Arsenal des SchreckensDie Ärzte gegen den Atomkrieg fordern die Abrüstung aller Kernwaffen. Gelingt Obama und Medwedjew ein Neuanfang bei den Start-Verhandlungen?
Von Wolfgang Kötter Der Zeitdruck ist enorm. Bis zum Jahresende muss es einen neuen START-Vertrag geben über die Reduzierung der strategischen Atomwaffen Russlands und der USA oder alles kann außer Kontrolle geraten. Rechtzeitig, bevor Moskau und Washington in neue Verhandlungen einsteigen, hat die Organisation Ärzte gegen den Atomkrieg (IPPNW) einen klare Forderung formuliert: Mehr als 300 international renommierte Mediziner verlangen in einem Appell , "das atomare Zeitalter" endgültig zu beenden. Den Brief haben Dekane, Leiter medizinischer Abteilungen, Nobelpreisträger, Gesundheitsminister und Redakteure von medizinischen Fachzeitungen aus 38 Ländern unterzeichnet, darunter auch 50 deutsche Professoren. Sie warnen vor den weltweit immer noch über 20.000 Atomwaffen als der "größten und gefährlichsten Bedrohung für den Fortbestand der Menschheit". Die IPPNW appelliert an Obama und Medwedjew, die Welt von einer Waffe zu befreien, die das Ende der Menschheit bedeuten könnte. Start innerhalb von MinutenDie USA und Russland verfügen mit 14.000 (Russland) beziehungsweise 5.400 (USA) über 95 Prozent der weltweit gelagerten Atomwaffen. Hunderte von ihnen könnten sofort abgeschossen werden, denn sie befinden sich in höchster Alarmbereitschaft und würden im Ernstfall innerhalb weniger Minuten starten, um die gegnerischen Ziele zu zerstören. Millionen Menschen würden sterben, weitere in den Folgemonaten an Seuchen, Verstrahlung und Hunger sterben. Ein regional begrenzter Atomkrieg würde eine globale Klimakatastrophe bis hin zum Zusammenbruch des gesamten Ökosystems auslösen. Und zu diesem Arsenal des Schreckens kommen auch noch die Atomwaffen Großbritanniens, Frankreichs und Chinas hinzu. Zwar verfügen diese Staaten über weitaus weniger Kernwaffen als die nuklearen Supermächte. Doch ohne in Abrüstungsverpflichtungen eingebunden zu sein, würden sie weiter aufrüsten und die bilateralen Bemühungen letztendlich unterlaufen. Um erfolgreich zu sein, müssten Abrüstungsverhandlungen also konzeptionell erweitert werden und auch die de-facto-Atommächte Israel, Indien Pakistan und Nordkorea einbeziehen. Dafür unterbreitet IPPNW einen einfachen, aber radikalen Therapievorschlag. Beide Atommächte sollten sich zunächst bilateral verpflichten, alle Nuklearsprengköpfe abzuschaffen und gleichzeitig mit den anderen Kernwaffenstaaten über einen globalen Atomwaffenvertrag verhandeln. "Wir schreiben Ihnen in der großen Hoffnung, dass Sie die Gunst der Stunde, die durch Ihre Wahl entstanden ist, nutzen", heißt es in dem Brief an die Präsidenten Russlands und der USA. Eine Chance, die Welt zu rettenWer es mit der atomwaffenfreien Welt wirklich ernst meint, muss nicht bei Null beginnen - Vorschläge für einen globalen nuklearen Abrüstungsprozess liegen bereits auf dem Tisch. So erarbeiteten Juristen der "Internationalen Vereinigung Rechtsanwälte gegen Atomwaffen" IALANA einen
Modellentwurf für eine Nuklearwaffenkonvention
. Er sieht einen zeitlich befristeten Stufenplan zur Beseitigung aller Atomwaffen in 15 bis 20 Jahren vor. Die nukleare Abrüstung würde mehrere Phasen haben: Reduzierung der gelagerten Arsenale, Löschen der Alarmbereitschaft für atomare Waffen, Rückzug aller Systeme von ihren Stationierungsorten, Entfernen der Sprengköpfe von den Trägermitteln, Verschrotten der Sprengköpfe. Damit beginnen müssen die USA und Russland, dann sollten die übrigen Atommächte folgen. Quelle: der FREITAG vom 31.03.2009. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Wolfgang Kötter und des Verlags. Veröffentlicht amArtikel ausdruckenWeitere Artikel auf der Lebenshaus-WebSite zum Thema bzw. von |
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