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Gideon Levy: Legitimiert der Zionismus jede Art von Gewalt?

Von Gideon Levy, Haaretz, 12.2.09

Die israelische Linke starb im Jahr 2000. Seitdem lag ihr Leichnam unbeerdigt herum bis endlich ihre Todesurkunde veröffentlicht, unterzeichnet, besiegelt und am Dienstag veröffentlicht wurde. Der Henker von 2000 war auch der Totengräber von 2009: der Verteidigungsminister Ehud Barak. Es war der Mann, dem es gelang, die Lüge zu verbreiten, es gebe keinen Partner. In diesen letzten Wahlen reiften die Früchte seiner Taten.

Die israelische Linke ist tot. Während der vergangenen neun Jahre trug sie vergeblich den Namen "Friedenslager". Die Labor-Partei, Meretz und Kadima hatten die Ambitionen, in seinem Namen zu sprechen, aber das war ein Trick und Täuschung. Labor und Kadima führten zwei Kriege und bauten auf der Westbank die jüdischen Siedlungen weiter; Meretz unterstützte beide Kriege. Der Frieden blieb als Waisenkind zurück. Die israelischen Stimmberechtigten, die in die Irre geführt worden waren und nun dachten, es gebe keinen Gesprächspartner und nur eine Antwort: Gewalt - Kriege, gezieltes Töten und Siedlungen. Allein dies sei für die Wahlen wichtig: ein Ausverkauf für Labor und Meretz. Es war allein die Kraft der Trägheit, die diesen Parteien noch ein paar Stimmen gaben.

Es gibt keinen anderen Grund dafür. Nach vielen langen Jahren, als kaum Protest von der Linken kam und der Tel Aviver Zentralplatz, derselbe Platz, der nach Sabra und Chatila voll wütender Menschen war, war still; dieser Mangel an Protest hat sich an den Wahlurnen niedergeschlagen. Libanon, Gaza, die getöteten Kinder, Streubomben, weißer Phosphor und all die Brutalitäten der Besatzung - nichts davon trieb die gleichgültige, feige Linke auf die Straße. Obgleich Gedanken der Linken zuweilen bis ins Zentrum und manchmal sogar bis zur Rechten fanden, hat jeder vom früheren Ministerpräsidenten Ariel Sharon bis zum Ministerpräsidenten Olmert in einer Sprache gesprochen, die man einst als radikal ansah. Doch die Stimme war die Stimme der Linken - die Hände jedoch blieben die der Rechten.

An den Rändern dieses Maskenballes existierte noch eine andere Linke, die marginale Linke - entschieden und mutig, aber winzig und nicht legitimiert. Die Kluft zwischen ihr und der Linken war angeblich der Zionismus. Hadash, Gush Shalom und andere wie sie stehen außerhalb. Warum? Weil sie "Nicht-Zionisten" sind.

Und was versteht man heute unter Zionismus? Ein archaisches und veraltetes Konzept, entstanden in einer sehr anderen Realität, ein vages und irreführendes Konzept, das den Unterschied zwischen erlaubt und verboten markiert. Bedeutet Zionismus Siedlungen in den besetzten Gebieten? Besatzung? Legitimierung jedes Gewaltaktes und jeder Ungerechtigkeit? Die Linke kommt ins Stottern. Jedes kritische Statement über den Zionismus, sogar der Zionismus der Besatzung wurde als Tabu angesehen, das auch die Linke nicht zu brechen wagte. Die Rechte riss das Monopol des Zionismus an sich und ließ die Linke mit ihrer Selbstgerechtigkeit zurück.

Ein jüdischer und demokratischer Staat? Die zionistische Linke sagt automatisch Ja und weicht dem Unterschied zwischen den beiden aus und wagt nicht, dem einen von beiden eine Priorität zu geben. Legitimierung eines jeden Krieges? Die zionistische Linke stottert schon wieder: ja zum Anfang und nein zur Fortsetzung oder etwas Ähnlichem. Das Flüchtlingsproblem lösen und das Rückkehrrecht? Anerkennung der Missetaten von 1948? Undenkbar. Diese Linke hat jetzt wirklich das Ende ihres Weges erreicht.

Jeder, der eine Linke mit Bedeutung wünscht, muss zunächst den Zionismus auf den Dachboden zum Auslüften hängen. Bis eine Bewegung, die mutig den Zionismus neu definiert, aus der Mitte der Gesellschaft kommt, wird es hier keine breite Linke geben. Es ist nicht möglich, beides zu sein, Linker und Zionist nur nach der Definition der Rechten. Wer hat entschieden, dass die Siedlungen zionistisch und legitim sind und der Kampf gegen sie nicht?

Dieses Tabu muss gebrochen werden. Es ist zulässig, kein Zionist zu sein, so wie er heute definiert wird. Es ist zulässig, davon überzeugt zu sein, dass die Juden ein Recht auf einen Staat haben und doch gegen einen Zionismus zu sein, der sich mit Besatzung befasst. Es ist zulässig, davon überzeugt zu sein, dass das, was 1948 geschah, auf die Tagesordnung gesetzt werden sollte, dass man sich für die Ungerechtigkeiten entschuldigt und versucht, die Opfer zu rehabilitieren. Es ist zulässig, vom ersten Tag an, gegen einen unnötigen Krieg zu sein. Es ist zulässig zu denken, dass die Araber Israels, dieselben Rechte verdienen wie die Juden, kulturell, sozial und national. Es ist zulässig, beunruhigende Fragen über das Image der IDF als einer Besatzungsarmee zu stellen, und es ist sogar zulässig, mit der Hamas reden zu wollen.

Wenn man will, ist dies Zionismus - und wenn du willst, so ist dies Anti-Zionismus. Auf jeden Fall ist es legitim und wesentlich für jene, die nicht wollen, dass Israel viele weitere Jahre ein Opfer der Unvernunft der Rechten wird. Jeder, der eine israelische Linke will, muss zum Zionismus sagen: "Jetzt reicht es!" zu einem Zionismus, über den die Rechte die vollkommene Kontrolle übernommen hat.

Übersetzung: Ellen Rohlfs

Veröffentlicht am

16. Februar 2009

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