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Eindimensionales Sicherheitsdenken in Haiti oder: Die bejubelte Invasion

Von Christoph Marischka

Die USA nutzen das Erdbeben im ärmsten Land der westlichen Hemisphäre für eine erneute Invasion. Doch auch die sonstigen Reaktionen der internationalen Gemeinschaft offenbaren mehr koloniale Kontinuitäten, als dass sie der Bevölkerung helfen würden.

Koloniale Kontinuitäten

Der Großteil der Bevölkerung Haitis stammt von aus Afrika verschleppten Sklaven ab, welche in der zunächst spanischen, später französischen Kolonie überwiegend auf Plantagen einer kleinen europäischen Oberschicht arbeiten mussten. Seit einem Sklavenaufstand von 1791-1804 ist das Land formal unabhängig und damit die erste "befreite" Kolonie und der erste "moderne" Staat, der überwiegend von Menschen bewohnt wurde, die aus Afrika stammen. Eine kleine (meist weiße) Oberschicht konnte sich aber insbesondere durch die Unterstützung aus Frankreich und den USA an der Macht halten und die Geschicke des Landes kontrollieren. Mehrfach intervenierten Frankreich und die Vereinigten Staaten, um Aufstände niederzuschlagen oder Regierungen abzusetzen. Dass es sich bei Haiti um einen "gescheiterten Staat" par excellence handelt rührt daher, dass die jeweiligen Regierungen de facto einer kleinen Minderheit und ausländischen Interessen dienen müssen, sobald sie die Interessen der Mehrheitsbevölkerung vertraten, wurden sie abgesetzt.

Die gegenwärtige US-amerikanische Invasion ist bereits die vierte seit 1915, auch zwischen diesen militärischen Einsätzen wurden mehrfach Putschisten und Oppositionsgruppen unterstützt, so auch 1991, als Jean-Bertrand Aristide, erster gewählter Präsident Haitis, gestürzt wurde. 1994, unter der Regierung Clintons, marschierten US-Marines erneut ein, um Aristide wieder ins Amt zu bringen, nachdem dieser versprochen hatte, zukünftig die neoliberale Politik der USA gegenüber Haiti zu unterstützen. Dessen Nachfolger Préval (heute wieder Präsident) liberalisierte die Wirtschaft weiter, so dass 2000 Aristide mit einem anti-neoliberalen Programm erneut gewählt wurde. Um künftige Putsche zu vermeiden, löste er die Armee auf, die sich im Nachbarland Dominikanische Republik mit US-amerikanischer Hilfe reorganisierte, während die USA international Sanktionen und Kürzung der Hilfen für Haiti durchsetzte. 2004 putschten die Ex-Militärs dann im Zuge allgemeiner Unruhe erneut, Aristide wurde von französischen und US-amerikanischen Truppen außer Landes gebracht, nach eigenen Angaben verschleppt.

Die USA, Frankreich und Chile stationierten danach Truppen im Land und organisierten die kommende Machtverteilung. Nach wenigen Wochen wurden diese von der brasilianisch geführten UN-Mission MINUSTAH ergänzt bzw. ersetzt, welche sich v.a. auf die Unterstützung der neuen haitianischen Polizeieinheiten der HNP bei der Bekämpfung von "Gang-Violence" in den Slums konzentrierte. Tatsächlich war die HNP aber selbst massiv an Verbrechen und Menschenrechtsverletzungen beteiligt und ging sie ausschließlich gegen Anhänger Aristides vor, von denen viele - das muss eingeräumt werden - fast nur noch räuberischen Aktivitäten zur persönlichen Bereicherung nachgingen. Die Unterstützung der HNP durch die MINUSTAH führte mehrfach dazu, dass UN-Hubschrauber stundenlang Slums unter Beschuss nahmen und mit Panzern vorrückten, um mit den entsprechenden Opferzahlen die Verhaftung einzelner "Verdächtiger" zu ermöglichen. Sie unterstützte die HNP auch bei Verhaftungen von Aristide-Anhängern, die lediglich dazu dienen sollten, diese von der Kandidatur (und Teilnahme) bei Wahlen abzuhalten. Die Mehrzahl der Inhaftierten in Haiti werden nach acht- bis fünfzehnmonatiger Haft entlassen, ohne dass Anklage gegen sie erhoben worden wäre (im Mai 2007 waren von 5.500 weniger als 10% verurteilt). Viele sterben auch in Haft. Der haitianischen Oberschicht nahestehende Lobby-Gruppen in den USA fordern kontinuierlich ein härteres Vorgehen gegen die "Kriminellen", die Slumbewohner, während Menschenrechtsgruppen wie die International Association of Democratic Lawyers wegen Menschenrechtsverletzungen durch die UN-Truppen und die HNP einen Rückzug der UN fordern.

