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Neuer Atomkonsens - das Spiel mit dem Feuer

Sicherheitsmängel deutscher Atomkraftwerke erlauben keine Laufzeitverlängerungen

Die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW kritisiert den Vorschlag des bayerischen Umweltministers Markus Söder, den Atomkonzernen Laufzeitverlängerungen von weiteren rund 10 Jahren anzubieten. "Wenn der von der Regierungskoalition postulierte Maßstab der Sicherheit ernst genommen wird, dann dürfen die Laufzeiten deutscher Atomkraftwerke nicht verlängert werden", so IPPNW-Atomexperte Henrik Paulitz. "Es geht bei dieser Entscheidung um eine Abwägung zwischen der Sicherheit für die Bevölkerung und den Extra-Profiten für nur vier Atomkonzerne."

Der Totalschaden des deutschen Atomkraftwerks Gundremmingen A 1977, die Teil-Kernschmelze in Harrisburg 1979 und die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl 1986 belegen laut IPPNW, dass diese Technik nicht beherrschbar ist. Hinzu kämen zahllose gefährliche Störfälle und Beinahe-Unfälle wie etwa in Biblis A 1987, in Biblis B 1995, im taiwanesischen Maanshan 2001, im schwedischen Forsmark 2006 sowie in Krümmel 2007.

Auch hätten alle Risikostudien sowohl für die älteren als auch für die zuletzt in Deutschland errichteten Konvoi-Atomkraftwerke (Isar-2, Emsland, Neckarwestheim-2) ergeben, dass es beispielsweise schon aufgrund des relativ häufigen Notstromfalls zu einem katastrophalen Unfall kommen kann.

Ein internationaler OECD-Vergleich hat aufgrund von Risikostudien ergeben, dass die Kernschmelzfestigkeit deutscher Atomkraftwerke katastrophal schlecht ist. Das wurde nicht nur für den Druckwasserreaktor Biblis B gezeigt. Eine Untersuchung der Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) vom November Jahr 2006 kam beispielsweise auch für die Siedewasserreaktoren der Baulinie 69 (Isar-1, Brunsbüttel und Krümmel) zu dem Ergebnis, dass bei einer Kernschmelze mit großer Wahrscheinlichkeit mit einer massiven und frühzeitigen Freisetzung von Radioaktivität zu rechnen ist.

Eine eindeutige Sprache spricht laut Paulitz insbesondere auch die große Zahl an gefährlichen Sicherheitsmängeln. Für Biblis B dokumentierte die IPPNW mehr als 200 schwerwiegende Mängel. Aktuelle Untersuchungen der GRS, die Rahmen der Strommengen-Übertragungsverfahren durchgeführt wurden, ergaben aber auch für die "neueren" Konvoianlagen im Vergleich zu Altanlagen zahlreiche brisante Schwachstellen. Beispielsweise verfügen diese Atomkraftwerke über nur relativ wenige Frischdampf-Sicherheitsventile, es fehlt eine zusätzliche Ultraschallsonde zur Füllstandsüberwachung und ausgerechnet bei der Beherrschung der relativ häufigen Ereignisse "Notstromfall" und "kleines Leck" gibt es jeweils mehrere gefährliche Schwachstellen.

"Inzwischen kann auch nicht mehr bestritten werden, dass die deutschen Atomkraftwerke gefährlichen Alterungsprozessen unterliegen. Rohrleitungen, Kabel und sonstige Komponenten werden im Laufe der Jahre nicht besser, sondern schlechter", so Paulitz. "Laufzeitverlängerungen sind ein gefährliches Spiel mit dem Feuer. Der Standpunkt der Bevölkerung ist klar: Sie verlangt Sicherheit durch die Stilllegung der Atomkraftwerke und außerdem Schluss mit den völlig überhöhten Strompreisen zugunsten der Profite weniger Konzerne."

Quelle:  IPPNW - Presseinformation vom 15.01.2010.

Veröffentlicht am

19. Januar 2010

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