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Zum 30. Jahrestag der Ermordung Erzbischof Oscar A. Romeros: Santo súbito!

Vor 30 Jahren, am 24. März 1980, wurde Oscar Arnulfo Romero, der Erzbischof von San Salvador, während einer Messe am Altar durch einen von rechtsgerichteten Kreisen beauftragten Killer erschossen. Der streitbare Bischof wurde ermordet, weil er Rechtlosigkeit, Unterdrückung und Ausbeutung in seinen Predigten beim Namen nannte. Weil er den Herrschenden mit seinem Kampf für Gerechtigkeit den Spiegel vorhielt. Weil seine leidenschaftliche Option für die Armen mehr und mehr zum Stachel im Fleisch der Mächtigen wurde. Am Ende wollten sie ihn nicht mehr länger hinnehmen.

Bis heute ist Oscar Romero ein unbequemer Kronzeuge für eine Kirche der Armen. Zugleich ist er eine große Inspiration für Menschen in Lateinamerika und Europa, die sich darangemacht haben, sein Verständnis von einem den Menschen zugewandten Christentum in konkrete Arbeit umzusetzen. Oscar Romero wirkt weit über seinen Tod hinaus beispielgebend, ermutigend, anstachelnd.

Anlässlich seines 30. Todestages wollen wir an Oscar A. Romero erinnern.

Zum 30. Jahrestag der Ermordung Erzbischof Oscar A. Romereos: Santo súbito!

Oscar Romero ist ein umstrittener Kronzeuge für die "Kirche der Armen". Aber nur wer wie er an Wunder glaubt, ist Realist.

Von Norbert Arntz

"Santo súbito!" haben bestimmte Gruppen gerufen, als Papst Johannes Paul II. in Rom beigesetzt wurde. Anders jedoch als Johannes Paul II., Mutter Theresa oder Opus-Dei-Gründer Esrivá de Balaguer ist der bekehrte Oscar Romero in den Augen der vatikanisch orientierten Hierarchie der katholischen Kirche ein Besorgnis erregender Fall. Romero beunruhigt sie, weil er die kirchliche Lehre beim Wort nimmt. Er redet nicht über die Sterne, wie er selbst einmal sarkastisch bemerkte, sondern von den realen und konkreten Problemen, unter denen die Menschen leiden.

Romero betrachtet die Realität der Armen dialektisch: Es gibt Arme, weil es Reiche gibt; es gibt Unterdrückte, weil es Unterdrücker gibt. Romero trägt den gesellschaftlichen Konflikt in die Kirche hinein. Man wirft ihm vor, zu polarisieren, die Kirche zu spalten. Er provoziert Konflikte mitten in einer Hierarchie, die sich zumindest nach außen hin den Anschein der Einheit geben muss. Der Widerstand in hierarchischen und vatikanischen Kreisen lässt nicht auf sich warten. Romero gerät in einen fundamentalen Gegensatz zu den Interessen jener kirchlichen Gruppen, die mit Verweis auf die angeblich religiöse Aufgabe der Amtsträger den Dienst an den Armen auf die Laien abschieben. Es geht nicht um einen Streit zwischen Schulmeinungen, sondern um einen, der an den Nerv der Kirche geht. Darum beschließen drei Kardinäle der Kurie in Rom am 20. März 1980, vier Tage vor dem Mord an Romero, dem Papst vorzuschlagen, ihn seines Amtes als Erzbischof von San Salvador zu entheben.

Der Konflikt setzt sich nach der Ermordung fort. Romero heiligzusprechen, stellt in diesem Konflikt eine unerträgliche Provokation für seine Gegner dar. Denn ein solcher Akt würde ihn, den sie gehasst und diffamiert haben, offiziell zu einem vorbildlichen Menschen machen, zu einem nachahmenswerten Christen. Romero darüber hinaus als Märtyrer anzuerkennen, bedeutet dann auch, den Mord nicht zu verschweigen und auf die Mörder zu verweisen. Romero scheidet auch nach seinem Tod die Geister.

1995 ernennt Papst Johannes Paul II. Fernando Saénz Lacalle, Mitglied der Personalprälatur des Opus Dei und Militärbischof der salvadorianischen Armee, zum neuen Erzbischof von San Salvador. Der Militärbischof einer Armee, deren Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen die von der UNO eingerichtete Wahrheitskommission in weiten Teilen aufgeklärt hatte, aus deren Reihen die Mörder Romeros sowie der Jesuitenkommunität stammen, wird ein Amtsnachfolger Romeros.

Saénz Lacalle und ihm nahestehende Kreise setzen alles daran, den Märtyrer Romero für die etablierte hierarchische Ordnung zu vereinnahmen. Dahinter steckt der Versuch, ihn vom historischen Zusammenhang seines Wirkens zu trennen, die Armensorge gegen die politische Parteilichkeit auszuspielen und sein befreiungstheologisches Denken zu vertuschen. Das aber heißt, Romero seines prophetischen Amtes zu berauben.

Auch in Rom erfindet man bis heute stets neue Mittel, den Heiligsprechungs-Prozess auf die lange Bank zu schieben. Man fordert wieder und wieder neue Untersuchungen. Erst muss geprüft werden, ob die Bedingungen dafür hinreichen, dass der ehemalige Erzbischof von San Salvador als Märtyrer der Kirche bezeichnet werden kann. Im Falle Romeros steht immer noch nicht zweifelsfrei fest, dass er "aus feindseligen Motiven gegen den Glauben" umgebracht wurde. Dass er aus "feindseligen Motiven gegen die Gerechtigkeit" umgebracht wurde, reicht vatikanischen Kreisen nicht. Die Predigten Romeros werden der Glaubenskongregation unter Leitung des damaligen Kardinals Ratzinger und heutigen Papstes Benedikt XVI. übergeben. Sie will prüfen, ob die Predigten mit der Glaubenslehre der katholischen Kirche übereinstimmen. Das hat sieben Jahre gedauert. Dann wurde das Ganze noch einmal daraufhin überprüft, ob alles auch mit der kirchlichen Soziallehre in Übereinstimmung sei. Man darf gespannt sein, welcher Romero schließlich heiliggesprochen wird.

Man hat ihn ja nicht umgebracht, weil er fromm gebetet, theologisch korrekt gepredigt und sich den Armen fürsorglich zugewendet hat, sondern weil er der Prophet einer "realistischen Kirche" war, einer Kirche, die sich nicht mehr als "Machtinstrument" missbrauchen lässt, nicht mehr als Schachfigur im Spiel der Mächtigen fungiert, sondern "Fleisch und Blut annimmt im Interesse der Armen". Für die Armen ist Romero deshalb lange schon ein ganzer Heiliger. Sie haben ihn längst heiliggesprochen.

Nur wer wie Romero an Wunder glaubt, ist Realist. Wer in der organisierten Ausgrenzung der neoliberal globalisierten Welt an das Wunder jener Gesellschaft glaubt, in der alle Platz haben, ist zu politischem Realismus fähig. Der Kernsatz solcher Weitsicht lautet: So leben wollen, dass alle leben können. Dieses Glaubensbekenntnis ist nach Romero zugleich ein Gottesbekenntnis: "Denn Gott wird geehrt, wo und wenn die Armen leben können!"

Quelle: Romero Zeitung 2010 zum 30.Jahrestag der Ermordung Erzbischof Oscar A. Romeros. Hrsg. von Christliche Initiative Romero .

Veröffentlicht am

23. März 2010

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