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Nur 50 Tote durch Tschernobyl?

Studie widerlegt absurde Zahlen der IAEO

Eine am 06.04.2006 vorgelegte Studie der atomkritischen Ärzteorganisation IPPNW und der Gesellschaft für Strahlenschutz (GfS) hat Verlautbarungen der Internationalen Atomenergie Organisation (IAEO) Lügen gestraft, weniger als 50 Menschen seien infolge des Super-GAUs von Tschernobyl gestorben (Presserklärung der IAEO vom 05.09.2005).

Bei den von der IAEO vorgelegten Zahlen lassen sich nach Angaben des Präsidenten der GfS, Dr. Sebastian Pflugbeil, gravierende Unstimmigkeiten nachweisen. So berichtete die IAEO, auch künftig seien höchstens 4.000 zusätzliche Krebs- und Leukämietote unter den am meisten belasteten Menschengruppen zu befürchten. Dem zugrunde liegenden Bericht der Weltgesundheitsorganisation WHO sei aber tatsächlich eine Zahl von rund 8.930 künftigen Toten zu entnehmen. "Überprüft man schließlich noch die im WHO-Bericht zu dieser Frage angegebene Literaturquelle, so ergeben sich aus dieser Quelle sogar 10.000 bis 25.000 zusätzliche Krebs- und Leukämietote", so Pflugbeil. Diese Unstimmigkeiten könnten nicht verwundern. Schließlich habe die IAEO laut ihrer Satzung das Ziel zur Förderung der Atomenergie, sie könne mithin nicht unabhängig sein.

Nach Auffassung der IPPNW-Vorsitzenden Dr. Angelika Claußen kann es nicht darum gehen, den offenkundig falschen Zahlen der IAEO die "richtigen" Zahlen gegenüberzustellen, da es diese aus methodischen Gründen niemals geben könne. Wesentliche Daten zur Tschernobyl-Katastrophe unterlägen in Ost und West der Geheimhaltung und große epidemiologische Untersuchungen seien sehr teuer und nur mit staatlicher Unterstützung möglich. "Es ist aber möglich, Anhaltspunkte dafür zu geben, mit welcher Vielfalt von Gesundheitsschäden wir uns befassen müssen und mit welchen Größenordnungen man es zu tun hat, wenn man von den gesundheitlichen Folgen von Tschernobyl spricht", so Claußen.

Die IAEO versuche, evidente Opfer- und enorm gestiegene Krankheitszahlen durch abwegige Argumentationen zu begründen: "Es ist schon sehr zynisch, wenn den betroffenen Menschen in der Ukraine, Weißrussland und Russland von der IAEO Opfermentalität vorgeworfen und empfohlen wird, sich doch besser zu ernähren und einen gesünderen Lebensstil zu pflegen", so Claußen.

Die Studie von IPPNW und GfS mit dem Titel "Gesundheitliche Folgen von Tschernobyl - 20 Jahre nach der Reaktorkatastrophe" belegt das katastrophale Ausmaß des Reaktorunfalls:

  • bis zum Jahr 2006 sind 50.000 bis 100.000 Liquidatoren (Aufräumarbeiter) gestorben. Zwischen 540.000 und 900.000 Liquidatoren sind Invaliden.
  • die Erbgutveränderungen bei Kindern von Liquidatoren und Menschen, die in belasteten Gebieten leben, werden zu einer Belastung künftiger Generationen führen, die man nicht abschätzen kann.
  • die Säuglingssterblichkeit hat in mehreren europäischen Ländern - darunter auch in Deutschland - nach Tschernobyl zugenommen. Die vorliegenden Studien ergeben für Europa Todesfälle unter Säuglingen in der Größenordnung von 5.000.
  • allein in Bayern kam es nach Tschernobyl zu 1.000 bis 3.000 zusätzlichen Fehlbildungen. Es ist möglich, dass es in Europa zu mehr als 10.000 schwerwiegenden Fehlbildungen kam.
  • unter Bezug auf UNSCEAR kommt man auf 12.000 bis 83.000 mit genetischen Schäden geborene Kinder in der Tschernobylregion und etwa 30.000 bis 207.500 weltweit. In der ersten Generation findet man allerdings nur 10 Prozent der insgesamt zu erwartenden genetischen Schäden.
  • in Weißrussland erkrankten seit 1986 über 10.000 Menschen an Schilddrüsenkrebs. Einer WHO-Prognose zufolge werden allein im belorussischen Gebiet Gomel mehr als 50.000 Kinder im Laufe ihres Lebens Schilddrüsenkrebs bekommen. In allen Altersgruppen zusammengenommen wird man dann mit etwa 100.000 Schilddrüsenkrebsfällen in dem Gebiet Gomel rechnen müssen.
  • die Zahl der bisher durch Tschernobyl bedingten Schilddrüsenkrebsfälle wird in Europa (außerhalb der Grenzen der früheren Sowjetunion) zwischen 10.000 und 20.000 liegen.
  • in höher belasteten Gebieten Süddeutschlands gab es eine signifikante Häufung eines sehr seltenen Tumors bei Kindern, des so genannten Neuroblastoms.
  • zu signifikanten Anstiegen der Leukämieerkrankungen kam es in Deutschland, in Griechenland, in Schottland und in Rumänien.
  • in einer vom Tschernobylministerium der Ukraine publizierten Arbeit wurde in der Ukraine eine Vervielfachung der Erkrankungen des Endokrinen Systems (25fach von 1987 bis 1992), des Nervensystems (6fach), des Kreislaufsystems (44fach), der Verdauungsorgane (60fach), des Haut? und Unterhautgewebes (50fach), des Knochen-Muskel-Systems und der Psychischen Störungen (53fach) registriert. Unter den Evakuierten sank der Anteil der gesunden Menschen von 1987 bis 1996 von 59 Prozent auf 18 Prozent, unter den Einwohnern in den belasteten Gebieten von 52 Prozent auf 21 Prozent und unter den Kindern betroffener Eltern sank er von 81 Prozent auf 30 Prozent. Seit mehreren Jahren wird berichtet, dass Diabetes Typ I (Zuckerkrankheit mit Insulinmangel) bei Kindern und Jugendlichen stark zugenommen hat.

Kurzfassung der Studie

Studie: Gesundheitliche Folgen von Tschernobyl.pdf

Quelle: IPPNW - Presseerkärung vom 06.04.2006

 

Veröffentlicht am

06. April 2006

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