Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V.

Ihre Spende ermöglicht unser Engagement

Spendenkonto:
Bank: GLS Bank eG
IBAN:
DE36 4306 0967 8023 3348 00
BIC: GENODEM1GLS
 

Geplante Testexplosion in Nevada wird zur nuklearen Generalprobe

Das Pentagon scheint nach der optimalen Größe für einen Bunkerbuster zu suchen

Von Robert Gehrke - Salt Lake Tribune / ZNet 27.04.2006

Washington. Auf dem Gelände des Nevada Test Site ist für Juni eine Großdetonation geplant. Diese Explosion soll Kriegsplanern helfen, die kleinste Atomwaffe zu entwickeln, die gerade noch in der Lage wäre, unterirdische Ziele zu zerstören. Manche befürchten, dies könne bedeuten, dass wieder einmal Druck zur Einführung taktischer Nuklearwaffen erzeugt wird.

Mit der Explosion im Juni - sie läuft unter dem Namen ‘Göttliche Planke’ (‘Divine Strake’) -, wird die Absicht verfolgt, "ein Planungsinstrument zu entwickeln, das Kriegsführenden bessere Gewissheit gibt, den kleinsten, angemessenen nuklearen Impakt zu ermitteln, der nötig ist, um unterirdische Einrichtungen zu zerstören und gleichzeitig den Kollateralschaden so gering wie möglich zu halten". Nachzulesen im Haushalt des Verteidigungsministeriums.

Irene Smith ist Sprecherin der Pentagon’s Defense Threat Reduction Agency. Sie sagt, das Haushalts-Dokument lasse unberücksichtigt, dass es sich bei ‘Divine Strake’ um eine "Atomsimulation" handle. Die Detonation diene zur Entwicklung von Computerprogrammen, die es ermöglichten, die Erdbewegungen nach einer Großexplosion vorauszusagen.

‘Divine Strake’ wird keine Atomexplosion sein - das heißt, nukleares oder radioaktives Material wird dabei nicht verwendet. Dennoch wird die Explosion fünfzigmal wuchtiger sein, als die Sprengkraft der größten konventionellen militärischen Waffe, der MOAB (Massive Ordinance Air Blast Bomb), scherzhaft auch Mother Of All Bombs genannt. Allerdings wird die Explosion um ein Vielfaches geringer sein, als die der kleinsten Atomwaffe, die die Amerikaner in ihrem Arsenal haben.

"Sie scheinen versuchen zu wollen, die Sprengkraft zu nutzen, um das Innere (eines Ortes) quasi in Stücke zu rütteln, und es scheint ihnen weniger darum zu gehen, einen Penetrator in die Erde zu schicken, der die Erde umgräbt", so der Atomwaffenexperte Hans Kristensen von der Federation of American Scientists. "Das bedeutet ganz offensichtlich, dass es die Vorstellung gibt, Nuklearwaffen auch an der (Erd-)Oberfläche einzusetzen, was eine ganz dreckige Sache ist, denn das Material würde aufgesogen und in die Atmosphäre geschleudert".

Einige Aktivisten zeigen sich besorgt, die Bush-Administration könnte den ‘Divine-Strake’-Test dazu nutzen wollen, um taktische Nuklearwaffen mit geringem Impakt einzuführen.

"Wir haben ganz sicher Grund zur Besorgnis", so Vanessa Pierce, Projektleiterin der Health Environment Alliance in Utah. "Ich denke, dieser Test zeigt, dass die Waffenentwickler so besessen sind von der Idee, neue Atomwaffen - beispielsweise Mini-Nukes - zu erzeugen, dass sie alles tun werden, um zum Zuge zu kommen".

Und Pierce weiter: "Diese Regierung setzt sich wirklich sehr dafür ein, neuartige Atomwaffen zu schaffen".

Harry Reid ist im US-Senat der Minority Leader. Er zeigt sich besorgt über die pilzförmige Wolke, die bei dem Test aufsteigen wird und bat Verteidigungsminister Donald Rumsfeld um einen geheime Unterredung zu ‘Divine Strake’. Heute Nachmittag wird sich Reid außerdem mit James Tegnelia von der Defense Threat Reduction Agency treffen.

