Im Namen der US-Regierung: Terrorismusbekämpfung oder Bankraub von Spendengeldern?Geld der Aktion “Ferien vom Krieg” für Ferienspiele in Palästina beschlagnahmt
Diese “summer-games” regte eine Mitarbeiterin des Zivilen Friedensdienstes an, die damals in einem Sozialzentrum in Bethlehem arbeitete. Sie schrieb dazu während der von der israelischen Armee verhängten Ausgangssperre in der Broschüre “Ferien vom Krieg im Sommer 2002”:
Seit dem Sommer 2002 hat sich die Situation noch entschieden verschlechtert. Im Februar 2007 veröffentlichte die UNO einen Bericht, wonach, infolge des Boykotts nach der Wahl der Hamas, ein großer Teil der palästinensischen Bevölkerung hungert. Um den Kindern zu ermöglichen, sich wenigstens zwei Wochen satt essen zu können, Ausflüge zu machen, sich bei friedlichen Spielen zu amüsieren und wieder lachen zu lernen, finanziert das Komitee, mit Hilfe vieler SpenderInnen, die Ferienspiele sowie Workshops mit Clowns für die ErzieherInnen usw. Seit fünf Jahren ist die Organisation Future Generation Hands Association (früher Nablus Youth Federation) eine der Partnerorganisationen des Projekts “Ferien vom Krieg”, von der bisher ca. 200 Jugendliche nach Deutschland gekommen sind, um in einem schwierigen Prozess die Perspektive von Gleichaltrigen aus Israel kennenzulernen. Im Juni 2007 stellte die humanitäre Organisation Future Generation Hands Association einen Antrag auf die Finanzierung von Ferienspielen. Helga Dieter prüfte und kürzte den Antrag und bewilligte 8.000 USD für 200 Kinder, wobei die höchste Summe die Verpflegung ausmacht. Ein Vertrag wurde am 18.6.07 unterzeichnet, er regelt mehr als deutlich:
Nach dem blutigen Putsch der Hamas im Gaza-Streifen wurden auch aus Nablus Unruhen gemeldet. Helga Dieter befürchtete, dass bei einer Eskalation der Situation das Geld der Hamas in die Hände fallen könnte und fragte die Partnerorganisation nach einer sicheren Bankverbindung z.B. in Jerusalem. Die gab es nicht. Am 22.6.07 überwies die Bank des Komitees 8.000 USD auf das Konto in Nablus. Vier Tage später erhielt sie den Bescheid: Das Geld werde nicht überwiesen, weil Future Generation Hands Association als eine Rechtsperson erscheine, wie sie unter die Sanktionen der US-Finanzbehörde für die Kontrolle ausländischer Guthaben falle. Es werden weitere Informationen über die Organisation und den Zweck der Zahlung in Form einer authentischen Nachricht gefordert. Dann werde entschieden, ob das Geld weiter blockiert bleibe oder nicht. Ab 27.6.07 läge das Geld auf einem blockierten Konto der “Deutsche Bank Trust Company”. Das Schreiben schließt: “Wir entschuldigen uns für die Unannehmlichkeiten”. Nachdem die erste Aufregung sich gelegt hatte, dachte Helga Dieter: “So sieht es also aus, wenn ein Land unter den Generalverdacht des Terrorismus gestellt wird. Da wird eine ländliche Volksbank von dem US-Finanzminister kontrolliert, das nennt man Globalisierung. Das ist ein Politikum, das ich in aller Ruhe durchspielen und dann öffentlich machen werde. Das Geld für die Ferienspiele werden wir schon nach Jerusalem und von dort nach Nablus bringen. Das blockierte Geld liegt ja bei der Deutschen Bank sicher, das werden wir dann schon zurück erhalten.” Ein Anruf bei der Volksbank war der nächste Schock. Ob das Komitee das Geld je wieder erhalte, stehe in den Sternen. Das Schreiben nenne zwar den Namen der Organisation, meinte der Sachbearbeiter, er nehme aber an, dass es nicht um eine bestimmte Organisation gehe, sondern nun auch palästinensische Banken den US-Sanktionen unterlägen. Dollar-Überweisungen nach Kuba oder Libyen würden schon lange blockiert, da lägen Milliarden seit 20 Jahren fest. Es sei sehr schwierig, blockiertes Geld