Griff nach Iraks ReichtumVon Karl Grobe - Kommentar Ist das schon der Ausverkauf Iraks? Keine Frage, die Abkommen mit den vier großen West-Erdölgesellschaften deuten in diese Richtung. Es sind sogenannte technische Dienstleistungsverträge. Aber es wird klar und laut genug gesagt, dass damit ein Schlagloch auf dem Wege des Rechts und der Souveränität Iraks umfahren werden soll. Genau hier wird der Fall sehr politisch. Ein Erdölgesetz gibt es noch nicht in Bagdad. Das Gesetz - seit über einem Jahr berät das offizielle Bagdad darüber - hätte dreierlei zu regeln. Erstens: Wem gehören die Ölfelder? Kurdistans Mächtige beanspruchen Kirkuk für sich, die Vertreter der sunnitischen Minderheit sehen sich mangels eigener erschlossener Ölfelder benachteiligt. Zweitens: Wie werden die künftigen Öleinnahmen verteilt? Das hängt eng mit der Lösung des Problems zusammen, ob Irak ein Einheitsstaat, eine Föderation oder ein Konglomerat fast staatengleicher Kleinregionen sein soll. Drittens: Sind Erdöl und Erdgas nationaler Reichtum oder eher so etwas wie energiekapitalistisches Welterbe? Da geht es um die Souveränität des Staates, der sich ja auch finanzieren muss, und die Würde der Nation. Und sonderbar: Die Termin-Guillotine soll über diesen Vertrag mit den 1972 des Landes verwiesenen früheren Fremdbesitzern des irakischen Öls just an dem Tag fallen, den die USA recht ultimativ für das umfassende Stationierungsabkommen festgelegt haben. Jenen Vertrag, der - wenn es nach Bush-Wünschen geht - den USA Militärstützpunkte und Militärrechte für jeden beliebigen Anti-Terror-Krieg gewähren würde. Auch das ist eine Souveränitätsfrage, oder anders: eine Art Kolonialstatut.
Quelle: Frankfurter Rundschau vom 20.06.2008. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Karl Grobe.
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