Die eindimensionale Sicherheit der internationalen Gemeinschaft

Obwohl das Problem Haitis die allgemeine Armut ist (460 Kilokalorien fehlen den etwa 8.3 Mio. Einwohnern im Durchschnitt täglich. 80% der Bevölkerung sind arbeitslos), reagierte die internationale Gemeinschaft, wie auch nach der aktuellen Erdbebenkatastrophe, auf die Probleme des Landes nur mit dem Ruf nach "mehr Sicherheit". So steht die Ausbildung von Polizei und die militärische Kontrolle der Slums im Mittelpunkt der Bemühungen der MINUSTAH. Auf die Warnungen der FAO vor einer drohenden Hungerkrise auf Grund durch Wirbelstürme vernichteter Ernten und steigender Getreidepreise im Februar 2008 reagierte die internationale Gemeinschaft nicht. 96 Mio. US$ wären notwendig gewesen, um die Katastrophe abzuwenden, der Einsatz der MINUSTAH hatte allein im Vorjahr 535 Mio. US$ gekostet.

Als die Hungerkatastrophe dann Anfang April 2008 kam, die Bevölkerung anfing, Lehm zu essen, waren die UN-Truppen mit scharfer Munition daran beteiligt, Proteste unter Schusswaffengebrauch niederzuschlagen und den Präsidentenpalast zu verteidigen. Sie machten Drogenhändler für die Aufstände verantwortlich, rühmten sich aber auch, dass es aus den von ihnen am stärksten patrouillierten Slums, wo diese überwiegend aktiv sind, wenig Beteiligung an den Protesten gegeben hätte. Präsident Préval überstand die Proteste aufgrund internationaler Unterstützung im Amt, musste aber den Premier Alexis und dessen Regierung entlassen. Während der zähen Regierungsneubildung verwüsteten mehrere Wirbelstürme das Land, denen hunderte Menschen zum Opfer fielen. Die International Crisis Group nahm dies zum Anlass, mehr internationale Unterstützung im Rahmen der Sicherheitssektorreform für die Polizei und die Gefängnisse einzufordern, denn "auch Polizeistationen, Gerichte und Gefängnisse … wurden beschädigt".

Wirbelstürme, Überschwemmungen und auch Erdbeben, von denen die Oberschicht aber meist nur marginal betroffen ist, sind in Haiti keine Seltenheit und eine größere Katastrophe war abzusehen. Doch die internationale Gemeinschaft versagt dabei, entsprechende Strukturen bereitzustellen, um bei solchen Katastrophen die Folgen für die Bevölkerung zu minimieren, bzw. diese in die Lage zu versetzen, sich in Notlagen selbst zu helfen. Dies würde zunächst Armutsbekämpfung voraussetzen, denn wer nichts hat, kann sich auch nicht helfen. Vor allem aber sollte auch in öffentliche Infrastruktur, Wasser- und Energieversorgung, Schulen und Krankenhäuser investiert werden. Diese werden bislang fast ausschließlich von ausländischen Hilfsorganisationen bereitgestellt und verwaltet, was sowohl die Abhängigkeit als auch Wut über ausbleibende Hilfe gegenüber den Betreibern steigert.

Die Struktur der aktuellen Katastrophe

Wesentlicher Unterschied zu den vorangegangenen Katastrophen ist, dass diesmal auch die Oberschicht und die Institutionen der internationalen Gemeinschaft betroffen sind. So ist/war die UN in den ersten Tagen v.a. damit beschäftigt, sich notdürftig zu reorganisieren und über den Verbleib ihrer MitarbeiterInnen zu informieren. Zahlreichen Berichten zufolge nahmen die eingeflogenen Rettungshunde- und Suchtrupps zunächst bzw. bislang fast ausschließlich ihre Arbeit dort auf, wo Mitarbeiter internationaler Organisationen und Angehörige der Oberschicht verkehren, wie etwa im Hotel Montana. Insgesamt konnten die 17.000 eingeflogenen Rettungskräfte in den ersten zehn Tagen nach der Katastrophe gerade 90 Menschen bergen. Unmittelbar nach der Katastrophe wurde von den internationalen Organisationen insbesondere der Zusammenbruch der Kommunikationsstrukturen wahrgenommen.

