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Am 14. Tag der Reise für Menschlichkeit und Verantwortung

Es liegt an uns


Von Cindy Sheehan - 25.07.2007 - ZNet

Ich liege auf meinem Bett im Hotelzimmer. Der Tag war sehr anstrengend, produktiv, aber auch traurig.

Rund 300 waren heute gekommen, um sich vor dem Eingang zum Soldatenfriedhof Arlington zu versammeln und die dreieinhalb Meilen zum Büro des Kongressabgeordneten John Conyers zu marschieren. Während der letzten vier Jahrzehnte war Conyers einer der führenden Köpfe in der US-Politik. Wir fordern von ihm Verantwortung, wir fordern ein Amtsenthebungsverfahren.

Wir waren sehr aufgeregt über die Energie, die von unserer Gruppe ausströmte. Wie würde die Sache verlaufen, fragten wir uns aufgekratzt? Die Medien berichteten ausführlich. Auf der anderen Seite standen rund ein Dutzend Typen mit Schildern wie: ‘Zur Hölle mit den Verrätern’ oder ‘Zur Hölle mit Cindy Sheehan’. Nett. Ich habe festgestellt, dass es eine Hölle auf Erden gibt. Gibt es etwas Schlimmeres, als sein Kind zu beerdigen? Wenn ja, will ich es nicht wissen.

Nach dem Marsch trafen Reverend Lennox Yearwood (Präsident des Hip Hop Caucus), der pensionierte CIA-Analyst Ray McGovern und ich uns mit dem Kongressabgeordneten John Conyers. Wir beschworen ihn, ein Amtsenthebungsverfahren gegen die Pseudos im Weißen Haus einzuleiten, die unsere Demokratie zerstören und unser Gesetz zu einem Witz machen. Diese Leute sind schuld am Tod hunderttausender unschuldiger Menschen.

Es war das dritte Mal, dass wir uns mit Conyers zum Thema ‘Amtsenthebung’ trafen. Er hat einen besonderen Platz in meinem Herzen. Ich bewundere ihn für seinen jahrzehntelangen Dienst an unserem Land. Aber warum, um Himmelswillen, bringt er das Amtsenthebungsverfahren jetzt nicht in die Gänge, das begreife ich nicht.

Vor einem Jahr - in seiner Eigenschaft als Mitglied des Justiz-Komitees des Repräsentantenhauses (er war noch nicht einmal der Vorsitzende) -, brachte Conyers Antrag HR635 ein, zur Amtsenthebung von George Bush. Conyers hatte auch ein Buch zum Thema Amtsenthebung verfasst (‘The Constitution in Crisis’). Er gibt bereitwillig zu, dass BushCo Dinge verbrochen hat, die eine Amtsenthebung rechtfertigen.

Das Problem ist Parteipolitik, ganz einfach. Der Kongressabgeordnete Conyers sagt, es gäbe absolut keinen Weg, das Amtsenthebungsverfahren voran zu bringen. Fast am Ende meiner Hoffnungen rufe ich: “Aber wenn uns unser Repräsentantenhaus nicht hilft, haben wir, das Volk, überhaupt keine Rückgriffmöglichkeit auf die Exekutive!” Er antwortet: “Doch, das haben Sie. Wählen Sie die, die sie (die Exekutive) ermächtigen, 2008 raus!” Zuerst hatte uns der Kongressabgeordnete Conyers geraten, die Demokraten in den Kongress zurückzubringen, um den Krieg zu beenden und BushCo einem Amtsenthebungsverfahren zuzuführen. Das haben wir getan. Aber anstatt den Krieg zu beenden, gaben sie George Bush weiteres Geld, um den Krieg zu führen und für seine tragisch-tödliche Operation ‘Surge’. Zweiter Punkt: 2008 wird es zu spät sein, Bush und Cheney zur Verantwortung zu ziehen. Dritter Punkt: In den letzten Monaten dieser schlechtesten aller Präsidentschaften in der Geschichte der Vereinigten Staaten würden noch einmal Tausende Menschen sterben. Letzter Punkt: Als Dick Cheney verkündete, er sei kein Mitglied der Exekutive und sein Büro nicht gezwungen, den Nationalarchiven die von ihnen verlangten Dokumente zu überlassen, hätten alle 435 Mitglieder des Kongresses den Gesetzesantrag H Res 333 unterschreiben sollen, um Cheney des Amtes zu entheben. Stattdessen haben nur 14 den entsprechenden Antrag des Kongressabgeordneten Kucinich mitunterzeichnet. Das heißt, 421 gewählte Kongressmitglieder dulden die Verbrechen des Bush-Regimes.

