Deutsche AKWs sind nicht die sichersten der WeltInternationaler Vergleich der OECDDie atomkritische Ärzteorganisation IPPNW widerspricht dem bayerischen Wirtschaftsminister Erwin Huber (CSU), nach dessen Ansicht die deutschen Atomreaktoren “die sichersten Kernkraftwerke der Welt” sein sollen (vgl. Bayern2Radio, 16. Juli). Die Organisation verweist auf einen von der OECD im Jahr 1997 veröffentlichten internationalen Vergleich von Atomkraftwerken, laut IPPNW “so etwas wie eine Pisa-Studie für Kernkraftwerke”. Demnach ist bei deutschen Atomkraftwerken die Gefahr extrem hoch, dass es bei einer Kernschmelze zu massiven Freisetzungen von Radioaktivität kommt. Der OECD-Vergleich ergab, dass in dem deutschen Referenz-Atomkraftwerk Biblis B die bei einer Kernschmelze zu erwartende Wasserstoffkonzentration im Sicherheitsbehälter mit 19% weitaus größer ist als in den ausländischen Referenz-Anlagen (10-15%). Biblis B wurde hierbei mit Atomkraftwerken in Schweden (Ringhals), Großbritannien (Sizewell B), Japan, den Niederlanden (Borssele), der Schweiz (Beznau) und in den USA (Surry, Zion, Robinson) verglichen. Lediglich ein inzwischen still gelegtes US-Atomkraftwerk (Maine Yankee) weist schlechtere Werte auf als die deutsche Anlage. Die hohe Wasserstoffkonzentration führt laut OECD im deutschen Atomkraftwerk zu einer “erhöhten Schadensanfälligkeit gegenüber Wasserstoffexplosionen in der frühen (und späten) Phase schwerer Unfallabläufe”. Der hochexplosive Wasserstoff führt nämlich erwartungsgemäß zu schweren Wasserstoffexplosionen und somit zu einem massiven Druckaufbau, so dass der Sicherheitsbehälter (Containment) aufplatzt und große Mengen Radioaktivität freigesetzt werden. Der durch Wasserstoffexplosionen erwartete Druckaufbau im Sicherheitsbehälter liegt in Biblis B mit 11,7 bar wesentlich höher als in den ausländischen Atomkraftwerken, wo laut OECD mit Drücken zwischen 6,3 und 9,4 bar gerechnet wird. Der geschätzte “Versagensdruck” des Sicherheitsbehälters von Biblis B liegt mit nur 8,0 bar deutlich unter dem erwarteten unfallbedingten Druck von 11,7 bar. Im deutschen Referenz-Atomkraftwerk Biblis B ist also mit dem Versagen des Sicherheitsbehälters und in Folge dessen mit massiven Freisetzungen von Radioaktivität zu rechnen. Hintergrund ist, dass die meisten ausländischen Referenz-Atomkraftwerke laut OECD einen Sicherheitsbehälter aus Beton haben und höhere Versagensdrücke aufweisen als die deutsche Anlage. Fast alle deutschen, von Siemens errichteten Atomkraftwerke weisen hingegen mit ihrem Sicherheitsbehälter (Containment) aus Stahl einen zentralen Konstruktionsfehler auf: Der deutsche Stahl-Behälter versagt bereits bei niedrigen Drücken und platzt außerdem großflächig auf, so dass es zu frühzeitigen und massiven Freisetzungen von Radioaktivität kommt. “Nicht umsonst musste sich Siemens beim deutsch-französischen Europäischen Druckwasser-Reaktor vom deutschen Stahl-Containment verabschieden und akzeptieren, dass der Sicherheitsbehälter aus Stahlbeton gefertigt wird”, so IPPNW-Atomexperte Henrik Paulitz. Selbst bei einem von Siemens eigenständig entwickelten neuen Siedewasserreaktor-Konzept (SWR-1000) stellte der deutsche Atomkraftwerkshersteller das deutsche Stahl-Containment in Frage: “Abweichend von der bisherigen Praxis wird jedoch Stahlfaserbeton mit schlaffer Armierung in Betracht gezogen.” Der OECD-Bericht zeigt laut IPPNW, dass die deutschen Siemens-Reaktoren im internationalen Vergleich gefährliche Konstruktionsfehler aufweisen “und mit ihrem Stahl-Containment - salopp gesagt - nachweislich zu den Schrottmeilern zählen”, so Paulitz. “Hinzu kommt, dass in den vergangenen Jahren in Deutschland so genannte Wasserstoff-Rekombinatoren nachgerüstet wurden, die im Betrieb so heiß werden, dass sie die Wasserstoff-Explosionen, die sie eigentlich verhindern sollen, gezielt herbei führen”, so Paulitz. Diese Rekombinatoren werden daher sogar vom Forschungszentrum Jülich und von Experten der Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) scharf kritisiert. “Die deutsche Atomindustrie hat also zuletzt auch noch Wasserstoff-Zünder nachgerüstet, die direkt in die Atomkatastrophe führen können”, so Paulitz.
Quelle: Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) - Pressemitteilung vom 17.07.2007. Veröffentlicht amArtikel ausdruckenWeitere Artikel auf der Lebenshaus-WebSite zum Thema bzw. von |
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