Fatal für die Bevölkerung war und ist hingegen die geringe Verfügbarkeit insbesondere von Krankenhäusern und entsprechendem Personal, intakten Schulen und anderen Notunterkünften, von Baggern und von Wasser. Die Menschen verbluten vor den Krankenhäusern. Die Leichen werden zunehmend in Selbstorganisation gesammelt, verscharrt oder verbrannt. Häufig werden Menschen zitiert, die zwar die Flugzeuge sehen, die vermeintlich mit Hilfsgütern einfliegen, dass sie aber noch keine Hilfe erreicht hätte. Auch die internationalen Medien berichten, dass die Hilfe die Bevölkerung kaum erreichen würde. Sie machen hierfür v.a. die Sicherheitslage verantwortlich und vermitteln wegen der eintreffenden US-Soldaten eine Hoffnung auf Besserung. Tatsächlich blockieren aber die Flugzeuge der US-Army den kleinen Flughafen von Port-au-Prince und mehreren Transportflugzeugen wurde von dieser bereits die Landung verweigert, seit sie die Kontrolle über den Flughafen und den Luftraum übernommen hat. Denn es ist nicht genügend Platz auf dem Flughafen - nicht nur zum Starten und Landen der Maschinen - sondern vor allem für deren Entladung.

Die US-Invasion

Bereits am Donnerstag nach dem Erdbeben landeten Fallschirmjäger der 82sten Luftlandedivision am Flughafen Port-au-Prince, am folgenden Abend erreichte eine Flotte um den Flugzeugträger USS Carl Vinson mit 19 Hubschraubern die Küste Haitis. Zunächst war von insgesamt 3.000, dann von 7.000 und von 10.000 US-Soldaten die Rede. Am Morgen des 18.1.2010 waren 4.200 Soldaten im Land, bis zum Abend sollten es 12.000 werden. Zwischenzeitlich hatte US-Außenministerin Hillary Clinton, deren Mann US-Sonderbeauftragter für Haiti ist, am Samstag irritierend gutgelaunt den unter US-amerikanischer Kontrolle befindlichen Flughafen der Hauptstadt besucht und Präsidenten Préval getroffen. Sie sprach sich dafür aus, eine Notverordnung zu erlassen, welche dem US-Militär erlaubt, Ausgangssperren zu verhängen und durchzusetzen. "Ein solches Dekret würde der Regierung ein immenses Maß an Autorität verleihen, welche diese de facto an uns delegiert", meinte sie hierzu. Ein entsprechendes Abkommen, das dem US-Militär de facto die Hoheitsgewalt unter Kriegsrecht zugesteht, soll laut Medienberichten unterzeichnet worden sein. Inwiefern es gültig sein soll, bleibt fraglich, da sowohl Regierung als auch Parlament in Haiti nicht beschlussfähig sind. So sollen etwa 27 von 30 Senatoren selbst Opfer des Erdbebens geworden sein.

Als Grund für die massiven Truppenverlegungen werden die Absicherung von humanitären Hilfsmaßnahmen sowie v.a. Plünderungen und Ausschreitungen genannt. Diese Gewalt wurde von Anfang an befürchtet - fast schon beschworen -, blieb aber zunächst aus, obwohl zahlreiche Medien schon von "wachsender Wut" schrieben. Die UN-Vertreter beteiligten sich rege an der Konstruktion dieser Szenarios. Doch erst am Sonntag (17.1.2010) werden die ersten Gewalttaten bestätigt: Zwei Menschen wurden bei der Plünderung eines Supermarktes von der Polizei erschossen, einen weiteren angeblichen Plünderer übergab die Polizei einer Gruppe junger Männer, die ihn lynchten. Bei der Verteilung von Lebensmitteln kam es zu einer Schlägerei. Mittlerweile stehen tausende US-Soldaten in Landungsschiffen im Hafen bereit, um im Falle "sozialer Unruhen" zum Einsatz zu kommen. Um den Flughafen fühle man sich schon sicherer, berichten Korrespondenten vor Maschinen der US-Luftwaffe, doch in der Stadt würde immer noch keine Hilfe ankommen. Das liegt unter anderem an den Flugzeugen hinter ihm.

