Die Gaza-Flottille treibt Israel in ein Meer der DummheitVon Gideon Levy Die israelische Propagandamaschine hat neue Höhepunkte ihrer hoffnungslosen Raserei erreicht. Sie hat Menus aus den Gaza-Restaurants mit Falschinformationen ausgeteilt. Sie beschämt sich selbst, indem sie sich an sinnlosen PR-Schlachten beteiligt, mit denen man besser nie angefangen hätte. Sie will die unwirksame, illegale und unethische Belagerung des Gazastreifens aufrecht erhalten und die "Friedensflottille" an der Gaza-Küste nicht andocken lassen. Da gibt es nichts zu erklären, gewiss nicht einer Welt, die das Gespinst von Erklärungen, Lügen und Taktiken nie abkaufen wird. Nur in Israel akzeptieren Leute noch diese schmutzige Ware. Das erinnert an Rituale aus alten Zeiten, als man im Chor Hurra schrie, ohne Fragen zu stellen. Weiß uniformierte Soldaten machten sich in unserm Namen fertig. Sprecher gaben ihre verlogenen Erklärungen in unserm Namen ab. Die groteske Szene geht auf unsere Kosten. Und tatsächlich keiner von uns stört diese Vorstellung. Der Chor hat Lieder der Unwahrheit und Lügen gesungen. Wir sangen alle im Chor, es gäbe keine humanitäre Krise im Gazastreifen. Wir sind alle Teil des Chores, der behauptet, die Besatzung des Gazastreifens habe aufgehört und die Flottille sei ein gewalttätiger Akt gegen Israels Souveränität - der Zement sei zum Bau von Bunkern und der Konvoi sei von der muslimischen Bruderschaft finanziert worden. Die israelische Belagerung wird die Hamas stürzen und Gilad Shalit befreien. Der Sprecher des Außenministeriums Yossi Levy, einer der lächerlichsten Propagandisten, übertraf sich selbst, als er - ohne mit den Wimpern zu zucken - behauptete, dass der Hilfskonvoi, der nach Gaza segelt, eine Verletzung des Völkerrechts sei. Genau das. Nur eine Stimme verdarb die illusorische Feier ein wenig: ein Bericht von Amnesty International über die Situation im Gazastreifen. Vier von fünf Gaza-Bewohnern benötigen humanitären Beistand. Hunderte warten sehnlichst darauf, für eine medizinische Behandlung, aus dem Gazastreifen ausreisen zu dürfen, 28 sind deshalb schon gestorben.Anmerkung der Übersetzerin: Meiner Meinung nach ist diese Zahl viel höher. Und dies geschieht alles, obwohl der Militärsprecher behauptet, es gäbe keine Belagerung aber viel Hilfe. Aber wer kümmert sich schon darum? Und die Vorbereitungen für die Operation erinnern an eine besonders amüsante Farce: die fieberhafte Debatte im Septett der Minister; der Einsatz der Masada-Einheit, die Gefängnis-Kommandoeinheit, die sich auf den Überfall in Gefängniszellen spezialisiert: Marinekommandokämpfer mit Unterstützung von der Sonderpolizei-Antiterror-Einheit und die Oketz-Hundeeinheit der Armee; eine spezielle Hafteinrichtung wurde am Hafen Ashdod errichtet; und das Elektronik-Schild, das dafür bestimmt ist, dass keine drahtlosen Berichte während der Gefangennahme der Schiffe und der Verhaftung derer an Bord in die Medien gelangen können. Und all dies geschieht angesichts von wem? Von ein paar hundert internationalen Aktivisten, meistens Leute mit Gewissen, deren Ruf die israelische Propaganda zu beschmutzen versucht. Es sind meistens Leute, die sich um ihre Mitmenschen kümmern, was ihr Recht und ihre Verpflichtung ist, selbst wenn die Belagerung uns überhaupt nicht betrifft. Ja, diese Flotte ist tatsächlich eine politische Provokation - und was ist ein Protest, wenn nicht eine politische Provokation? Und ihnen auf dem Meer zu begegnen ist wie einem israelischen Schiff von Idioten zu begegnen, das nicht weiß, wo und warum es unterwegs ist. Warum Leute verhaften? Warum eine Belagerung? Nun, so ist es. Es ist wie die Chomsky-Affäre - eben noch einmal, aber diesmal eine wirklich tolle Sache. Natürlich wird die Flotte keinen Frieden bringen, und es wird ihr nicht gelingen, die Küste des Gazastreifens zu erreichen. Der Aktionsplan schließt ein Abschleppen der Schiffe in den Ashdod-Hafen mit ein - und wird uns so noch einmal an die Küsten der Blödheit und der Missetaten bringen. Noch einmal werden wir nicht nur als die dargestellt, die Hilfe blockieren, sondern auch als Idioten, die alles tun, um das eigene Ansehen zu untergraben. Wenn dies eines der Ziele der Organisatoren der Friedensflotte gewesen ist, dann haben sie dieses großartig erreicht. Vor fünf Jahren bemerkte der peruanische Schriftsteller Mario Vargas Ljosa, der ein Jerusalempreisträger ist, nach seinem Besuch in Israel, die israelische Besatzung nähert sich einer grotesken Phase. Vargas Llosa, der sich als Freund Israels betrachtet, war übers Wochenende wieder hier und sah, dass diese Phase wieder neue Höhepunkte der Absurdität erreicht hat. Deutsche Übersetzung: Ellen Rohlfs.
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