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Obama nicht von Bibis Friedenswillen überzeugt

Von Robert Fisk, 22.02.2009 - The Independent / ZNet

Es heißt, Barack Obama sei nicht gut mit Bibi Netanjahu ausgekommen, als sich beide vor der amerikanischen Präsidentschaftswahl in Jerusalem getroffen hatten.

Mr. Obama hatte den Nahen Osten ziemlich schnell durchschaut. Er fand Bibi arrogant und seinen professionellen Friedenswillen gegenüber den Palästinensern unglaubwürdig. Es ist nicht bekannt, wie Mr. Netanjahu über Obama dachte. Netanjahu dürfte kaum versucht haben, seine Wahlkampflinie zu verhehlen, die lautete: Sicherheit für Israel, aber kein Palästinenserstaat.

Vieles wird natürlich davon abhängen, ob Tzipi Livni bereit ist, Teil einer Regierung Netanjahu zu werden. Sollte Avigdor Lieberman in ein Ministeramt schlüpfen, hat Obama ein Problem. Soll Obama einem neuen israelischen Premierminister gratulieren, in dessen Regierung ein Mann sitzt, der von den eigenen Landsleuten - der arabischen Minderheit mit israelischem Pass - einen Loyalitätsschwur abverlangen will? Wie würde man in den USA auf etwas Derartiges reagieren? Ein vergleichbarer Vorschlag - eine Loyalitätserklärung von Angehörigen der Minderheiten, Bürgern der USA -, würde in Amerika einen Skandal auslösen, oder?

Jene Palästinenser, die glauben, Lieberman sollte in Netanjahus Regierung kommen - damit alle Amerikaner das "wahre" Gesicht Israels erkennen -, werden sich etwas zu früh gefreut haben. Obama wird die Beziehungen seines Landes mit Israel nicht verändern. Die amerikanische Außenpolitik beruht - wie die der meisten Staaten - auf Macht und nicht auf Gerechtigkeit.

Amerika leidet unter der schlimmsten Wirtschaftskrise seit der Depression. In dieser Situation wird Obama sich nicht mit den Israelis anlegen. Jene Araber, die immer noch die optimistische Hoffnung hegen, die neue US-Regierung werde endlich gegen Israel "aufstehen", sind schief gewickelt. Außenministerin Hillary Clinton würde gerne die nächste Demokratische Präsidentin der USA werden. Sie wird Israel und dessen Anhänger in Washington sicher nicht verärgern.

Sollte Netanjahu die neue Regierung formen, wäre dies der Beweis, dass das Gemetzel in Gaza Frau Livni nicht geholfen hat, ihr eigenes Kabinett zu bilden. Ehud Barack und Livni waren ja die Autoren der blutigen Offensive (denen die Hamas, mit ihren Provokationen, noch geholfen hat). Barak und Livni werden Gaza einfach hinter sich lassen - bis Netanjahu eine zweite Runde im Krieg gegen den "Weltterror" beschließen wird.

Es ist wirklich interessant, wie schnell man den engen Zusammenhang zwischen Gaza und den Wahlen in Israel vergessen hat. Anfang Februar schrieb das Magazin The Economist über das Thema Naher/Mittlerer Osten. Den Zornesausbruch des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan gegenüber Shimon Peres (auf dem Weltwirtschaftsgipfel) in Davos, als es um das Töten in Gaza ging, wertete der Economist als "durchgegangene Nerven"; es könne sich auch um "einen Trick" gehandelt haben, "um den Wählern zu gefallen". Er meinte die türkischen Kommunalwahlen, die im März stattfinden werden. Der Economist notiert lediglich, der "unabgeschlossene Krieg in Gaza und die (israelischen) Wahlen sind im Denken der Wähler miteinander verwoben…"

Wir sollten nicht vergessen, dass Mr. Netanjahu gesagt hat, der Krieg in Gaza habe zu früh geendet. Warten wir also auf Teil 2? Oder steht für Israel die nächste Runde im Krieg gegen die Hisbollah an? Manchmal müssen die Israelis ihr proportionales Wahlsystem verfluchen, weil es ihnen die regierungsunfähigsten Koalitionen beschert. Und die Amerikaner werden sich schwer tun, die neue Netanjahu-Regierung als erneuten "Fortschritt" im Nahost-"Friedensprozess" darzustellen.

Robert Fisk ist ein international anerkannter Journalist des "Independent" in London. Seine Berichte über den Nahen Osten liefern den dringend notwendigen Kontrast zur offiziellen Doktrin und inspirieren Aktivisten auf der ganzen Welt. Er ist regelmäßiger Autor des ZNet, außerdem schreibt er noch für "The Nation" und weitere Publikationen.

 

Quelle:  ZNet Deutschland vom 23.02.2009. Originalartikel: Obama Was Unconvinced By Bibi’s Desire For Peace . Übersetzt von: Andrea Noll. 

Veröffentlicht am

24. Februar 2009

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