Während die UN noch diplomatisch davon reden, das "größte Hindernis für eine zügige Verteilung der Hilfslieferungen, die mittlerweile aus aller Welt eintreffen, …[sei] der beschädigte Flughafen und die überlastete Luftraum über Port-au-Prince", wird ein Vertreter des World Food Program schon deutlicher: "Hier gehen 200 Flüge täglich an und ab… Aber die meisten dieser Flüge sind für das US-Militär". Ein Sprecher der Flugsicherung in der benachbarten Dominikanischen Republik bestätigte, dass die Flugzeuge stundenlang warten müssten, weil kein Platz auf dem Flughafen sei und niemand unter diesen Umständen die Verantwortung dafür übernehmen wolle, die Hilfslieferungen zu entladen. Auch einer Lieferung der UNICEF mit medizinischer Ausrüstung, Decken und Zelten wurde von den USA die Landegenehmigung verweigert, worauf es nach Panama zurückkehren musste. Im französischen Außenministerium regte sich Protest gegenüber dem US-State Departement, nachdem dieses die Landung eines französischen Fluges blockierte, das ein Hospital an Bord hatte. Der Flughafen Port-au-Prince sei de facto "kein Flughafen der internationalen Gemeinschaft [mehr], sondern ein Anhang Washingtons".

Europa: Heiße Luft und Polizeisoldaten

In Europa tat sich zunächst v.a. Frankreich mit schnellen Reaktionen hervor. Hinter vorgehaltener Hand wurde dies u.a. kritisiert, weil Frankreich sich nicht mit der neuen Hohen Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik abgesprochen hatte und drohte, dieser die Schau zu stehlen. Catherine Ashton hatte für Montag eine Sondersitzung des Rates der EU-Außenminister angekündigt, der auch die Entwicklungsministerien beiwohnen durften. Bereits in der Einladung hierzu hieß es, für Haiti seien ohnehin knapp 300 Mio. Euro für den Zeitraum 2008-2013 vorgesehen sowie weitere 30 Mio. für unvorhersehbare Ereignisse und die Folgen der Finanzkrise.

Nach dem Treffen überschlagen sich die Medien: zuerst stellt die EU laut spiegel-online 400 Mio. "für die Erdbebenopfer" zur Verfügung, dann berichtet die Tagesschau von 420 Mio., das St. Gallener Tagblatt führte mit 429 Mio., von denen laut Brüssel-Korrespondentin der ARD, Marion von Haaren, "der Löwenanteil … jetzt zunächst mal in alles das fließt, was jetzt gebraucht wird, Lazarette, Trinkwasseraufbereitungsanlagen, Zelte, Ernährung, Versorgung…".

Tatsächlich hat die Kommission lediglich 30 Mio. für humanitäre Hilfe bereitgestellt, weitere 100 Mio. sollen über "Instrumente" in die Unterstützung der staatlichen Institutionen und damit wahrscheinlich wieder v.a. in den Aufbau der Polizei fließen. Die Mitgliedsstaaten haben insgesamt 92 Mio. Euro zur Verfügung gestellt. Das ist nun eher lächerlich für 27 Staaten, von denen viele zu den reichsten der Welt gehören. Den Aufruf der UN an die internationale Gemeinschaft insgesamt 575 US-$ für humanitäre Hilfe aufzubringen, verwies die EU hingegen auf die lange Bank, immerhin wurde "Bereitschaft" signalisiert. Die restlichen 200 Mio. Euro, die Entwicklungshilfekommissar Karel de Gucht und Ashton in einer Stellungnahme nach dem Treffen "für den mittel- und langfristigen Bedarf" in Aussicht stellten, sind einfach der Restbetrag der im European Development Fund ohnehin bis 2013 vorgesehenen 300 Mio. Euro.