Am Ende des Tages unterstützte auch Sprecherin Pelosi das Impeachment-Verfahren nicht. Sie steht nicht zu ihrem Amtseid, die Verfassung “zu schützen und zu verteidigen”. Vor fast genau einem Jahr sah der Kongressabgeordnete John Convers unsere Verfassung in der Krise. Er sagte, wir könnten keine weiteren Versammlungen und Verzögerungen durch Abgeordnete abwarten, die glauben, das Problem werde sich 2008 von allein erledigen. Unter diesem Regime verfällt der Nahe/Mittlere Osten schneller und schneller, schlittert unser Land immer rascher in eine Exekutiv-Tyrannei hinein - während unsere “Helden”, die Demokraten, zaudern.

Sehr schweren Herzens berichteten Reverend Yearwood, Ray und ich den Medien, was der Kongressabgeordnete Conyers gesagt hatte. Petitionen mit insgesamt über 1 Million Unterschriften lagen ihm vor, alle dreißig Sekunden bimmelt in seinem Büro das Telefon (und jemand spricht sich für ein Amtsenthebungsverfahren aus), und in seiner Vorhalle waren 300 Aktivisten postiert, um ihm den Rücken zu stärken. Dennoch ist Conyers nicht gewillt, die dringlichste Pflicht seiner Karriere voranzutreiben. Besonders der Reverend und ich waren bitter enttäuscht und gebrochen, weil wir Conyers sehr gern haben. Aber noch mehr lieben wir unser Land und die Menschen im Irak und im Nahen/Mittleren Osten. Der Reverend und Ray haben dem Land viele Jahre - beim Militär bzw. in der CIA - gedient. Mein Sohn gab sein Leben, um das zu tun, was eigentlich Aufgabe des Kongresses gewesen wäre: unsere Freiheitsrechte zu verteidigen - anstatt diese Freiheiten dem Mob auszuliefern, der unser Land regiert.

Schweren Herzens gebe ich meine Kandidatur gegen Nancy Pelosi (im 8. Bezirk von Kalifornien) bekannt. Jene, die glauben, ich mache Spaß, sollen sich bitte die letzten drei Jahre meines Lebens vor Augen führen. Ich habe so viel geopfert, um unsere Nation wieder in einen Rechtsstaat zu verwandeln, in ein Land, das in der internationalen Gemeinschaft wieder Respekt genießen wird und nicht mehr der verhasste Trottel von nebenan ist.

Ich fühle mich verpflichtet, unser Zwei-Parteien-System herauszufordern, das uns seit 60 Jahren im permanenten Kriegszustand verharren lässt - ein System, das mehr und mehr nur Sonderinteressen dient und die Gesichter der Menschen vergisst, die es repräsentieren soll.

Ich fühle mich verpflichtet, die Stärke unseres Landes für den Frieden zu nutzen und zur Verbesserung des Status aller Bürger - indem unsere ständige Kriegsökonomie in eine florierende Wirtschaft für dauerhaften Frieden umgewandelt wird.

Eine(r) muss vortreten und die Herausforderung annehmen. Ich fordere meine amerikanischen Mitbürger auf, ebenso zu handeln. Fordern Sie den Status quo heraus, denn dieser Status quo ist negativ. Passiv wählen reicht nicht aus, wir müssen wieder aktiv in unsere Regierung eingreifen, uns beteiligen.

Es liegt an uns.

Quelle: ZNet Deutschland   vom 27.07.2007. Orginalartikel: Orginalartikel: It’s up to us - Journey for Humanity and Accountability . Übersetzt von: Andrea Noll.

Veröffentlicht am

31. Juli 2007

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