Arte-Thementag Iran: Permanenter Kampf ums ÖlVon Karl Grobe Iran ist als regionale Großmacht etabliert, es ist nicht mehr fremdbestimmt, ob das den näheren und ferneren Nachbarn gefällt oder nicht. Den Weg des Landes in den hundert Jahren seit der Verfassungsrevolution zu Beginn des 20. Jahrhunderts bis zur Gegenwart stellt Jean Michel Vecchiet dar; hundert Jahre Geschichte in neunzig Minuten: ein ehrgeiziges Unternehmen. Es ist gelungen. Die filmische Geschichtsstunde zu verpassen wäre beinahe sträflich. Iran, der Wille zur Großmacht , in: Arte, 11.02.2009, 21:00 Uhr. Hier ist Persien - seit 1937 Iran - erkennbar, nicht nur als Objekt mehr oder weniger wohlmeinender Betrachtung. Vecchiet lässt iranische Akteure auftreten, vom letzten Schah bis zu den handelnden Personen der Jetztzeit. Er hat eine Fülle zeitgenössischer Wochenschau- und Filmaufnahmen ausgewertet, und er lässt auswärtige Politiker und Beobachter interpretieren. Die Gegenschnitte von Äußerungen dieser Beobachter, die mal zum Dialog geraten und mal zur Kontroverse, verdeutlichen das Interesse der fremden Politiker ebenso wie das Erkenntnisinteresse der fremden Beobachter; kein schlechter Ansatz, Iran im internationalen Kontext zu zeigen. Er zeigt wenig über die Wünsche und Ambitionen der jüngeren Hälfte der Iraner von heute, die nach der Heimkehr Ayatollah Khomeinys vor 30 Jahren geboren sind; dass das Land dynamischer ist, als es allzu oft dargestellt wird, erschließt sich aber aus der Erzählung. Der Film legt dar, was die wohl wichtigste Komponente des Selbstverständnisses der heute wirkenden politischen und sozialen Akteure ist: den permanenten Kampf um das Erdöl, die Emanzipation vom Einfluss der Europäer und die Konfrontation mit den USA seit dem Putsch von 1953. Fast im Vorbeigehen weist er auf eine weltpolitisch bedeutende Putsch-Folge hin: Indem die USA den Schah wieder an die Macht helfen, von der die dann zerfallende Allianz bürgerlicher und demokratischer Kräfte mit dem schiitischen Establishment ihn für kurze Zeit vertrieben hatten, beendeten sie auch die Rolle Großbritanniens als Weltmacht. Dass Schah Mohammed Reza Pahlevi in seinen letzten Jahren zu einem Kämpfer gegen die USA um der Unabhängigkeit willen geworden sei, ist aber wohl überzeichnet. Vecchiets Film selber macht ja deutlich, was der wesentliche Antrieb der islamischen Revolution war: Der Widerstand gegen die von oben - vom Schah - gewaltsam betriebene Verwestlichung. In diesem Konflikt sah der Schah aus wie der Helfer der USA und nicht wie ihr Gegenspieler. Macht man sich frei von den recht knappen Untertiteln, mit denen in englischer und französischer Sprache geführte Interviews und eindrucksvolle Wochenschausequenzen unterlegt sind, hört man auf den O-Ton, so ist dieser Anteil am Gesamtfilm um so aussagekräftiger. Für seinen Iran-Tag jedenfalls hat der Kultursender Arte ein repräsentatives Mittelstück produziert. Quelle: Frankfurter Rundschau vom 11.02.2009. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Karl Grobe.
Der Iran-Tag bei Arte beginnt am Mittwoch, 11.02.2009, um 10.10 Uhr mit "Made in Teheran"; bis 0.45 Uhr folgen Dokumentationen, Diskussionen und Spielfilme. Die Filme werden größtenteils an anderen Tagen wiederholt. Siehe
Thementag Iran
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