Vor dem Hintergrund der "enormen" Summe, welche die um Bedeutung ringende Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU da aus dem Hut zauberte, erschien hingegen das wesentliche, wenn auch informelle Ergebnis des Treffens, eher eine Randnotiz, etwa bei spiegel-online: "Die Union will außerdem 140 bis 150 Beamte der ‘Europäischen Gendarmerietruppe’ (EGF) nach Haiti entsenden." Dabei wird es sich um Angehörige der französischen Gendarmerie Nationale handeln, die in mehr als zwanzig Staaten - überwiegend ehemaligen Kolonien - aktiv ist und dort v.a. Polizeiausbildung betreibt, den Schutz der Botschaften übernimmt und in Krisensituationen französische Staatsbürger evakuiert. Eine größere Rolle hat sie v.a. in den 1990ern in Algerien gespielt. Die EGF geht auf eine französische Initiative zurück und bedeutet nichts weiter als eine europäische Kooperation von Gendarmerie-Einheiten, die bereits in Bosnien und Herzegowina das Kommando der dortigen Polizeimission übernommen haben und zukünftig führend bei der EUPOL-Mission in Afghanistan sein sollen. "Entsenden" kann die "Union" die EGF gar nicht, da diese weder eine Institution der EU ist, noch das zugrunde liegende Abkommen völkerrechtlich ratifiziert wurde. Aber sie kann natürlich dabei mitspielen, dem französischen Einsatz von Polizeisoldaten ein europäisches Mäntelchen überzustülpen, um trotz der marginalen Hilfe ihre Bedeutung bei der Global Governance zu unterstreichen. Frankreich wird’s recht sein, der EU auch.

Einig im Katastrophen-Imperialismus

Kritik am US-amerikanischen Krisenmanagement äußerte die EU nicht - Ashton wies diese am Rande des Treffens sogar explizit zurück, sondern dankte den USA neben der UN für ihr Engagement. Allerdings stellte sie fest, dass die UN vor Ort für die Koordination der Hilfe zuständig sein sollte. Trotzdem will Ashton nicht nach Haiti reisen, sondern in die USA, "um mit den Verantwortlichen der Vereinten Nationen und der USA die Hilfeleistungen zu koordinieren". Wie diese "Koordination von Hilfeleistungen" auch aussieht, könnte sie u.a. in Florida begutachten. Dort begann das Heimatschutzministerium bereits wenige Tage nach dem Erdbeben, Häftlinge zu verlegen, um ein ganzes Gefängnis für Flüchtlinge, die es trotz der US-Militärpräsenz schaffen, aus Haiti zu entkommen, frei zu haben und kündigte bereits an, dass man diese nicht dulden sondern schnellstmöglich abschieben würde.

Der der Rüstung nahestehende Newsletter Verteidigung legt gegenüber der EU-Außenpolitik jedoch ein realistischeres Verständnis für die Motive der USA an den Tag. In dessen Ausgabe 2/2010 schreibt er über die Ziele des US-Engagements, dieses "erfolgt nicht zuletzt, um eine nunmehr im Süden der USA (Florida) befürchtete Flüchtlingswelle aus Haiti zu unterbinden. Aber auch die außenpolitischen Probleme der USA in Südamerika, hier insbesondere mit Venezuela, könnten dazu beigetragen haben, dass das Engagement der Amerikaner in Haiti sich so kraftvoll entfalten konnte." Dem ist nicht viel hinzuzufügen. Außer, dass erst kürzlich die Niederlande den US-Streitkräften Einrichtungen auf Aruba und Curacao zur Verfügung stellten, von denen aus es schon mehrfach zu Verletzungen des venezuelanischen Luftraums gekommen sein soll. Venezuela fühlt sich zunehmend eingekreist von den v.a. auch in Kolumbien agierenden US-Streitkräften. Erst kürzlich warnte der Bischof der kolumbianischen Grenzdiözese Cucuta vor einer zunehmenden Eskalation von Zusammenstößen zwischen kolumbianischen und venezuelanischen Kräften: "Wie viele Tote brauchen wir, bis endlich auch der Blick der internationalen Staatengemeinschaft auf dieses Problem gelenkt wird?" Doch die ist damit beschäftigt, dem Aufmarsch der US-Truppen in Haiti zu applaudieren.

Quelle: Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.   -IMI-Analyse 2010/003.

Veröffentlicht am

26. Januar 2010

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