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Nach Erdbeben: Radioaktives Wasser im Meer

Von Karl Grobe

Ein Erdbeben hat am Montag das weltgrößte Atomkraftwerk lahmgelegt. Vier der sieben Reaktorblöcke des japanischen AKW Kashiwazaki Kariwa schalteten automatisch ab, nachdem das Beben eine Transformatorstation in Brand gesetzt hatte. Der Betreiber Tokyo Electric Power (Tepco) bestätigte zudem, dass radioaktives Wasser auslief. Es bestehe die Möglichkeit, dass ein Teil davon ins Meer laufe. Es bestehe jedoch keine Gefahr für die Umwelt.

Nach Medienberichten schalteten vier Reaktorblöcke ab, als die Transformatorenstation nahe Block drei in Brand geriet. Offen ist, wann sie wieder angefahren werden sollen.

8,1 Megawatt Gesamtkapazität

Kashiwazaki liegt an der japanischen Westküste in der Provinz Niigata. Es ist rund 200 Kilometer von der Hauptstadt Tokio entfernt. Die sieben dort seit 1985 installierten Siedewasserreaktoren - der neueste ist acht Jahre alt - haben eine Kapazität von 8,1 Megawatt. Sie liefern zusammen knapp 17 Prozent des japanischen Atomstroms, jedoch liegen die drei nicht betroffenen Blöcke derzeit wegen Wartungsarbeiten still.

Insgesamt sind in Japan 55 Reaktoren an 20 Orten in Betrieb. Zurzeit ist Japan mit 291,5 Milliarden Kilowattstunden drittgrößter Atomstromproduzent, nach den USA (787,2) und Frankreich (428,7) und vor Deutschland (158,7). Es plant den Bau von rund 40 weiteren Reaktorblöcken, um den Energiebedarf zu decken. Über Öl- und Erdgasquellen verfügt Japan nicht, die letzten Kohlebergwerke wurden in den 90er Jahren stillgelegt.

Der Ausbau der Atomenergie ist nicht unumstritten. Zwar verkündete die staatliche Kernenergiekommission wiederholt das Ziel, bis zum Jahr 2050 oder 2010 den Atomstrom-Anteil bei 30 bis 40 Prozent der Energieerzeugung zu halten (gegenwärtig 30 Prozent), doch lehnen unabhängige Wissenschaftler diese Planung ebenso ab wie einige Kommentatoren führender Zeitungen.

Der höchste Wissenschaftsberater der Regierung, Kiyoshi Kurokawa, sagte, die Förderung der Nuklearenergie sei nicht seine Politik, sondern die der Regierung. “Sie können ja raten, welches japanische Ministerium stark involviert ist und wer die Anteilseigner in der Wirtschaft oder anderen privaten Sektoren sind.” Wenn man die Zahl der Atommeiler erhöhe, erhöhe man zugleich das Risiko der Atomwaffenverbreitung und die Ziele für Terrorangriffe. Auch seien “Unfälle wie 1986 in Tschernobyl oder 1979 in Three Mile Island” nicht auszuschließen.

Unfälle hat es auch in Japan mehrfach gegeben. In Tsuruga wurden 1981 bei Reparaturarbeiten 278 Arbeiter verstrahlt. In Tokaimura wurden 1999 beim falschen Befüllen eines Tanks mit radioaktiven Stoffen rund 150 Personen verletzt. Japans Regierung setzte dennoch auf ihre Weiterentwicklung und den Ausbau eines vollständigen Brennstoffzyklus’.

Im bis dahin einzigen Schnellen Brüter Monju gab es 1995 ein Natrium-Leck mit Großfeuer im Sekundär-Kühlsystem. Die Anlage lag daraufhin zehn Jahre lang still. Dann erlaubte das höchste japanische Gericht die Inbetriebnahme. Damals kommentierte die Zeitung Mainichi Shimbun: “Die Regierung sollte das Urteil nicht als Rückenwind auffassen, sondern die Gelegenheit ergreifen, erneut über Japans langfristige Kernenergiepolitik nachzudenken.” Allein das Wirtschaftsblatt Sankei tritt seit jeher für die Atomenergie ein.

Quelle: Frankfurter Rundschau   vom 17.07.2007. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Karl Grobe.

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Veröffentlicht am

17. Juli 2007

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