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Abrüstung: Verhandeln und verschrotten

Die USA wollen Russland vorschlagen, die Atomsprengköpfe um 80 Prozent auf jeweils 1.000 zu reduzieren - aushandeln soll das der neue Abrüstungsbeauftragte Gary Samore

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Von Wolfgang Kötter

In der US-Presse wird er bereits seit Tagen als Mann der Stunde gehandelt, dessen Ernennung bevorsteht: Gary Samore soll "Bevollmächtigter für die Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen, Rüstungskontrolle und Abrüstung" werden. Bei direktem Zugang zu Präsident Obama wird er mit einem Stab von etwa zehn Mitarbeitern alle Aktivitäten auf diesem zentralen Gebiet der nationalen und internationalen Sicherheit koordinieren. Damit gehört er unmittelbar zum Weißen Haus, die Rüstungskontrolle erfährt für die amerikanischen Außenpolitik eine enorme Aufwertung.

Samore ist promovierter Wissenschaftler, aber ebenso Manager wie Diplomat und auch in seinem neuen Aufgabenfeld kein Neuling. Bereits unter Bill Clinton arbeitete er von 1995 bis 2001 als Direktor im Nationalen Sicherheitsrat auf demselben Gebiet. Zuletzt stand er als Vizepräsident der renommierten New Yorker Denkfabrik Council on Foreign Relations vor und wirkte bis dahin als Studiendirektor am Londoner Institut für Strategische Forschungen (IISS). Zu Beginn seiner Karriere arbeitete Samore zeitweise am Lawrence Livermore National Laboratory in Kalifornien, der RAND-Corporation und unterrichtete als Hochschullehrer an der Harvarduniversität in Cambridge/Massachusetts.

Informelle Kontakte zu Teheran

Samore gilt als pragmatischer Experte. Zu seinen Spezialgebieten gehören Massenvernichtungswaffen, Exportrestriktionen militärisch sensitiver Dualgüter und Raketentechnologien. Nach dem Willen Obamas soll er Terroristen weltweit den Zugang zu atomaren, biologischen und chemischen Massenvernichtungswaffen versperren. Diplomatische Erfahrungen sammelte er bisher im Nahen Osten und in Asien. Als Mitarbeiter des State Departments handelte Samore im Jahre 1994 das erste Abkommen über das Atomprogramm Nordkoreas aus, das später der aggressiven Bush-Politik zum Opfer fiel, als Pjöngjang kurzerhand auf die "Achse des Bösen" verbannt wurde. Als Antwort trat die KDVR aus dem Atomwaffensperrvertrag aus und testete im Oktober 2006 eine eigenen Sprengsatz. Auch künftig wird der Weg zur atomaren Entwaffnung Nordkoreas, wie in den Sechs-Staaten-Verhandlungen vereinbart, ein steiniger Pfad bleiben. Anders als sein Vorgänger will Präsident Obama nun auch direkt mit dem Iran über dessen umstrittenes Atomprogramm verhandeln. Da kann es nur helfen, dass Samore bereits im vergangenen Jahr an inoffiziellen Gesprächen mit Teheran teilgenommen hat.

Als weitere Herausforderungen stehen bilaterale Verhandlungen mit Russland an. Es geht um die Nachfolge des zum Jahresende auslaufenden START-1-Vertrages und um die Stationierungspläne von US-Raketen in Osteuropa. Wie die britische Times schreibt, wollen die USA vorschlagen, die Zahl der Nuklearsprengköpfe radikal um 80 Prozent auf jeweils 1.000 zu reduzieren. Über die Stationierungspläne will die Obama-Regierung neu nachdenken - Moskau hat derweil die angekündigten Gegenmaßnahmen ausgesetzt. Der Katalog verhandlungswürdiger Themen ist damit jedoch längst nicht ausgeschöpft. Um die Gefahr eines versehentlichen Atomkrieges zu verringern, will Obama eine Absenkung der Gefechtsbereitschaft für Nuklearwaffen erreichen. Außerdem sollte vereinbart werden, kein nukleares Spaltmaterial für militärische Zwecke mehr zu produzieren und bestehende Bestände besser zu sichern. Schließlich wäre man bereit, auf Anti-Satellitenwaffen zu verzichten und das bisher bilaterale Verbot von nuklearen Mittelstreckenraketen global auszuweiten.

Wolfgang Kötter ist Politikwissenschaftler und Abrüstungsexperte, er lehrt derzeit an der Universität Potsdam

 


Quelle:  der Freitag , 11.02.2009. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Wolfgang Kötter und des Verlags.

Veröffentlicht am

12. Februar 2009

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