Zur Lage am Persischen Golf: Überall Kriegsschiffe und BombenVon Michael T. Klare - TomDispatch / ZNet 04.05.2007 Der Blick vom Kapitänsdeck der USS Nimitz ist wie der Blick aus einer sechsten Etage. Man sieht hinunter auf das beeindruckende Flugdeck mit 80 schnittigen, mit Bomben und Raketen bewaffneten Kampfflugzeugen. Diese Flieger sind jederzeit von einer Minute auf die andere einsatzbereit - bei Tag und bei Nacht. Der Anblick, wie sie abheben und landen - auf dem 1100 Fuß langen Start- und Landedeck - ist schier unbeschreiblich. Ich weiß, wovon ich rede. Vor 25 Jahren war ich selbst an Bord der USS Nimitz - als Reporter für das Magazin Mother Jones. Derzeit nähert sich die USS Nimitz mit hoher Geschwindigkeit dem Persischen Golf, wo sie zu zwei weiteren US-Flugzeugträgern und dem französischen Flugzeugträger Charles De Gaulle hinzustoßen wird. Es ist die massivste Konzentration navaler Feuerkraft in der Region seit dem US-Einmarsch in den Irak vor vier Jahren. Warum findet diese Konzentration ausgerechnet jetzt statt? Offiziell soll die Nimitz die USS Dwight D. Eisenhower ablösen. Nach mehrmonatiger Stationierung in der Region soll die Eisenhower turnusgemäß in die USA zurückkehren - um gewartet zu werden und die Mannschaft auszutauschen. Allerdings weigert sich das Centcom (U.S. Central Command) - unter dessen Kommando sämtliche US-Militärstreitkräfte in der Region ‘Persischer Golf’ stehen -, den genauen Zeitpunkt des Abzugs der Eisenhower bekannt zu geben. Selbst die geplante Ankunft der Nimitz wird verschwiegen. Zumindest für einen gewissen Zeitraum werden die USA somit drei Flugzeugträger - die je eine Kampfeinheit (carrier battle group) tragen -, in der Region haben. Der dritte Flugzeugträger im Bunde ist die USS John C. Stennis. Jedes dieser drei Trägerschiffe wird begleitet von einer kleinen Flotille aus Cruisern, Zerstörern, Unterseebooten und Versorgungsschiffen (viele davon verfügen über sogenannte TLAMs: Tomahawk-Cruise-Missile-Raketen für den Angriff auf Land). Zumindest haucht das Ganze dem Begriff “Kanonenboot-Diplomatie” eine neue, moderne Bedeutung ein. Umso erstaunlicher, dass die US-Medien die Verlegung der Nimitz nur ganz am Rande erwähnen, falls es ihnen überhaupt eine Nachricht wert ist. Im April schiffte die USS Nimitz in den Pazifik ein - auf ihrem Weg in die Golfregion. Seither scheint sie vom Radar der Medien quasi verschwunden - wie das berühmte ‘verlorene Patrouillenboot’. Seien Sie gewiss, die Iraner nehmen die Sache zur Kenntnis - im Gegensatz zu uns. Wenn die Kampfeinheit Nimitz im Golf anlangt, wird die Bush-Administration dort für einen unbekannten Zeitraum über die optimalen Vorrausetzungen für einen Angriff auf den Iran verfügen. Jede Menge strafende Bomben und Raketen werden bereitstehen, sollte sich Bush entschließen, seine oft wiederholte Drohung wahr zu machen, das iranische Nuklearprogramm mit militärischer Gewalt zu eliminieren. “Alle Optionen” lägen nach wie vor “auf dem Tisch”, pflegt die Bush-Administration - in ihrer vagen Art - zu sagen. Währenddessen gehen bei den Vereinten Nationen in New York und in verschiedenen europäischen Hauptstädten die Verhandlungen über die iranische Urananreicherungstechnologie weiter (die als möglicher erster Schritt zur Herstellung einer Atomwaffe gilt). Man will in dieser Sache mit dem Iran aus der Sackgasse kommen. Bislang weigern sich die Iraner, in irgendeiner Weise nachzugeben. Sie sagen, ihre Aktivitäten dienten ausschließlich friedlichen Zwecken; somit seien diese Aktivitäten mit dem Atomwaffensperrvertrag (NPT) vereinbar, den der Iran unterzeichnet hat. Die USA machen vage Versprechungen, sie würden die Beziehungen zum Iran verbessern, falls - beziehungsweise sobald - der Iran sein Nuklearprogramm einstelle. Der gesamte Druck zu ersten Konzessionen lastet indessen auf dem Iran. Am vergangenen Wochenende fand in Ägypten eine Konferenz statt, zu der irakische Offizielle geladen hatten, um regionale Ansätze für eine Stabilisierung der Region auszuloten (auch Offizielle aus dem Iran waren zu der Konferenz erwartet worden). Washington sah dies wieder einmal als günstige Gelegenheit, um Druck auf Teheran auszuüben. Teheran müsse eine nachgiebigere Haltung gegenüber den Forderungen des Westens an den Tag legen - bei vielen Themen, unter anderem hinsichtlich einer iranischen Unterstützung für schiitische Militante im Irak. Präsident Bush wird nicht müde zu betonen, dass er an einem Erfolg der “diplomatischen” Vorstöße, wie er es nennt, interessiert sei. Bis jetzt hat Bush jedoch keinen einzigen Vorschlag und keine einzige Initiative vorgebracht, auf die die Iraner realistischerweise positiv reagieren könnten. Bush wartet möglicherweise einfach ab - in dem Wissen, dass seine “diplomatischen” Bemühungen mit hoher Wahrscheinlichkeit scheitern werden -, bis zu jenem Tag, an dem er dem amerikanischen Volk verkünden kann: “Wir haben alles versucht”, “ich bin mit meiner Geduld am Ende”. Er könne “die Sicherheit des amerikanischen Volkes” nicht länger durch “fruchtlose Verhandlungen riskieren” - während die Iraner gleichzeitig “fortfahren, an einer Atombombe zu basteln”. Daher habe er sich zu dem notwendigen, wenngleich hochriskanten Schritt entschieden, den US-Streitkräften Luft- und Raketenangriffe gegen iranische Nuklearanlagen zu befehlen. Zu diesem Zeitpunkt werden die 80 Flieger der Nimitz und die der Eisenhower und der Stennis bereits unterwegs sein zu ihren Zielen im Iran - ebenso wie Hunderte TLAMs und andere Waffen, die derzeit am Golf konzentriert werden.
Quelle: ZNet Deutschland vom 09.05.2007. Übersetzt von: Andrea Noll. Orginalartikel: “Warships, Warships Everywhere, and Many a Bomb to Drop” . Veröffentlicht amArtikel ausdruckenWeitere Artikel auf der Lebenshaus-WebSite zum Thema bzw. von |
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