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100 Tage nach dem IMK-Bleiberechtsbeschluss: Bislang kaum Aufenthaltserlaubnisse erteilt

Ein Flickenteppich regional unterschiedlicher Behördenpraktiken

Drei Monate nach Verabschiedung des Bleiberechtsbeschlusses durch die Innenministerkonferenz ist es Zeit für eine erste Bilanz. Sie fällt nach den Feststellungen der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL schlechter aus als selbst Skeptiker es erwarten konnten. Bislang sind kaum Aufenthaltserlaubnisse erteilt worden (zu unterschiedlichen Stichtagen: Berlin: 24, Bayern: 117, Hessen: 50, Niedersachsen: 69, Bremen: 27 Fälle). Die Mühlen der Bürokratien von Länderverwaltungen, Ausländerbehörden und Arbeitsagenturen mahlen langsam. Vergeudet wird die kostbare Zeit der Menschen, die eine Aufenthaltserlaubnis nach dem Bleiberechtsbeschluss beantragt haben. PRO ASYL fordert deshalb, diese Benachteiligung durch eine Verlängerung der Antragsfrist (bislang 18.05.07) um 3 Monate auszugleichen und die Frist zum Nachweis von Arbeit und Lebensunterhaltssicherung (bisher: 30.09.07) in gleicher Weise zu verlängern.

Herausgebildet hat sich ein Flickenteppich unterschiedlicher regionaler Behördenpraktiken. Man wähnt sich zurückversetzt in die Zeit der Kleinstaaterei nach dem 30-jährigen Krieg: Cuius regio, eius Bleiberecht. Trotz der bislang geringen Zahl von getroffenen Entscheidungen zeichnen sich Negativtrends ab, die die Kritiker des IMK-Beschlusses bestätigen. Kinderreiche Familien, Jugendliche und Erwerbsunfähige haben keine Chance, weil sie in den meisten Fällen den Lebensunterhalt nicht in vollem Umfang aus eigener Kraft sicherstellen können. Viele Ausländerbehörden legen Bleiberechtsantragstellern außerdem zur Last, sie seien Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen oder hätten ihre Abschiebung nicht aktiv unterstützt. Vor diesem Hintergrund ist damit zu rechnen, dass die Zahl der schließlich erteilten Aufenthaltserlaubnisse selbst hinter pessimistischen Prognosen zurückbleibt. Diese waren davon ausgegangen, dass etwa 10 bis 20 Prozent der Menschen, die die geforderte Aufenthaltsdauer nachweisen können, von der Regelung begünstigt wären.

Angesichts des sich abzeichnenden Leerlaufens des Bleiberechtsbeschlusses erneuert PRO ASYL die Forderung nach einer weitergehenden bundesgesetzlichen Regelung mit Dauerwirkung. Sie muss vor allem die Erteilung einer zweijährigen Aufenthaltserlaubnis vorsehen, ohne dass bereits ein Arbeitsangebot vorliegt. Die bislang lediglich erteilte Duldung ist ein schwer überwindliches Hindernis bei der Arbeitssuche. Bestimmte Gruppen sollten von der Anforderung, den Lebensunterhalt eigenständig zu sichern, ausgenommen werden, so junge Erwachsene in Ausbildung und Studium, Familien mit mehreren Kindern und Alleinerziehende, die ergänzende Sozialhilfe beziehen sowie ältere, kranke und erwerbsunfähige Menschen. Was von der Regierungskoalition in der letzten Woche zunächst als Einigung verkündet und dann wieder von einigen Innenministern in Frage gestellt wurde, erfüllt kaum eine dieser Anforderungen.

Besonders wichtig, aber bisher auch nicht auf der Agenda der Koalition: § 25 Absatz 5 Aufenthaltsgesetz muss geändert werden, damit sich das Elend der Kettenduldungen nicht immer wieder erneuert. Wer bislang nach Auffassung der Ausländerbehörden freiwillig ausreisen kann, erhält in der Regel immer nur auf unabsehbare Zeit die Duldung. Da man nach der Weltsicht der Ausländerbehörden letztlich in jedes Land der Welt freiwillig ausreisen kann - auch in den Irak, nach Afghanistan und andere Kriegs- und Krisengebiete - erhält fast niemand eine Aufenthaltserlaubnis.

Quelle: PRO ASYL   Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge e.V. - Presseerklärung vom 22.02.2007.

Unter der Parole “100 Tage und kein Bleiberecht” fand in vielen Städten am 24. Februar 2007 (100 Tage nach dem IMK-Beschluss) ein dezentraler Aktionstag der Initiativen für ein Bleiberecht statt (Näheres unter http://100tage.bleiberechtsbuero.de ).

Veröffentlicht am

25. Februar 2007

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