Protest gegen Ableitung des Rio São FranciscoDer São Francisco Fluss gilt als die Lebensader Nordostbrasiliens, insbesondere des semi-ariden Teiles. In seinem 640 000 km² umfassenden Einzugsbereich leben 14 Millionen Menschen, verteilt auf 503 Gemeinden. Von seinen 2700 km durchqueren 58% das so genannte Dürregebiet des Sertão. Obwohl der Fluss für Millionen Menschen und eine Unzahl von Pflanzen und Tieren lebensnotwendig ist, leidet er besonders in den letzten Jahren unter den Folgen eines sozial und ökologisch unhaltbaren Entwicklungsmodells:
Um die bisher nur extensiv genutzten, aber weit weg vom Fluss liegenden Böden für die Exportlandwirtschaft (v.a. Obstplantagen) nutzen zu können, sollen, durch Ableiten eines Teiles des Wassers vom São Francisco, Bewässerungsprojekte ermöglicht werden. Das Wasser soll mittels riesiger Pumpstationen und Kanälen in Richtung Norden geleitet werden, wo dann das Wasser genutzt werden soll. Zudem sollen temporäre Flüsse zu Flüssen mit ständig strömendem Wasser gemacht werden. Nutznießer werden die Banken, wenige agroindustrielle Unternehmen und die großen Baukonzerne sein. Die ökologischen Schäden sowohl unterhalb der Entnahmestelle als auch dort, wo das Wasser hingeleitet wird, sind von unabhängigen Untersuchungen bestätigt. Auch ökonomisch rechnet sich das Ganze nicht, darauf weist auch die Weltbank hin, die die Finanzierung des jetzigen Projektes ablehnte. Die in dieser Region lebende Bevölkerung, die es gelernt hat mit der Trockenheit zu leben, wird nichts vom Projekt haben, im Gegenteil, sie muss um ihr Land fürchten. Unter dem Präsidenten Cardoso konnte durch internationalen Protest das Projekt verhindert werden. Die Initiatoren des Protestes waren damals der Meinung, dass dieses pharaonische Projekt endgültig vom Tisch wäre; wir haben uns getäuscht. Jetzt, unter dem Präsidenten Lula, ist es aus den Schubladen geholt und als Projekt mit höchster Priorität gestartet worden. Die Bevölkerung, Nichtregierungsorganisationen, aber auch die Industrie, die durch das Ableiten des Wasser Schaden nehmen würde (es sind die Kraftwerke unterhalb der Entnahmestellen) - als auch Regierungen von Bundesstaaten, die gegen das Projekt sind - wurden nicht oder unzureichend an den Entscheidungen beteiligt. Der gesamte Prozess steht im starken Gegensatz zu den Lulas Versprechungen einer transparten und partizipativen Regierungsführung. Protest-Camp gegen die Ableitung des Rio São Francisco in CabrobóSeit Anfang dieses Jahres und vor allem nachdem der Bischof Dom Luiz Cappio sich am Aschermittwoch in einem offenen Brief an den Präsidenten Lula gewandt hat, kommt es in der ganzen São Francisco Region zu Protesten gegen die geplante Ableitung des Rio São Francisco. Nachdem Dom Luiz Cappio, im Oktober 2005 in den Hungerstreik getreten war, um die Regierung zu einem Einlenken im Projekt der Ableitung des Rio São Francisco zu bewegen, ist er zu einer Symbolfigur des Kampfes gegen dieses Mega-Projekt geworden. Ende Juni war ein weiteres Protest-Camp an der Baustelle der Ableitung des Rio São Francisco errichtet worden. In den frühen Morgenstunden des 26. Juni erreichten zwölf Busse aus unterschiedlichen Regionen des São Francisco Tales das Gelände, auf dem der Bau einer Wasserentnahme geplant ist, eine bereits enteignete Fazenda am Ufer des Flusses in der Gemeinde Cabrobó (Pernambuco). Noch im Morgengrauen errichteten die angereisten Aktivisten zusammen mit der indigenen Bevölkerung der Umgebung ihre Zelte aus Plastikplanen und Holz. Die ersten Reaktionen der Polizei am folgenden