sprechen und diese Interviews in Ihrer Zeitung veröffentlichen würden. Trauen Sie sich doch mit Danielle Mitterand, Günter Grass und Hans Koschnick oder mit anderen UnterzeichnerInnen zu sprechen! Dann würde sich für Ihre Leser das realistische Bild ergeben, dass dieser Appell keineswegs von Türkeifeindlichkeit bestimmt ist, sondern von dem Wunsch, gemeinsam mit allen Menschen und Volksgruppen der Türkei in Europa friedlich und gleichberechtigt leben zu können. Mit höflichen Grüßen Prof. Dr. Andreas Buro Dialog-Kreis: “Die Zeit ist reif für eine politische Lösung im Konflikt zwischen Türken und Kurden” Quelle: Dialog-Kreis - Presseerklärung vom 10.11.2005. ANHANG: Übersetzungen aus Hürriyet (Übersetzung der Artikel aus der Tageszeitung Hürriyet vom 02.11.05, Seite 1 und 18) Schock-Namen des angeblichen DialogsEditor - Ali Gülen Die Diskussionen um das Flugblatt, das durch den in Deutschland ansässigen “Dialog-Kreis” in Europa verteilt wurde, in welchem die Türkei und die PKK gleichgestellt und der Terror als “Kampf” bezeichnet wird, gehen weiter.
————— DIE INTERESSANTEN NAMEN IN DER LISTEEditor - Briefe aus Europa von Ali Gülen Die Liste des in Köln ansässigen Dialog-Kreises, der angeblich für eine Lösung des türkischen-kurdischen Problems eintritt, ist voll mit interessanten Namen. KRIEG, BETEILIGTE, KAMPFIm Flugblatt werden der Terror im Südosten der Türkei als “Krieg”, die den Terror bekämpfende Türkei als “Konfliktpartei”, der Terror als “der Kampf in den kurdischen Gebieten”, die verbotene Nachfolgeorganisation der PKK Kongra Gel als “friedlich” bezeichnet. Der einzige Türke, der dieses Flugblatt mit unterschrieben hat, ist Karaman Yavuz. Er ist Regisseur. DER IN DIE BERGE GEGANGENE MINISTERAuch aus Deutschland gibt es bekannte Personen… DENKT ENTSPRECHEND DER ANTWORTEN NACHNun fragen wir diese Unterzeichner:
Nachdem Ihr diese Fragen beantwortet habt, denkt nach! Unterstützt Ihr nicht mit oder ohne Wissen den Terror? ————— (Aus der Tageszeitung Hürriyet vom 19.09.2005) Filiz: Ich würde meine Unterschrift zurückziehenFiliz Polat, die den unter anderem von Frau Mitterand und dem ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Massimo D’Alema, der die PKK mit offenen Armen empfangen hatte, unterstützten Appell mitunterschrieben hatte, sagte “Unter Umständen würde ich meine Unterschrift sofort zurückziehen” und erklärte, dass sie an gegen die Türkei gerichteten Initiativen nicht teilnehmen werde. Die niedersächsische Landtagsabgeordnete Filiz Polat erklärte, dass sie ihre Unterschrift aus dem Appell des durch seine Anti-Türkei-Aktivitäten bekannten Dialog-Kreises mit dem Titel “Für eine friedliche Lösung der Kurdenfrage” zurückziehen werde. BÖSE ABSICHTPolat gab an, dass ihr “eine böse Absicht” der Verfasser dieser Deklaration nicht bekannt sei und fügte hinzu: “Sobald ich erfahren würde, dass eine böse Absicht gegen die Türkei im Spiel ist, würde ich sofort meine Unterschrift zurückziehen”. MITTERAND UND D’ALEMADen Appell des Dialog-Kreises unter der Leitung von Andreas Buro, der oft bei Anti-Türkei-Aktionen auftritt, hatten unter anderem Danielle Mitterand, die Ehefrau vom ehemaligen französischen Staatspräsidenten Francois Mitterand, der ehemalige deutsche Arbeitsminister Norbert Blüm, der ehemalige Oberbürgermeister von Bremen Hans Koschnik, der ehemalige italienische Ministerpräsident Massimo D’Alema und der berühmte Schriftsteller Günter Wallraf unterstützt. WAS BEINHALTET DER APPEL?In dem Appell war die Europäische Union dazu aufgerufen worden, eine aktivere Rolle bei der Lösung der Kurdenfrage zu übernehmen. Weiter hieß es: “Wir rufen die internationalen Institutionen auf, mit aller ihrer Kräfte die Vereine in der Türkei zu unterstützen, die mit ihrem Wirken zum Frieden und zur Demokratie beitragen”. In dem Appell hieß es weiter: “Wir rufen die Konfliktparteien auf, den jetzigen Prozess im Geiste des Friedens, der Demokratie und der Menschenrechte zu entwickeln, damit aus der jetzigen Situation ein dauerhafter Frieden erwächst”. Ismail EREL / FRANKFURT Bilduntertitel: Der vollständige Text “Ein Appell aus Europa für Frieden und Dialog im türkisch-kurdischen Konflikt” sowie die Liste der UnterzeichnerInnen befindet sich in dieser Website im Anhang zu dem Artikel “Grass und zahlreiche Prominente für eine friedliche Lösung des türkisch-kurdischen Konflikts” . Veröffentlicht amArtikel ausdruckenWeitere Artikel auf der Lebenshaus-WebSite zum Thema bzw. von |
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