Obamas Prager SignalDie Tür zur atomwaffenfreien Welt ist aufgestoßen. Der Weg muss mit neuen Regeln gepflastert werden. Nordkoreas Verstoß zeigt, wie nötig das ist.
Von Karl Grobe Barack Obamas Projekt einer atomwaffenfreien Welt ist noch nicht mehr als eine konkrete Utopie; es ist zugleich aber viel mehr, als der Weiter-so-Fatalismus der Abschreckung je an Hoffnung auf Sicherheit hat gewährleisten können. Nun muss ein Programm daraus werden. Den ersten Schritt hat Obama schon mit seinem russischen Kollegen Dmitri Medwedew vereinbart. Er zielt auf Abrüstungsvereinbarungen, die über die bisher geschlossenen und nicht eben gewissenhaft eingehaltenen Verträge hinausgehen. In seiner Prager Rede erweiterte Obama das auf ein Programm zur Entwicklung neuer Regeln. Sechs Stunden zuvor beging Nordkorea den ersten Regelverstoß. Es versuchte, einen Erdsatelliten auf die Umlaufbahn zu schießen und tat damit überraschenderweise genau das, was es lange angekündigt hatte. Auch wenn der Satellit, der Lieder zum Preis der Herren Kim Il Sung und Kim Jong Il auf wenig wahrnehmbaren Frequenzen ausstrahlen sollte, die Erde wohl nicht umkreist, entkräftet das den japanisch-amerikanisch-südkoreanischen Alarm nicht. Raketen, die metallene Geräte erfolgreich in den Orbit transportieren, könnten nach ein wenig Bastelei auch Vernichtungswaffen befördern. Der Vorgang ist deswegen ein Fall für den Sicherheitsrat. Dessen Sonntagssitzung konnte, da China und Russland dies nicht wollen, kein Verdammungsurteil fällen. In der Sache bleibt Pjöngjang ungestraft. Im Übrigen beharrt es darauf, dass ein 40 Jahre alter Weltraumvertrag ihm das gestattet, was es getan hat. Jüngere UN-Resolutionen gestatten ihm das nicht. Die Bruchstellen im internationalen Regelwerk sind da deutlich zu erkennen. Das Kim-Regime hat damit freilich nicht Obamas Projekt aus dem Prager Fenster gekippt. Es hat aber die Dringlichkeit neuer Schritte deutlich aufgezeigt. Es ist an der Zeit, dass alle faktischen Atommächte und solche, denen nachgesagt wird, dass sie es werden wollen, sehr bald den umfassenden Testverbotsvertrag ratifizieren. Pakístan, Indien, China, Israel und Iran haben das bisher nicht getan. Auch der US-Senat hat die Ratifizierung bisher verweigert. Obamas Glaubwürdigkeit würde es helfen, das schleunigst nachzuholen. Die USA steuern längst neuen Kurs. Das Pentagon gibt manche Hochkostenprogramme auf, die aus der Konfrontation mit der Sowjetunion entstanden sind und für einen höchst technisierten Krieg gedacht waren. Nutzloses Zeug gegen Terroristen, Taliban, Drogenbarone. Das Streben nach Vorherrschaft mottet es nicht ein - nicht einmal die angeblich gegen Iran gerichtete Raketenabwehr in Europa. Das fördert russisches Vertrauen gerade nicht. Es schiebt weiterhin einen Keil zwischen europäische Staaten und Gesellschaften, die unterschiedliche historische Erfahrungen mit Freiheit und Unfreiheit gemacht haben. Nur werden die Mullahs ihre Interpretation iranischer Interessen und die Position einer regionalen Großmacht nicht auf ein Prager Signal hin aufgeben. Solange sie dies nicht tun, bleibt Israel heimlich-unheimliche Atommacht. Eine andere Konfrontation zwingt Pakistan und Indien zum Beharren auf unkontrollierter Nuklearpolitik. Die Interessen der Herrschenden in jedem Land bedingen noch ihre Außenpolitik. Obama hat eine Tür aufgestoßen. Den Weg, auf den sie führt, hat nun konkrete Politik zu pflastern. Quelle: Frankfurter Rundschau vom 06.04.2009. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Karl Grobe. Weblink:
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