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Der unsichtbare Dritte - Deutsche Rüstungstechnik im Gaza-Einsatz

Von Otfried Nassauer, 16.01.2009

Seit Tagen die gleichen Bilder. Israelische Jagdbomber des Typs F-16 fliegen über den Gaza-Streifen. Ihre tödliche Fracht, Bomben und Raketen, trifft Stellungen der Hamas ebenso wie zivile Ziele. Apache-Kampfhubschrauber feuern mit Raketen und Kanonen. Israelische Merkava-Kampfpanzer verschießen Granaten. Die überwiegende Zahl der Opfer des Krieges sind Zivilisten.

Deutschland hat mit alledem scheinbar wenig zu tun. "Made in Germany" steht auf keiner dieser Waffen. Die Kampfflugzeuge kommen aus den USA, ebenso die Kampfhubschrauber. Der Merkava-Panzer wird in Israel hergestellt, ebenso die Schützenpanzer. Ein ähnliches Bild ergibt auch der erste Blick in den jüngsten Rüstungsexportbericht der Bundesregierung. Rüstungsexporte nach Israel scheint es kaum zu geben: Ganze 770.000 € betrug der Wert der Kriegswaffen, die 2007 nach Israel exportiert wurden. Die Genehmigungen für künftige Exporte lagen mit 188.000 € noch niedriger. Wird der deutsche Rüstungsexport nach Israel tatsächlich so restriktiv gehandhabt wie es scheint?

Ein zweiter Blick verändert das Bild: Erste Hinweise liefert wiederum der Rüstungsexportbericht: Deutsche Firmen erhielten 2007 Exportgenehmigungen für mehr als 28 Millionen € für die Lieferung von Rüstungsgütern nach Israel. Erläuternd heißt es, dass knapp 40% der Genehmigungen Teile für Panzer, gepanzerte Fahrzeuge und "Geländewagen mit Sonderschutz" betrafen. Bei knapp 20% ging es um ABC-Schutzmaterial und Schutzbelüftungen, bei mehr als 18% elektronische Ausrüstung, Navigationsanlagen, Lenkausrüstungen, Baugruppen und Bauelemente. Komponenten und Einzelteile, Rüstungsgüter "inside", sind der wesentliche Teil des deutschen Beitrags zum Krieg im Gazastreifen.

Ob Kampfpanzer, -flugzeug oder -hubschrauber: In den Großwaffensystemen Israels stecken oft entscheidende Komponenten aus Deutschland. Israels moderne Merkava-Kampfpanzer haben MTU-Motoren, die in den USA in Lizenz gebaut werden. Ihre Getriebe stammen von der Renk AG in Augsburg. Die 120mm-Glattrohr-Kanone ist eine Entwicklung von Rheinmetall und die Panzerung entstammt einer Kooperation mit IDB Deisenroth. Die Turmsteuerung wurde ursprünglich für den deutschen Leopard-2 entwickelt und nach Israel exportiert, nachdem alle AEG-Logos noch rasch entfernt worden waren. Infrarotmodule der Heidelberger Firma AIM stecken in wichtigen Kampfflugzeugkomponenten wie dem Zielerfassungsbehälter "Lantirn" für F-16-Jagdbomber oder im Kampfhubschraubersystem "Tads" für den AH-64 Aapche. Die Israelische Schnellboote und Korvetten, die den Gaza-Streifen beschießen, werden von MTU-Motoren angetrieben. Ob zu Lande, zur Luft oder zur See: Deutschland ist in vielen Fällen der kaum sichtbare Dritte.

Vollständige Waffensysteme liefert Deutschland an Israel nur selten. Israels Dolphin-U-Boote sind ein solcher Ausnahmefall. Sie wurden in Deutschland gebaut und weitgehend aus dem Bundeshaushalt bezahlt. Sie sind ein gutes und typisches Beispiel für das Denken der Bundesregierungen aller Couleur. "Was schwimmt, geht", lautet ein Diktum, das noch von Hans-Dietrich Genscher stammen soll. Der Export von Marinewaffen kann großzügig genehmigt werden.

Doch der arabische Fernsehsender Al-Jazeera und das iranische PressTV berichteten jetzt übereinstimmend: Die Israelische Marine unterstützt den Krieg im Gazastreifen auch mit einem U-Boot vor der Küste Gazas. Sollte die Meldung richtig sein, so ist sie politisch brisant. Das deutsche Argument, U-Boote könne man bedenkenlos exportieren, weil sie für Bürgerkriege und Menschenrechtsverletzungen bedeutungslos seien, wäre widerlegt. Wie vorteilhaft, dass U-Boote meist getaucht operieren und kaum zu orten sind.

Israels Dolphin-U-Boote können in der Tat vor der Küste des Gazastreifens wichtige militärische Funktionen erfüllen. Sie wurden für den Einsatz in flachen, küstennahen Gewässern konzipiert. Sie können Spezialkräfte für Operationen an Land absetzen, Raketen gegen Landziele verschießen und vor allem vielfältige Aufgaben der Aufklärung und der elektronische Kampfführung durchführen. Für Israel sind die Boote offenbar von großem Nutzen. Zwei weitere wurden fest bestellt. Für ein Drittes wurde eine Option abgeschlossen.

 

Otfried Nassauer ist freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS

Quelle: BITS   - 28.01.2009. Wir veröffentlichen diesen Artikel mit freundlicher Genehmigung von Otfried Nassauer.

Veröffentlicht am

30. Januar 2009

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