wieder zu erhalten. “Aber das liegt doch bei der Deutschen Bank?”, fragt Helga Dieter irritiert. “Aber in New York, die unterliegen amerikanischen Gesetzen”, ist die Antwort. “Wir haben doch dieses Jahr schon Geld an andere Partnerorganisationen in Palästina geschickt.” “Aber in Euro, das geht durch”, antwortete er “alle Dollarüberweisungen laufen über die USA. Alle Dollar-Auslandszahlungen werden gescreent und gehen in die USA, das haben die Amerikaner durchgesetzt und alle halten sich daran.” Dass Palästina nun auch der Blockade unterliegt, wusste ich auch nicht. Das ist sehr, sehr schwierig, dass Sie das Geld wieder erhalten.” “Wenn ich Euro geschickt hätte wäre das nicht passiert?”, fragte Helga Dieter ungläubig. “Ja, wenn ich gewusst hätte, dass jetzt Banken in Palästina unter die Sanktionen fallen, hätte ich Sie warnen können.” Zwei Tage später (28.6.07) hörte Helga Dieter in der 20.00 Uhr “tagesschau” über das neue EU-Abkommen zur Weitergabe von Daten europäischer Passagiere an die US-Behörden. In diesem Zusammenhang sagte der Brüsseler Korrespondent Rolf-Dieter Krause: “Der Zufall aber will es, dass Europa heute ebenfalls einwilligte, den USA auch die Daten internationaler Banküberweisungen zu überlassen. Die sollen zwar, wie die Passagierdaten, nur dem Kampf gegen den Terrorismus dienen, aber das ist für die Skeptiker eher das Problem. In dessen Namen hätten die USA schon anderes Recht gebrochen.” Diese Meldung wurde in späteren Sendungen nicht wiederholt und ist auch in der sonstigen Presse nicht zu finden. Sie bedeutet, dass künftig auch keine Euro-Überweisungen ohne US-Kontrolle mehr nach Palästina gelangen. Auch wird seit Tagen publiziert, dass der Boykott gegen die palästinensische Regierung gelockert werde und die ihr zustehenden Steuer- und Zollgelder von Israel bald gezahlt würden. Helga Dieter hat nun über ihre Bank einen Brief in die USA geschickt, in dem sie anhand des Vertrages nachweist, dass es sich bei dem Geld um das Budget für die Ferienspiele handelt. Sie weist darauf hin, dass letzten Sommer Mitglieder der Future Generation Hands Association in den USA an der Konferenz “Fourth Palestinian-Jewish Family Peacemakers Camp” teilgenommen haben und auch in Amerika Spenden für deren Arbeit in Nablus gesammelt werden. Der Direktor der Organisation wird auf der Website von Just Vision als einer der vorbildlichen “Israeli and Palestinian peace builders” vorgestellt. Als Helga Dieter diesen über die Beschlagnahme des an seine Organisation überwiesenen Geldes informiert, fällt er aus allen Wolken: “Aber wir haben erst letzten Monat über dasselbe Bankkonto problemlos eine größere Summe Spendengelder aus den USA erhalten.” Mit schwarzem Humor gesehen, ist die Konfiszierung dieses Geldes in doppelter Weise ein Treppenwitz der Geschichte: Helga Dieter hatte zunächst Befürchtungen, das Geld könne bei einer Banküberweisung der Hamas in die Hände fallen, und nun ist die US-Regierung der Bankräuber. Sie hat der palästinensischen Partnerorganisation einen Vertrag vorgelegt (s.o.), in dem gewaltlose und friedenspädagogische Prinzipien sehr strikt ausgelegt werden. Ausgerechnet diese Veranstaltung gerät nun in Verdacht. Wenn diese Ferienspiele für die geschundenen Kinder von Nablus wegen der Macht und Willkür der US-Politik nicht stattfinden könnten, würde vielleicht dem Terrorismus ein weiteres Stück Feld bereitet. Das werden wir nicht zulassen und andere Wege des Geldtransfers finden. Und wir werden, David gegen Goliath, darum kämpfen, das Geld unserer SpenderInnen zurück zu erhalten.
Quelle: Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V. - Pressemitteilung vom 04.07.2007
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