Wissenschaftler fordern öffentliche Diskussion über EuropapolitikStellungnahme des Attac-Beirats zum deutschen EU-VorsitzDer Wissenschaftliche Beirat des globalisierungskritischen Netzwerkes Attac kritisiert, dass die Bundesregierung das Programm für ihren EU-Vorsitz ohne Beteiligung der Zivilgesellschaft festgelegt hat. “In der deutschen Europapolitik scheinen öffentliche Debatten unerwünscht zu sein”, stellte Jörg Huffschmid, Professor für Politische Ökonomie und Wirtschaftspolitik an der Universität Bremen, fest. Diese seien aber dringend notwendig. Der Beirat hat eine Stellungnahme zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft erstellt, mit der er die öffentliche Diskussion anstoßen möchte. So halten die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen das Ziel für verfehlt, die EU bis 2010 mittels eines rigorosen neoliberalen Kurses zum weltweit wachstumsstärksten Wirtschaftsraum zu machen. “Marktradikalität führt nicht zu ökonomischer Stärke und sozialer Sicherheit, sondern hat Wachstumsschwäche, Arbeitslosigkeit, soziale Polarisierung und ökologische Zerstörung zur Folge”, sagte Jörg Huffschmid. Als Alternativen nennt der Beirat einen entwicklungsfreundlichen makroökonomischen Rahmen, eine entschiedene Politik gegen die Armut in Europa, einen starken öffentlichen Sektor, soziale und ökologische Mindeststandards, die Beendigung des Steuerwettbewerbs sowie eine Politik der ökologischen Effizienz und Suffizienz. Auf starke Kritik stößt die zunehmende Militarisierung der Europäischen Union, die sich unter anderem in steigenden Militärausgaben äußert. “Die zunehmenden Waffenexporte aus der EU tragen zur Verschärfung der Konflikte in Ländern bei, in denen die Union oder ihre Mitgliedstaaten dann mit so genannten Friedensmissionen militärisch intervenieren”, sagte Tobias Pflüger, Mitglied des Europäischen Parlamentes. Der Beirat fordert eine deutliche Abrüstung, die Auflösung der so genannten Battle-Groups, die Beendigung von EU-Militäreinsätzen und die ausschließlich diplomatische und politische Bearbeitung von Konflikten sowie eine Entwicklungspolitik, die auf eine eigenständige Entwicklung der Länder setzt. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler setzen sich ein für eine demokratische, zukunftsoffene EU-Verfassung. Andreas Fisahn, Professor für Öffentliches Recht an der Universität Bielefeld: “Der Gestaltungsspielraum macht die Essenz von Demokratie aus. Diesem Maßstab wird der vorliegende Verfassungsentwurf nicht gerecht.” Stattdessen erhalte der marktradikale Ansatz Verfassungsrang. Der Wissenschaftliche Beirat fordert, den betreffenden dritten Teil des Verfassungsentwurfes zu streichen. Scharf kritisiert wird zudem Artikel 41 I (3), der Aufrüstung zum Gebot der Politik erklärt. Andreas Fisahn: “Das ist inakzeptabel und muss durch ein klares Verbot des Angriffskrieges und die Festlegung auf das Völkerrecht ersetzt werden.”
Quelle: Attac Deutschland - Pressemitteilung vom 28.12.2006. Veröffentlicht amArtikel ausdruckenWeitere Artikel auf der Lebenshaus-WebSite zum Thema bzw. von |
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