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Kolumbien: Feiern wir die Freilassungen, nicht das Regime

Von Amy Goodman, 12.07.2008 - ZNet

Es ist fantastisch, Ingrid Betancourt frei zu sehen. 2002 war sie Präsidentschaftskandidatin der kolumbianischen Grünen und trat gegen Alvaro Uribe an. Dann wurde sie von der FARC (Revolutionäre Bewaffnete Kräfte Kolumbiens) entführt. Wenige Tage zuvor hatte sie an die FARC appelliert, mit den Entführungen aufzuhören. Seit 2002 war Betancourt Geisel - über 6 Jahre lang. Letzte Woche kam sie mit 14 anderen Personen frei. Die Aufsehen erregende Rettungsaktion durch die Kolumbianische Armee wurde über die Bildschirme und die Presse in alle Welt gespült. Die Feier ihrer Freilassung sollte nicht dazu führen, die Kolumbianische Regierung hochleben zu lassen, beides gehört getrennt.

Ich erreiche den kolumbianischen Arzt und Menschenrechtaktivisten Manuel Rozental in seinem Haus in Kanada. Er ist aus Kolumbien geflohen, nachdem er mehrere Todesdrohungen erhalten hatte. Er sagt: “Wir reden hier von dem Regime mit der schlimmsten Menschenrechtsbilanz auf dem Kontinent und der Armee mit der schlimmsten Menschenrechtsbilanz auf dem Kontinent und der größten Unterstützung durch die USA - einschließlich Söldner und Kontraktoren. Daher sollte, kann und darf die Tatsache, dass dieses Regime in die Befreiung involviert war, nicht verbergen, dass das Regime schrecklich ist”.

Kolumbien ist - abgesehen von Israel und Ägypten - der größte Empfänger von US Foreign Aid. Amnesty International ruft zu einem Stopp aller Unterstützung für Kolumbien auf, da “… Folter, Massaker, ‘Verschwindenlassen’ und das Töten von Nichtkombatanten (dort) weit verbreitet sind. Die Zusammenarbeit zwischen den Streitkräften und paramilitärischen Gruppen dauert bis heute an. 2006 betrug die US-Hilfe für Kolumbien geschätzte $728 Millionen. Rund 80% davon waren Militär- und Polizeihilfe”.

Am 2. Juli befand sich John McCain in Kolumbien. An diesem Tag kam Ingrid Betancourt - zusammen mit mehreren ebenfalls festgehaltenen US-Militärkontraktoren und kolumbischen Soldaten und Polizeioffizieren - frei. Es lohnt sich, McCains Verbindungen zu Kolumbien näher zu betrachten. Wie die Huffington Post berichtet, veranstaltete der Milliardär Carl Lindner aus Cincinnati neulich ein Fundraising-Event für McCain. Lindner ist der frühere CEO von Chiquita-Bananen (Chiquita Brands International). Unter Lindners Aufsicht bewaffnete und finanzierte Chiquita in Kolumbien eine der berüchtigtsten rechten paramilitärischen Gruppen - die AUC (Vereinigte Kräfte der Selbstverteidigung Kolumbiens). Die US-Regierung verhängte ein Bußgeld von $25 Millionen über Chiquita, weil die Firma die AUC gesponsert und mit Waffen ausgestattet hatte. Schon 2001 bezeichnete das US-Außenministerium die AUC 2001 als “ausländische Terroristenorganisation”. Eine Bedingung, die der Bußgeld-Deal enthält, ist, dass Chiquita die Namen seiner Top-Manager, die in die Sache verwickelt waren, nicht nennen muss.

Vor kurzem berichteten die Huffington Post und die New York Times über eine weitere Verbindung zwischen McCain und Kolumbien. McCains Chefberater, Charlie Black, arbeitete bis März als Vorsitzender des Lobbyunternehmens BKSH & Associates, mit Sitz in Washington. Er trat im März zurück, um sich ganz der Wahlkampagne McCains widmen zu können. Seit 1998 verdiente BKSH mit Lobbyarbeit für die Firma Occidental Petroleum 1,8 Millionen Dollar. Occidental betreibt in Kolumbien mehrere umstrittene Ölprojekte. So arbeitete Occidental mit einem Militärkontraktor und dem kolumbischen Militär zusammen, um Angriffe auf eine Pipeline abzuwehren. Im Dezember 1998 warf das Militär eine Bombe auf das Dorf Santa Domingo. Dabei wurden 11 Erwachsene und 7 Kinder getötet. Die Los Angeles Times schrieb, die Firma Occidental “stellte, direkt oder durch Kontraktoren, Truppentransporte, Planungskapazitäten und Treibstoff für die kolumbianische Luftwaffe bereit - auch für die Hubschrauber-Crew, die beschuldigt wird, die Bombe abgeworfen zu haben”.

Es war eine auf Foto festgehaltene Umarmung, die die Aufmerksamkeit der unabhängigen globalen Nachrichtenagentur Inter Press Service erregte. Kurz nach Betancourts Freilassung veröffentlichte IPS einen Artikel mit dem Titel: ‘The General Ingrid Hugged’ (Der General, den Ingrid [Betancourt] umarmte). Betancourt hatte den nationalen Kommandeur der Kolumbianischen Armee, General Mario Montoya umarmt. Montoya wird mit einem Geheimkommando in Verbindung gebracht, das in den späten 70ern mit Bomben und Massakern gegen rechte politische Gegner vorging. Die Fotos, die zeigen, wie Betancourt neben Uribe steht und General Montoya in den Arm nimmt, sorgten zunächst für Aufsehen und bescherten der kolumbianischen Regierung und dem kolumbianischen Militär gesteigerte öffentliche Zustimmung. Inzwischen beginnt Betancourt jedoch, ihren traditionellen Status als Oppositionelle wiedereinzunehmen. Gegenüber dem französischen RFI-Radio sagte sie: “Präsident Uribe - und nicht nur er, sondern Kolumbien als Ganzes - sollten einige Dinge ändern…. Ich denke, es wird Zeit, die Sprache des Radikalismus, des Extremismus und des Hasses zu ändern - die sehr, sehr harten Worte, die ein menschliches Wesen tief verletzen…. Es kommt die Zeit, wenn man einverstanden sein muss, mit den Leuten zu reden, die man hasst”.

Amy Goodman hostet ‘Democracy Now!’ .  ‘Democracy Now!’ - mit mehr als 700 Stationen in Nordamerika - ist ein TV- und Radio-Nachrichtensender, der täglich zu empfangen ist; stündlich sendet er aktuelle Nachrichten.

Quelle: ZNet Deutschland   vom 12.07.2008. Originalartikel: Colombia: Celebrate the Release, Not the Regime . Übersetzt von: Andrea Noll.

Veröffentlicht am

16. Juli 2008

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