Tag waren zurückhaltend, nur ein kurzer Besuch, um vom Ausmaß der Besetzung und den Forderungen der Demonstranten Kenntnis zu nehmen. Am folgenden Tag versuchte ein Vertreter des Ministeriums für nationale Integration, das für die Durchführung der Ableitung zuständig ist, erfolglos, die Demonstranten zum Einlenken zu bewegen. Aufgrund der Haltung der DemonstrantenInnen wurde am vierten Tag der Besetzung das rechtliche Verfahren, das die Räumung des besetzen staatlichen Grundstücks ermöglichen sollte, in Gang gesetzt. Von diesem Zeitpunkt an verstärkte sich die Militär- und Polizeiüberwachung; es wurden auch Hubschrauber eingesetzt. Am achten Tag des Protest- Um gewaltsame Ausschreitungen zu verhindern, beschloss die Koordinierungsgruppe des Protest-Camps dem Räumungsbefehl Folge zu leisten. Doch gaben sie den Protest damit nicht auf. Die DemonstrantInnen verließen das Gelände, um in einem Demonstrationszug zu einer 13 km entfernten Ansiedlung von Landlosen zu marschieren. Von dort aus planten sie in den Protest eint eine Vielzahl von sozialen GruppenEtwa 1.500 Personen nahmen von Beginn an der Besetzung des Baustellengeländes teil. Ein besonderes Merkmal war die Diversität der beteiligten Gruppen, ein Querschnitt durch die Bevölkerung des Nordostens. Zahlreiche indigene Gruppen (Truká, Tumbalalá, Truxá, Pipipã, Kambiwá, Pankararu, Xoxó und Kariri-Xokó), Quilombolas, Landlose, KleinbauerInnen, Fischer und Vertreter von sozialen Bewegungen aus den großen Metropolen waren anwesend. Die wichtigsten sozialen Bewegungen der Region waren vertreten: die Bewegung der Staudammbetroffenen, die Landlosenbewegungen (MST und CETA), die Bewegung der Kleinbauern und die Bewegung der Landfrauen. Die Vielfalt der TeilnehmerInnen die verschiedenen sozialen Gruppen, Schichten, Ethnien und Altersklassen (vom Säugling bis zum Greis) machte die Einzigartigkeit der zweiwöchigen Proteste aus. Der Einsatz für den Rio São Francisco geht über kulturelle und soziale Unterschiede hinweg. Beim allabendlichen Lagerfeuer mischte sich der Toré (rituelle Tanz und Gesang der Indios) mit dem Samba de Roda der Fischer. Jugendliche ließen sich zum Zeichen des gemeinsamen Widerstandes von den Indios Kriegsbemalung auftragen. Öffentlichkeitswirksamkeit und KettenreaktionenEinmal mehr konnte die im Rest des Landes weitgehend ignorierte Problematik des Rio São Wie stark die Regierung durch die Breitenwirkung des Protestes verunsichert wurde, zeigte sich in einem kurzfristig einberufen Treffen der Gouverneure von Pernambuco, ParaÃba, Rio Grande do Norte und Ceará. In diesem Treffen wurde die Durchführung einer Pro-Ableitungs-Kampagne beschlossen, um die laut Presseerklärung “schlecht informierten” DemonstrantInnen eines Besseren zu belehren. Ansprüche der Indigenen Bevölkerung werden öffentlich gemachtEin wichtiger Erfolg des Protest-Camps ist, dass der brasilianischen Öffentlichkeit deutlich gemacht werden konnte, dass es sich bei dem bereits für den Bau enteigneten Gelände um Der Kampf der indigenen Bevölkerung für die Anerkennung ihrer Rechte und die Anklage der Symbolischer und religiöser Charakter des ProtestesMit Protest-Aktivitäten von starkem Symbol-Charakter gaben die Demonstranten eine Während des Protest-Camps wurden Informationenaktivitäten und Diskussionen zum Thema Religiöse und mythische Elemente trugen wesentlich zur friedlichen und gemeinschaftlichen
Zusammengestellt aus Berichten von Heinz Peter Vetten bzw. Infos auf der Website des Eine Welt Laden Hückelhoven .
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