Entzug der Gemeinnützigkeit für die Informationsstelle Militarisierung (IMI)Eine kritische Friedensorganisation soll mundtot gemacht werdenDie Tübinger Informationsstelle Militarisierung versteht sich als Scharnier zwischen Wissenschaft und Friedensbewegung und verfolgt seit Gründung 1996 ihr satzungsgemäßes Ziel, dem Frieden und der Völkerverständigung dienliche Informationen zu veröffentlichen und zu verbreiten. Hierbei nimmt sie eine kritische Haltung zur deutschen Beteiligung an Angriffskriegen, zum Einsatz der Bundeswehr im Inneren und zum Abbau der Bürger- und Menschenrechte ein. Bereits im Februar 2006 verweigerte das Finanzamt Tübingen dem Verein einen endgültigen Freistellungsbescheid und hiermit die Anerkennung seiner Gemeinnützigkeit. Als Grund wurde genannt, eine nicht näher spezifizierte Behörde hätte Zweifel an der Verfassungstreue des Vereins erhoben. Seit dem erhielt die IMI keine weiteren Angaben über die Behörde und die Anschuldigungen. Mit Schreiben vom 11.5.2007 teilte das Finanzamt nun mit, es beabsichtige "der IMI die Gemeinnützigkeit für die Jahre ab 2001 zu versagen", da sie sich tagespolitisch äußere und dies nicht gemeinnützig sei. Darüber hinaus drohte das Finanzamt, den Verein für die entgangenen Steuern mit 40% auf alle Spendeneinnahmen seit 2001 haftbar zu machen. Dies wertet die IMI in zweifacher Hinsicht als politischen Skandal. Erstens ist es die Aufgabe einer Organisation, die sich der Wahrung und Herstellung des Friedens widmet, gerade in Zeiten zunehmender und zunehmend gewalttätiger Auslandseinsätze der Bundeswehr hierzu Stellung zu nehmen. Zweitens betrachtet sie den haltlosen Vorwurf, überwiegend tagespolitisch tätig zu sein, nur als vorgeschoben, um damit der Aufforderung einer ominösen Behörde nachzukommen, die Arbeit der IMI zu behindern. Die IMI vermutet dahinter das Bundesamt oder das Baden-Württembergische Amt für Verfassungsschutz und fordert das Finanzamt auf, seine Quellen offen zu legen und die Vorwürfe zu konkretisieren. "Es ist bezeichnend, dass im Kontext verfassungswidriger In- und Auslandseinsätze deren Kritiker zu Staatsfeinden erklärt werden - von Organisationen, die dem Namen nach dem Schutz der Verfassung dienen", so Jürgen Wagner, Geschäftsführender Vorstand der Informationsstelle Militarisierung. "Dass diejenigen, die im Ausland Aufstandsbekämpfung mit Tornados betreiben, im Inland nicht davor zurückschrecken, das Finanzamt auf Kritiker zu hetzen, sollte nicht wundern", so Wagner weiter. Die Informationsstelle versucht nun, die Öffentlichkeit für sich zu mobilisieren. Unter dem Motto "IMI - gemein aber nützlich" will sie erstens für ihren Fortbestand kämpfen, aber auch auf die Zusammenhänge zwischen äußerer Militarisierung und innerer Repression hinweisen. Aktueller Nachtrag vom 24.08.2007: Gemeinnützigkeit anerkannt!Wir möchten hiermit mitteilen, dass wir heute vom Finanzamt Tübingen einen Freistellungsbescheid erhalten haben, in dem festgestellt wird, dass die Informationsstelle Militarisierung den “als besonders förderungswürdig anerkannte[n] gemeinnützige[n] Zweck” der Völkerverständigung verfolgt. Dem vorausgegangen war ein Gespräch mit dem Leiter des Finanzamtes und der zuständigen Mitarbeiter, zu dem es insbesondere aufgrund einer Flut von Schreiben in unserer Sache an das Finanzamt kam. Auf diesem wurde uns mitgeteilt, dass es das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg war, welches den ursprünglichen Vorwurf der Verfassungsfeindlichkeit gegen uns in den Raum gestellt hatte, allerdings ohne diesen in irgendeiner Weise erhärten zu können. Auch wurde bestätigt, dass es ohne diesen Vorwurf nicht zu einer Überprüfung unserer Gemeinnützigkeit aufgrund unserer vermeintlich tagespolitischen Äußerungen gekommen wäre. Diese sei jedoch ordnungsgemäß verlaufen. Uns haben mittlerweile mehrere Vereine kontaktiert, die befürchten ebenfalls von solchen Verfahren betroffen zu werden und die sich hierauf vorbereiten möchten. Wir werden uns weiter Mühe geben, den Vorgang zu dokumentieren und würden uns an einem entsprechenden Netzwerk beteiligen. Wir danken Allen, die uns unmittelbar oder durch ein Schreiben an das Finanzamt ihre Solidarität ausgedrückt und uns damit entscheidend geholfen haben! Quelle: Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. - Pressemitteilung vom 11.07.2007.
Veröffentlicht amArtikel ausdruckenWeitere Artikel auf der Lebenshaus-WebSite zum Thema bzw. von |
|