Der Test am 2. Juni, auf dem Nevada Test Site, soll folgendermaßen ablaufen: Man packt 700 Tonnen Ammoniumnitrat und Heizöl auf einen unterirdischen Kalksteintunnel. Anschließend wird das Ganze in die Luft gesprengt und der Schaden, der in den einzelnen Kammern entsteht, gemessen.

Die Mischung ist vergleichbar mit jener Bombe, die Timothy McVeigh 1995 zündete, um das Alfred P. Murrah Staatsgebäude in Oklahoma City in die Luft zu sprengen. Der einzige Unterschied: Die Nevada-Bombe wird das 280-fache des Materials beinhalten, das McVeigh damals verwendete.

Messgeräte innerhalb des Tunnels und in dessen Umgebung werden die Schäden und die Erderschütterungen durch die Explosion festhalten. Die anschließende Wanderung des Staubs aus der Pilzwolke, der bis auf 10.000 Fuß hochgewirbelt werden kann, wird ebenfalls beobachtet.

J. Preston Truman ist Leiter der Gruppe Downwinders, ein Verein, in dem sich Leute zusammengeschlossen haben, die durch den radioaktiven Fallout der Atomtests während des Kalten Kriegs krank wurden. Er lacht über die Erklärung des Pentagon, bei dem bevorstehenden Test handle es sich um keine Atomsimulation. Schließlich gäbe es kein Militärflugzeug, das eine konventionelle 700-Tonnen-Bombe abwerfen könnte.

"Es geht nur um eine Sache, nur um die eine", so Truman. "Das heißt doch nichts anderes, als dass sie immer noch mit diesen dummen, geisteskranken Waffen weitermachen".

Der atomaren Komponente des ‘Divine-Strake’-Tests auf die Schliche kamen Hans Kristensen und Andrew Lichterman. Letzterer ist ein Atomwaffengegner und Blogger.

"Das ist nicht nur ein Schritt in Richtung Atomtest. Das ist ein Atomtest - so, wie diese Tests heutzutage eben durchführt werden. Schließlich sind echte Nukleartests (heute) per Abkommen verboten", so Kristensen.

Vergleichbare überirdische Detonationen - nur um ein Vielfaches heftiger - wurden zuvor in New Mexiko durchgeführt und zwar auf dem Gelände der White Sands Missile Range. Das steht in den Planungsdokumenten zu ‘Divine Strake’. Die Letzte davon erfolgte 1991.

In der ‘Nuclear Posture Review 2001’ des US-Verteidigungsministeriums kommt den Nuklearwaffen eine neue, erweiterte Rolle zu - verglichen mit ihrer Funktion während des Kalten Kriegs.

"Nichtnukleare Schlagkraft könnte vor allem von Nutzen sein, wenn es gilt, Kollateralschäden und die Gefahr einer Konflikteskalation zu begrenzen. Nuklearwaffen könnten gegen Ziele eingesetzt werden, die nichtnuklearen Angriffen trotzen (wie beispielsweise tiefe Bunker im Untergrund oder Biowaffen-Anlagen)", steht in dem Report.

Hinzu kommt, dass die Bush-Administration auf die Finanzierung eines nuklearen Bunkerbusters drängt - und sie drängt auf Geldmittel für das Nevada Test Site, damit es eine solche Waffe testen kann, das heißt, innerhalb von zwei Jahren, nachdem eine entsprechende Order ergehen würde.

Die Bush-Administration hat sich zudem für die Aufhebung eines 1994 durch den US-Kongress beschlossenen Verbots der Entwicklung von Mini-Nuklearwaffen mit geringem Impakt eingesetzt.

2003 hat der Kongress das Verbot schließlich kassiert. Forschungen auf dem Gebiet der Nuklearwaffen mit geringem Impakt sind seither wieder erlaubt - sofern eine Sondergenehmigung des Kongresses vorliegt. Danach kann mit dem Bau von Mini-Nukes bzw. entsprechenden Arbeiten begonnen werden.

Quelle: ZNet Deutschland vom 28.04.2006. Übersetzt von: Andrea Noll. Orginalartikel: "Test Blast In Nevada: A Nuclear Rehearsal"

Veröffentlicht am

03. Mai 2006

Artikel ausdrucken

Weitere Artikel auf der Lebenshaus-WebSite zum Thema bzw. von