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Vor der Innenministerkonferenz: PRO ASYL appelliert an die Innenminister, eine großzügige Bleiberechtsregelung zu beschließen

Der geplante Ausschluss der Iraker verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz und den Schutzgedanken des EU-Flüchtlingsrechts

Kurz vor der Innenministerkonferenz appelliert PRO ASYL an die Innenminister, eine großzügige Bleiberechtsregelung zu beschließen. Das Bleiberecht von einem “dauerhaften Beschäftigungsverhältnis” abhängig zu machen, ist realitätsfremd. Die Geduldeten durften bisher zum Großteil nicht arbeiten, so dass sie dieses Kriterium gar nicht erfüllen können. Eine Bleiberechtsregelung muss erfüllbare Kriterien vorsehen.

PRO ASYL warnt davor, irakische Staatsangehörige von der geplanten Bleiberechtsregelung für langjährig Geduldete auszuschließen. Ein solcher Ausschluss würde gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen und dem Schutzgedanken des europäischen Flüchtlingsrechtes widersprechen.

Auf der IMK soll eine Bleiberechtsregelung beschlossen werden, von der geduldete Iraker ausgeschlossen bleiben.

Eine Herausnahme der Iraker aus der Bleiberechtsregelung widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz gem. Art. 3 Abs. 3 Grundgesetz. In Deutschland leben rund 9.000 Geduldete mit irakischer Staatsangehörigkeit. Der geplante Ausschluss wird mit Sicherheitsbedenken begründet. Es ist durch nichts belegt, dass sich unter den Irakern mehr sicherheitsgefährdende Personen befinden als unter anderen Staatsangehörigen. Ohne einen sachlichen Grund die Iraker von der Bleiberechtsregelung auszuschließen, wäre eine willkürliche - und damit gleichheitswidrige - Entscheidung.

PRO ASYL warnt die Innenminister davor, dem Vorschlag Niedersachsens folgend mit Abschiebungen in den Irak zu beginnen.

Abschiebungen in den Irak steht auch der Schutzgedanke des europäischen Flüchtlingsrechts entgegen. Artikel 15 Buchst. c der EU-Qualifikationsrichtlinie sieht einen Schutzanspruch vor, wenn eine Person im Falle ihrer Rückkehr in das Herkunftsland einer ernsthaften individuellen Bedrohung ihres Lebens oder Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt wäre. Eine derartige Situation ist im Irak gegeben.

In Folge der anhaltenden Gewalt kommen im Irak täglich im Durchschnitt rund 100 Zivilisten ums Leben, die Zahl der Verwundeten schätzt das UN-Generalsekretariat auf täglich 500. Es gibt keinen Schutz grundlegender Menschenrechte. Internationale Organisationen berichten übereinstimmend vom Zusammenbruch von Recht und Ordnung im Irak. Die irakische Polizei ist nicht in der Lage, die Zivilbevölkerung und bedrohte Personengruppen zu schützen. Die für die Gewalttaten Verantwortlichen werden nicht zur Rechenschaft gezogen. Die überwiegende Mehrheit der Anschläge und extralegalen Hinrichtungen wird nicht aufgeklärt. Nach Schätzungen des UNHCR sind über 1,5 Millionen Menschen innerhalb des Iraks vertrieben. Allein in Syrien treffen monatlich mindestens 40.000 irakische Flüchtlinge ein. Der Irak steht vor dem Zerfall.

Falls die Innenminister beschließen, mit Abschiebungen in den Irak zu beginnen, rät PRO ASYL irakischen Flüchtlingen, Schutzanträge beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu stellen und sich hierbei auf die EU-Qualifikationsrichtlinie zu berufen. Dies ist möglich, nachdem deren Umsetzungsfrist inzwischen abgelaufen ist.

Mit Afghanistan wird sich die Innenministerkonferenz nur hinsichtlich der deutschen Unterstützung für die afghanische Polizei befassen, obwohl die drastisch verschlechterte Sicherheitssituation die Beendigung der Abschiebungspolitik dorthin nahegelegt hätte. Auch hier liegt die Schutzbedürftigkeit der Menschen, die von willkürlicher Gewalt tagtäglich bedroht sind, auf der Hand.

PRO ASYL fordert deshalb:

  • eine umfassende Bleiberechtsregelung für alle Dauergeduldeten,
  • keinen Ausschluss der Iraker aus der Bleiberechtsregelung,
  • sofortige Abschiebestopps für Afghanistan und den Irak

Mit ähnlichen Forderungen, gegen ihre geplante Abschiebung und den Ausschluss vom Bleiberecht haben sich Exil-Iraker in einem Brief an die Innenminister und die Bundeskanzlerin gewandt.

Hinweis: Das bundesweite Bündnis für Bleiberecht, die Jugendinitiative Jugendliche ohne Grenzen und das Aktionsprogramm Hier Geblieben!   protestieren mit zahlreichen Veranstaltungen in Nürnberg parallel zur Konferenz der Innenminister am 16./17.11.2006 für das “ganze Bleiberecht”.

Bundesweites Bündnis für Bleiberecht.

Quelle: PRO ASYL   Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge e.V. - Presseerklärung vom 14.11.2006.

Veröffentlicht am

15. November 2006

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