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Zwei Monate Haft für ein Flugblatt, das überall in Deutschland verbreitet werden darf

Unglaublich, was es alles gibt, möchte man sagen, wenn man die folgende Geschichte hört:

Am 8. Juni 2004 verteilte eine fünfköpfige Gruppe von Friedensfreunden ein Flugblatt vor dem Bundeswehr-Fliegerhorst Büchel in der Südeifel. In diesem Flugblatt wurden die deutschen Soldaten aufgefordert, sich an Wartung und Einsatz der rund 20 dort gelagerten amerikanischen Atombomben nicht zu beteiligen. Diese Bomben sollen im Kriegsfall im Rahmen von Nato-Einsätzen von deutschen Tornado-Piloten ins Ziel geflogen werden.

Die Staatsanwaltschaft Koblenz sah in der Verteilung dieses Flugblatts eine strafbare Handlung und brachte die Gruppe vor Gericht. Das Amtsgericht Cochem verurteilte die Angeklagten am 23. November 2004: Dr. Wolfgang Sternstein erhielt zwei Monate, seine Mitstreiterin Hanna Jaskolski einen Monat Haft. Die übrigen Mitglieder der Gruppe wurden zu Geldstrafen verurteilt.Siehe Artikel "Zwei Monate Strafhaft für die Verteilung eines Flugblatts" .

Zwei Mitglieder der Gruppe, Hanna Jaskolski und Herman Theisen, der Initiator der Aktion, gingen in Berufung und wurden am 29. März 2005 vom Vorwurf freigesprochen, öffentlich zu Straftaten aufgefordert zu haben.Siehe "’Nukleare Teilhabe’ Deutschlands könnte rechtswidrig sein" . Dr. Sternstein nahm die Berufung zurück, da er in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht erklärt hatte, er sei bereit, das Urteil des Amtsrichters zu akzeptieren, sofern es nicht ganz unverhältnismäßig sei. Deshalb wurde sein Urteil am 29. März 2005 rechtskräftig.Siehe "Rücknahme der Berufung, zwei Monate Gefängnis" .

Die Staatsanwaltschaft beantragte Revision des Freispruches für Jaskolski und Theisen vor dem Oberlandesgericht Koblenz. In der Verhandlung am 28. September 2005 wurde der Freispruch wider Erwarten bestätigt. Das Flugblatt darf folglich in ganz Deutschland straffrei verbreitet werden.Siehe "An das Gewissen von Soldaten darf appelliert werden!" .

Die Kuriosität der Geschichte besteht darin, dass Dr. Sternstein am 26. Juli dieses Jahres, also sechzehn Monaten nachdem das Urteil rechtskräftig geworden war, den Haftantrittsbescheid erhielt. Er geht folglich zwei Monate ins Gefängnis für eine Tat, für die alle anderen Angeklagten freigesprochen wurden.

Sternstein nimmt’s gelassen. Er ist als Friedens- und Konfliktforscher mit dem Schwerpunkt Theorie und Praxis der gewaltfreien Aktion seit 25 Jahren in der Friedensbewegung tätig. Er hat an vielen gewaltfreien Aktionen teilgenommen, stand mehrere Male vor Gericht und war acht Mal im Gefängnis in Rottenburg bei Tübingen, insgesamt mehr als ein Jahr. Dort wird er am 3. August auch seine zweimonatige Haftstrafe antreten.

Falls jemand in den Knast schreiben möchte, dann lautet die Adresse ab 3. August: Wolfgang Sternstein, JVA Rottenburg, Schloss 1, 72108 Rottenburg.

Quelle: Wolfgang Sternstein - Pressemitteilung vom 27.07.2006.

Wolfgang Sternstein ist Vorsitzender und Mitarbeiter des Instituts für Umweltwissenschaft und Lebensrechte e.V. (UWI) und unter anderem Mitglied von Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V. Weitere Artikel von und über Wolfgang Sternstein finden sich auf der Lebenshaus-Website unter  Sternstein, Wolfgang .

Fußnoten

Veröffentlicht am

29. Juli 2006

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