Den Wortbruch der Atomkonzerne mit Wechsel zu Ökostrom-Anbietern beantwortenErklärung des Aktionsbündnises “Atomausstieg selber machen” zum Antrag der Energie Baden-Württemberg (EnBW) auf Laufzeitverlängerung für das Atomkraftwerk Nekarwestheim 1Die Strategie des Wortbruchs der deutschen Atomkraftwerksbetreiber erreicht mit dem Antrag der Energie Baden-Württemberg (EnBW) auf Laufzeitverlängerung für den Altreaktor Neckarwestheim 1 vom 21.12.2006 einen neuen Höhepunkt. Nach dem Essener Stromkonzern RWE demonstrieren jetzt auch die EnBW und ihr Vorstandsvorsitzender Utz Claassen, dass ihnen vertragliche Verpflichtungen, eigene Beteuerungen oder die Wünsche der Mehrheit ihrer Kunden wenig, die Aussicht auf Milliardenprofite aber alles bedeuten. Vor nicht einmal zwei Jahren erklärte Utz Claassen zur auch von EnBW unterzeichneten Atomkonsens-Vereinbarung zwischen Regierung und Stromwirtschaft: “Die Industrie kann nicht Planungssicherheit verlangen und dann in Frage stellen, was sie selbst mit verhandelt, vereinbart und unterschrieben hat.” Im Widerspruch dazu stellte der EnBW-Manager heute den Antrag zur Verlängerung der Laufzeit für Neckarwestheim 1. Die vier dominierenden Stromkonzerne EnBW, RWE, Vattenfall und E.ON wollen mit diesem Vorgehen die Politik nötigen, den Atomausstieg rückgängig zu machen. Einzig und allein wegen der Milliardengewinne beim Weiterbetrieb ihrer abgeschriebenen Altmeiler setzen sie sich über die Sicherheitsinteressen der Bevölkerung hinweg. Doch niemand ist hierzulande gezwungen, Atomstrom zu kaufen. Die im Aktionsbündnis “Atomausstieg selber machen!” zusammen geschlossenen Umweltverbände, Verbraucherschutzorganisationen und Anti-Atomkraft-Initiativen rufen deshalb die Bürgerinnen und Bürger, die privaten Haushalte und Gewerbetreibenden, Unternehmen, Kirchen, öffentliche Verwaltungen und die von den Konzernen unabhängigen Stadtwerke auf, jetzt die Vertragsbeziehungen zur Energie Baden-Württemberg (mit deren Strommarken “EnBW”, “Yello” und “NaturEnergie”) und zu den anderen wortbrüchigen Atomkraftwerksbetreibern aufzukündigen und den Atomausstieg selbst zu vollziehen. “Handeln Sie jetzt. Machen Sie Atomstrom zu einer immer schwerer verkäuflichen Ware. Wechseln Sie noch heute zu Ökostrom-Versorgern, die Elektrizität aus den erneuerbaren Energien Sonne, Wind, Wasser und Biomasse und hocheffizienter Energieumwandlung bereitstellen”, heißt es in einer Erklärung des Aktionsbündnisses. Klimaschutzargument pure PropagandaMit enormem propagandistischen und finanziellen Aufwand hat die Energie Baden-Württemberg in den zurückliegenden Monaten ihren Wortbruch vorbereitet. Zunächst wurde in Berlin ein aufwändiger Klimaschutzkongress veranstaltet, dann ein großes Publikum zur Vorführung des Films “Eine unbequeme Wahrheit” geladen und so versucht, vom Glanz des Klima-Engagements des früheren US-Vize-Präsidenten Al Gore zu profitieren. Schließlich wurden in großen Zeitungen Anzeigen geschaltet, die Atomkraftwerke nicht als Hochrisikotechnologie, sondern als romantisierte Biotope zeigen. Gleichzeitig hat EnBW kürzlich den Bau eines großen Steinkohlemeilers bei Karlsruhe angekündigt. Gemeinsam mit der Mitteldeutschen Braunkohlegesellschaft (Mibrag) plant der Konzern außerdem in Profen (Sachsen-Anhalt) ein 660 Megawatt-Braunkohlekraftwerk, das erheblich mehr Treibhausgase pro erzeugte Kilowattstunde ausstoßen würde als alle anderen Kraftwerkstypen. Noch am vergangenen Wochenende unterzeichnete der EnBW-Vorstandschef mit anderen Spitzenmanagern den offenen Brief des BDI gegen die Klimaschutzanstrengungen der EU-Kommission. All das entlarvt die Klimaschutzbeteuerungen des EnBW-Chefs als pure Propaganda. Wie zuvor der RWE-Konzern will EnBW sein ältestes Atomkraftwerk und das zweitälteste in Deutschland (Neckarwestheim 1, kommerzieller Start 1976) länger betreiben als im Atomkonsens vorgesehen. Dafür soll sich die Laufzeit des jüngsten Meilers in Deutschland am selben Standort (Neckarwestheim 2, kommerzieller Start 1989) verkürzen. Dieses Vorgehen steht im Gegensatz zum Sinn der Strommengenregelung. Sie sollte die Möglichkeit eröffnen, Altreaktoren mit besonders fragwürdiger Sicherheit früher als geplant abzuschalten und dafür später errichtete Anlagen länger laufen zu lassen. Das Gegenteil ist jetzt geplant. Dahinter steht die Absicht, die Atomvereinbarung solange ins Leere laufen zu lassen, bis eine den Konzernen genehme Regierung gewählt ist und diese sich vom Atomausstieg verabschiedet. Katastrophenrisiken und die ungeklärte Entsorgung des Atommülls spielen bei diesen Planungen keine Rolle. Durchschnittlich können die Konzerne pro Reaktor und zusätzlichem Betriebsjahr mit Extragewinnen von 300 Millionen Euro rechnen, in Neckarwestheim (Bruttoleistung 840 Megawatt) wären es rund 200 Millionen Euro pro Jahr. Es geht hierbei um Sonderprofite und nichts anderes. Die vom Stuttgarter Ministerpräsidenten Günther Oettinger (CDU) mehrfach wiederholte Ankündigung, EnBW werde einen Teil seiner Zusatzgewinne abtreten, damit Land und Konzern gemeinsam die erneuerbaren Energietechnologien weiterentwickeln, bereitet nur einen neuen Propagandacoup vor. Der Versuch von EnBW - ein Konzern, der im Gegensatz zu RWE, Vattenfall und E.ON nicht über eine eigene fossile Brennstoffbasis verfügt -, sich mit der mittelfristigen Orientierung auf erneuerbare Energien “zukunftsfest” zu machen, wird als großzügiges Geschenk an die Allgemeinheit verkauft. Doch in Wirklichkeit ist es umgekehrt. Der Staat würde EnBW durch die Gestattung von AKW-Laufzeitverlängerungen Sondereinnahmen bescheren, die das Unternehmen bei - unausweichlichen - Investitionen in die eigene Zukunft entlasten.
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